Wendemöglichkeit offen gehalten

BITBURG. Die Hauptstadt des Großherzogtums Luxemburg ist 2007 zum wiederholten Male Kulturhauptstadt Europas. Auch Bitburg möchte sich mit Ausstellungen an diesem Projekt beteiligen - vorausgesetzt, es ist bezahlbar.

Mit der Kultur ist das so eine Sache. Es gibt Menschen, die ihr ganzes Leben danach ausrichten, andere erkennen Kultur nur dann, wenn sie ihnen erklärt wird, und für wieder andere ist Kultur so abstrakt wie beispielsweise ein aufgeräumter Schreibtisch oder ein Sonntag ohne Frühschoppen. Wenn es für Kultur irgendeine Größe geben soll, mit der man sie für alle begreifbar machen kann, dann muss es eine rationale sein, eine Ebene, auf der alle diskutieren können. Wie beispielsweise die Frage, wie viel so ein Stück Kultur denn maximal kosten darf. In der jüngsten Sitzung des Bitburger Stadtrats haben sich die Mitglieder auch mit Kultur befasst, genau genommen sogar mit dem Kern kulturellen Lebens. 2007 wird die Stadt Luxemburg zum wiederholten Mal für ein Jahr zur "Europäischen Kulturhauptstadt", und für die Großregion drum herum ist dies die Möglichkeit, sich vor internationalem Publikum kulturell zu präsentieren. Auch für Bitburg. In Zusammenarbeit mit dem luxemburgischen Grenzort Vianden und Eupen in Belgien plant die Kreisstadt Ausstellungen mit Werken internationaler Künstler. "Die Ausstellung will das Spektrum der Möglichkeiten und Grenzen direkter und indirekter Kooperation zwischen Kunst, Gesellschaft und Wirtschaft erkunden", heißt es in einer Beschlussvorlage, die dem Stadtrat vorliegt, und "dabei die Facetten der kulturellen, sozialen, ökonomischen und personengebundenen Mehrwertproduktion beleuchten, die innerhalb einer Region aus dem Spannungsbogen von regionaler Identität und Globalisierungseinflüssen hervorgehen." Durchaus anspruchsvolle Lektüre für eine Sitzung, die erst am frühen Abend beginnt. Konkret heißt das, dass international renommierte Künstler sich damit auseinander setzen wollen, wie sich die Region innerhalb der globalisierten Welt behauptet. Das Ergebnis soll dann an verschiedenen Orten in Bitburg wie Haus Beda, Brauerei oder Kreismuseum präsentiert werden. "Ein ganz spannendes Thema", findet Marie-Louise Niewodniczanska (FDP) und nennt eine Reihe von Kunstschaffenden, die bisher für das Projekt gewonnen wurden. "An Geld wird es dabei nicht fehlen", sagt sie, "wir werden Sponsoren bekommen"."Dann ist man besser direkt dagegen"

Womit die bereits erwähnte rationale Komponente ins Spiel kommt. Zwischen 485 000 und rund 550 000 Euro soll das deutsch-belgisch-luxemburgische Projekt insgesamt kosten. Ein Großteil davon soll über Zuschüsse finanziert werden, für die drei Städte bliebe dann noch ein Anteil von je 50 000 Euro. "Allerdings ist es schwierig vorauszusagen, wie 2007 letztendlich gefördert wird", sagt Joachim Kandels von der Bitburger Stadtverwaltung, der das Projekt betreut. Für den Stadtrat, der darüber entscheiden soll, ob sich Bitburg an dem Projekt "Grenzidentitäten" beteiligt, stellen sich deshalb eine Reihe von Fragen: Kann sich Bitburg so etwas überhaupt leisten? Wenn ja, wie teuer darf es werden? 50 000? Oder doch nur 20 000? Und überhaupt: Was passiert mit den Kunstwerken nach der dreimonatigen Ausstellung? Gehören die dann Bitburg? So wie die Skulpturen im Kreisverkehr? "Wenn wir unseren Beitrag immer weiter deckeln, schränken wir die Verwaltung so ein, dass es gar nicht mehr möglich ist, irgendeinen Vertrag zu unterschreiben", versucht Bürgermeister Joachim Streit die Kulturdiskussion zu beenden, bevor sie auch noch die rationale Ebene verlässt. "Dann ist man besser direkt dagegen." Einige sind es auch, als im Anschluss daran abgestimmt wird. Die Mehrheit ist jedoch dafür, dass Bitburg sich grundsätzlich bereit erklärt, daran teilzunehmen. Auch wenn Projekt und Preis derzeit noch etwas abstrakt sind. So ist das eben mit der Kultur.

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