Wenn der Doktor über die Grenze kommt

Belgische und deutsche Rettungsdienste sollen in Zukunft bei Notfällen grenzüberschreitend helfen dürfen. Im Februar beginnt die Testphase: Damit wird ein Abkommen umgesetzt, das Vertreter beider Länder vor zwei Jahren unterzeichneten (der TV berichtete).

 Grenzüberschreitend helfen? Diese beiden sind bereit: Alain Genten (links) vom Rettungsdienst Büllingen-Bütgenbach-Amel und Jochen Haas, Leiter der Rettungswache Winterspelt. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Grenzüberschreitend helfen? Diese beiden sind bereit: Alain Genten (links) vom Rettungsdienst Büllingen-Bütgenbach-Amel und Jochen Haas, Leiter der Rettungswache Winterspelt. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Winterspelt/St. Vith. Mal eben schnell helfen, wenn jenseits der Grenze ein Notfall eintritt und dort kein Arzt oder Rettungshelfer verfügbar ist? Was vernünftig klingt, ließ sich bisher nicht einfach umsetzen: "Das ist allein schon juristisch eine schwierige Frage", sagt Wolfgang Rieder, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands Bitburg-Prüm.

Vor zwei Jahren bereits wurde das Abkommen über einen grenzüberschreitenden Rettungsdienst unterzeichnet: vom rheinland-pfälzischen Innenminister Karl Peter Bruch, der damaligen belgischen Sozial- und Gesundheitsministerin Laurette Onkelinx und vom stellvertretenden Ministerpräsidenten der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, Bernd Gentges.

Was dann folgte, waren viele Gespräche, in denen nicht nur rechtliche oder versicherungstechnische Fragen geklärt werden mussten. Denn die Systeme weisen einige Unterschiede auf: bei Ausbildung und Kompetenzen der Rettungsassistenten, der Ausstattung in den Fahrzeugen, auch die Funktechnik ist nicht kompatibel. Und dann ist da ja auch noch die Sprache: Nicht jeder Deutsche parliert Französisch, nicht alle Belgier können Deutsch.

Die Notärzte machen den Anfang



Kurz: "Es war eine Zangengeburt", sagt Rieder. Nun aber solle das Abkommen endlich "mit Leben gefüllt werden": Deshalb trafen sich belgische und deutsche Ärzte, Helfer und Funktionäre in der grenznahen Winterspelter Rettungswache, um einander kennenzulernen - und vor allem Handy-Nummern auszutauschen: Denn das mobile Telefon wird in den ersten Monaten der Weg sein, auf dem sie miteinander kommunizieren.

Den Anfang machen vom 1. Februar an die Notärzte: Sie dürfen als Erste offiziell über die Grenze fahren, um im Nachbarland zu helfen und mit den jeweiligen Rettungs-Teams zusammenzuarbeiten. "Um zu gucken, wie sich das entwickelt", sagt Jörg Zimmer, ärztlicher Leiter des Rettungsdienstsbereichs Trier. Die dabei zu erwartenden "Haken und Ösen" wolle man dann auf dem kleinen Dienstweg aus der Welt schaffen.

Wobei einige Dinge bereits geklärt sind: Jeder Arzt oder Rettungsassistent dürfe im Nachbarland genau das machen, wozu er auch in seinem Heimatland befähigt sei, sagt der leitende Prümer Notarzt Johannes Kaiser.

Der Unterschied: "Ein deutscher Rettungsassistent darf viel mehr machen als ein belgischer."

Andererseits gebe es vereinzelt in belgischen Rettungswagen auch Besatzungen, die höher qualifiziert seien als deutsches Personal, zum Beispiel spezialisierte Krankenschwestern.

Ein Fallbeispiel könnte so aussehen: Jenseits des Grenzübergangs Steinebrück ereignet sich ein Notfall. Die Rettung wird alarmiert, der Anruf landet in der Leitstelle Lüttich, wo übrigens in Zukunft immer auch ein deutschsprachiger Mitarbeiter sitzen soll. Ist dann im Raum St. Vith kein Arzt (oder, nach der Testphase, ein Rettungswagen) verfügbar, wird die Leitstelle Trier angerufen, und die deutschen Kollegen fahren los.

Umgekehrt funktioniert das selbstverständlich auch: "Sollte Prüm raus sein und auch Winterspelt, wird in Zukunft die Leitstelle Trier in St. Vith anrufen und sagen: Könnt ihr rausfahren?", sagt Rieder.

Und noch ein wichtiger Punkt sei ebenfalls geregelt, sagt Wolfgang Rieder: Rechnungen für Einsätze im Nachbarland werden nicht über die Grenze geschickt, die Kosten sind über die Budgets der Länder gedeckt - und dürften sich ohnehin auf lange Sicht ausgleichen.

Der Rest ist Erfahrungssache: "Das muss sich jetzt alles mal einspielen", sagt der Vorsitzende des DRK-Kreisverbands, Michael Billen. "Aber wir legen los." extraRettungsdienste in der Eifel und in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens (DG): Im Süden der DG existieren zwei Rettungswachen, in Büllingen und in St Vith. Dort befindet sich auch ein Notarztdienst, angesiedelt in der Klinik St. Josef. Im Norden der DG gibt es ebenfalls zwei Rettungswachen, in Eupen und Kelmis, in Eupen versieht außerdem ein Notarzt vom St.-Nikolaus-Hospital seinen Dienst. Auf deutscher Seite befinden sich die grenznächsten Rettungswachen in Winterspelt und seit vorigem Jahr auch in Echternacherbrück. Insgesamt gibt es im Eifelkreis Bitburg-Prüm acht Wachen, die anderen sechs sind in Arzfeld, Bitburg, Neuerburg, Prüm, Speicher und Badem (ebenfalls seit 2010). Der ärztliche Notdienst ist in den Krankenhäusern Bitburg und Prüm angesiedelt. EU-weit gilt die Notrufnummer 112. (fpl)

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