Wenn das Wild in Feldern wühlt: Parteien nähern sich trotz hoher Schäden an

Bitburg · Meterhoch steht jetzt wieder der Mais auf den Eifeler Feldern. Die Landwirte schätzen die Pflanze als energiereiches Futter für Vieh und Biogasanlagen. Sie schmeckt allerdings auch dem Wild, das immer wieder Schäden verursacht. Inzwischen scheint man sich jedoch bei der Regelung angenähert zu haben.

 Wo steckt die Sau? Ein Jäger am Rand eines Maisfelds in der Eifel. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Wo steckt die Sau? Ein Jäger am Rand eines Maisfelds in der Eifel. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Bitburg. Räubert eine Sau im Mais, ist das schon ein großer Sch...aden: Was das Wild in den Feldern anrichtet, ist ärgerlich und teuer, da kommen schnell ein paar Tausend Euro zusammen. Zu zahlen hat sie dann meist der jeweilige Jagdpächter, dem ein solches Ereignis den Spaß an seiner Leidenschaft gehörig verteuern und verderben kann.
Auch in der Eifel wird immer mehr Mais angebaut, weil die Pflanze erstens seit dem Klimawandel und den daraus resultierenden höheren Temperaturen auch hier gedeiht und zweitens ein ertragreicher Energielieferant ist für das Vieh und die bislang 48 Biogasanlagen. "Der Mais", sagt Michael Horper, Vorsitzender des Kreisbauernverbands, "ist nicht mehr wegzudenken."
Anfangs, vor etwa zehn Jahren, sei das Anlass zu einem "großen Streit mit der Jägerschaft" gewesen, erinnert sich Horper. "Wenn Sie Pech haben und eine Horde Sauen war ein paar Wochen in Ihrem Maisbestand, dann sind von fünf Hektar vielleicht 1,5 oder zwei platt. Der Schaden geht dann schnell in die zwei-, drei- oder viertausend Euro."
Das Ergebnis: "Die Bauern hatten die Wildschäden und wollten sie bezahlt haben", sagt er. Die Jäger sahen sich zu Unrecht angeklagt und forderten angesichts der Kosten Pachterlässe - oder drohten, ihre Jagden gleich ganz aufzugeben.
"Das war schon fast ein Ritual", sagt Michael Horper. "Da wurde von beiden Seiten übers Ziel hinausgeschossen."
Und heute? Habe sich die Lage spürbar entspannt, sagt Horper. Wenn auch nicht überall. Probleme mit der Thematik gibt es vielerorts im Vulkaneifelkreis, wo ebenfalls inzwischen mehr und mehr Mais angebaut wird. Allerdings ist das nicht das einzige Problem: Es fällt nur eben deshalb so auf, weil der Maisanbau immer mehr zum Thema wird und, auch bei Naturschützern, in die Kritik geraten ist.
Dennoch: Im Eifelkreis scheint es eine Annäherung der beiden Parteien gegeben zu haben: Landwirte, die auf 100 oder 200 Hektar großen Flächen Mais für ihre Biogasanlagen anbauen, würden nicht immer gleich Alarm schlagen: "Wenn da mal drei Hektar fehlen, ist das immer noch im überschaubaren Rahmen. Die Bauern halten sich dann zurück. Bei einem Kuhbauern mit nur zehn Hektar sind aber oft gleich 20 oder 30 Prozent weg. Wenn der dann Ersatz beantragt, muss der Jäger einen Obolus zahlen."
Diese Entwicklung bestätigt auch Gerd Grebener. Der Geschäftsführer der Rinder-Union West und der Kreisgruppe Bitburg-Prüm im Landesjagdverband hat Verständnis für beide Seiten. Der Mais, sagt Grebener, sei eine hervorragende Pflanze. "Was man da für Energie rausholen kann, ist phänomenal. Das kann man keinem Bauern verübeln."
Das Verhältnis zwischen Landwirten und Jagdpächtern habe sich allerdings verbessert: "Ja - eindeutig." Und die Jäger seien sehr darauf bedacht, Schäden so gering wie möglich zu halten. Darüber hinaus gehe es aber auch nur miteinander: "Das Aufeinander-Hetzen bringt überhaupt nichts."
Noch nicht ganz einig ist man sich aber bei einer anderen Frage: Es sei sehr viel Wild in den Wäldern, sagt Horper. Das bestätigt Ansgar Dondelinger von der Pressestelle der Kreisverwaltung. Zwar gebe es keine genauen Zahlen, aber es seien aktuell "deutlich mehr Wildschweine vorhanden als in den vergangenen zehn Jahren".
Und nach Meinung vieler Bauern schießen die Jäger zu wenige von ihnen. Da sprechen laut Jägerschaft mehrere Dinge dagegen: Im Frühjahr der Raps, im Sommer der Mais - das sei "eine absolute Schlaraffenland-Phase" für die Wildschweine, erläutert Kurt-Alexander Michael, Präsident des Landesjagdverbands und auch Chef der Eifeler Kreisgruppe. Und wenn es den Muttertieren, den Bachen, gut gehe, dann steige auch die Population.
Die Bachen dürfen aber aus Tierschutzgründen in der Aufzuchtzeit nicht geschossen werden. Außerdem, sagt Gerd Grebener, sei es gar nicht so einfach, ein Wildschwein zu erlegen - die Tiere seien dafür viel zu schlau: "Jeder schießt gerne Schweine. Aber da musst du erst mal drankommen." Und zuletzt gebe es zwischen Jägern und Verpächtern Abschussvereinbarungen. "Einfach so entscheiden, das läuft schon lange nicht mehr."
"Die Jäger sind bemüht, viel zu schießen", sagt Präsident Kurt-Alexander Michael. Und bestätigt ebenfalls, dass das Verhältnis zu den Landwirten sich gebessert habe - auch wenn es gewiss auf beiden Seiten Uneinsichtige gebe. Aber der Großteil der Probleme werde vernünftig abgewickelt.
Extra

Abhilfe gegen die wachsenden Probleme mit Wildschäden auf den Maisfeldern sollen sogenannte Jagdschneisen schaffen, wie sie auch der Bauernverband empfiehlt. Diese Schneisen werden durch die Felder gezogen und ermöglichen einen leichteren Abschuss von Tieren, die sich aus den Stauden herausbewegen. Für den Bauern aber bedeutet das einen erheblichen Aufwand: Wenn er auf einem großen Feld eine solche Schneise anlegt und mit anderem Getreide bepflanzt, muss er diese Fläche exakt ausmessen, nach Brüssel melden und dafür separat Förderung beantragen. Tut er das nicht, geht ihm Geld verloren. Das Gleiche gilt für die Feldsäume, an denen viele Landwirte zum Beispiel Sonnenblumen pflanzen ("Blühstreifen"), die einen schöneren Anblick bieten als die bis zu drei Meter hohen Maisstauden und Insekten Lebensraum bieten. Der Aufwand für diese Ausmesserei, sagen die Bauern, stehe in keinem Verhältnis mehr zum Ertrag. fplExtra

Biogasanlagen und Maisanbau in der Region: Nach Angaben des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum in Bitburg gibt es in Rheinland-Pfalz - Stand 31. Dezember 2011 - 117 Biogasanlagen. Annähernd die Hälfte davon steht in der Eifel: im Eifelkreis Bitburg-Prüm derzeit 44, im Kreis Vulkaneifel sind es vier. Im Eifelkreis ist aktuell mehr als ein Viertel der gesamten Ackerfläche mit Mais belegt (9494 Hektar von insgesamt 36 600, vornehmlich Silomais), in der Vulkaneifel etwa 15 Prozent (1400 von 9300 Hektar). In der Region Trier wurde 2010 auf 16 200 Hektar Fläche Silomais angebaut - das sind mehr als die Hälfte aller Maisfelder in Rheinland-Pfalz. fpl

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