Weniger ist nicht immer mehr

LEIDENBORN. (ako) Computer gestützte Nährstoffbilanzen stehen im Herbst für die Landwirte an. Schon jetzt beginnen die Vorbereitungen für den nächsten Jahreszyklus.

 Boden-Bilanz: Landwirt Hermann Schwalen zieht eine Probe, um den Nährstoffgehalt des Bodens zu bestimmen.Foto: Angelika Koch

Boden-Bilanz: Landwirt Hermann Schwalen zieht eine Probe, um den Nährstoffgehalt des Bodens zu bestimmen.Foto: Angelika Koch

Die vierte Maht ist im Silo, Mais und Futtergetreide sind geerntet, und Hermann Schwalen, den der TV ein Jahr lang bei seiner Arbeit auf dem Hof mit Milchvieh und Grünland begleitet, macht sich - bewaffnet mit Plastikeimer, Tüten und einer seltsam aussehenden Metallvorrichtung - hinaus auf die Felder. Diagonal durchmisst er die Parzellen und nimmt mehrere Bodenproben, die durchmischt, verpackt und mit einem Kontrollzettel versehen werden. Darauf ist verzeichnet, ob die Proben von Acker oder Grünland stammen, ob der Boden sandiger Lehm oder lehmiger Sand ist und andere Detailangaben mehr."Es geht darum, zu analysieren, welche Nährstoffe nach dem Ende der Wachstumsperiode noch im Boden sind", schildert Schwalen die Arbeit, die nach der Ernte ansteht. Es geht vor allem um Kalium, Phosphor, Magnesium und den pH-Wert des Bodens, ferner um Selen, Zink, Kupfer und Mangan. Auf Ackerland werden die Proben aus einer Tiefe von rund 20 Zentimetern entnommen, bei Grünland reichen flache zehn Zentimeter - immer dort, wo die Pflanzen wurzeln. "Generell muss in unserer Gegend Kalk hinzugefügt werden, denn die Böden sind von Natur aus relativ sauer. Das behindert die Nährstoffaufnahme, dagegen werden bei extrem niedrigem pH-Wert vermehrt Schwermetalle von den Pflanzen gespeichert." Weiden, auf denen Rinder gehalten werden, seien durch die tierische Verdauung mit Kalium bisweilen überversorgt. Jeder Landstrich ist anders, und die natürliche, nach Punkten bewertete Leistungsfähigkeit der Böden beschert der Eifel im Schnitt nur 30 bis 35 Einheiten, während die Bördelandschaften mit satten 100 Punkten strotzen. Doch eines ist gleich: Pflanzen brauchen Nährstoffe wie Stickstoff, um Eiweiß und Kohlehydrate produzieren zu können.Was sie für ihr Wachstum dem Boden entziehen, muss wieder hinzugefügt werden, egal ob auf nährstoffarmem oder -reichem Gelände. In der Regel geschehe das je nach Fruchtart und Bedarf zwei Mal im Jahr durch das Aufbringen von Gülle und ein Mal durch künstlichen Dünger, sagt Schwalen. Vom 15. November bis 15. Januar ist das Güllen generell verboten, ebenso auf Schnee und Eis. Bei Temperaturen von bis zu zwei Grad Celsius können Pflanzen noch Stickstoff verwerten. Hauptsächlich im Frühjahr wird die stark duftende Flüssigkeit auf die Felder gebracht. Wichtig: Regen muss sofort folgen, um die Nährstoffe in den Boden zu waschen. Künstlicher Dünger ist nach Schwalens Erfahrung genauso wertvoll wie rein ökologischer: "Die Pflanze braucht schlicht eine gewisse Menge an Stickstoff. Ist zu viel davon im Boden, ist der Nitrat belastet, egal ob bio oder nicht." Naturbelassener Kuhmist sei jedoch in der Nährstoff-Freisetzung schwerer kalkulierbar. Bei den hohen Preisen für Mineraldünger werde kein Landwirt leichtfertig mehr als notwendig der Natur nachhelfen.Nährstoffmangel führt zu Qualitätseinbußen

Computer gestützte Kontrollen der Bodenproben zeigen bei einer jährlichen und von staatlichen Stellen geprüften Hoftor-Bilanz, die den gesamten Nährstoffkreislauf dokumentiert, wie viel Nährstoffe zugefügt wurden. Schwalen: "Die optimalen Werte sind wissenschaftlich untermauert. Durch die Ausgewogenheit, die mit den modernen Methoden möglich ist, werden Böden durch die Bewirtschaftung nicht ausgelaugt und ärmer, sondern wertvoller."Die Gleichung, dass weniger Düngung immer mehr im ökologischen Sinne ist, stimme nicht: "Ein Nährstoffmangel führt zu Qualitätseinbußen wie vermehrtem Pilzbefall und ähnlichem." Vielfach sei es üblich, im Winter den Boden mit einer Zwischenfrucht wie Raps oder Ackersenf zu bestellen. Die durch Frost abgestorbenen und dann untergepflügten Pflanzen binden die Nährstoffe im Boden, der zudem lockerer sei, als wenn er brach liegen bleibe. In der Landwirtschaft gebe es einen ausbalancierten Kreislauf zwischen den Nährstoffen im Boden, in den Pflanzen und in den tierischen Erzeugnissen, die wiederum dem Boden zugute kommen.

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