Wenn die Kasse zweimal klingelt
Wieder Ärger mit dem neuen Computerprogramm, das die Verbandsgemeinde (VG) Obere Kyll wegen der Umstellung auf die geänderte Haushaltsführung eingeführt hat: Offenbar hat das Programm die vierteljährlich fälligen kommunalen Gebühren bei einigen Bürgern doppelt eingezogen.
Jünkerath. Die Bürger an der Oberen Kyll sollten schnell ihre jüngste VG-Abbuchung überprüfen: Offensichtlich wurden bei einer Reihe von ihnen die Gemeindeabgaben doppelt eingezogen. Den Fehler vermutet man im neuen Computerprogramm für die Buchhaltung der VG-Kasse.
Spezialistengruppe soll Fehler auf die Spur kommen
"Keiner kann sich das erklären", sagt Bürgermeister Werner Arenz. "Wir werden morgen eine Spezialistengruppe des Software-Anbieters im Haus haben, um dem Fehler auf die Spur zu kommen." Eine Vermutung haben die VG-Verantwortlichen: Es könnte sich bei den zweifach Geschröpften vor allem um Bürger handeln, die der Kommunalkasse in letzter Zeit eine Einzugsermächtigung erteilt haben.
Ein Bürger hatte sich bei der Verwaltung gemeldet: Seine Gebühren waren doppelt eingezogen worden. "Es geht dabei um die dritte Jahresrate, die zum 15. August fällig ist", sagt Kämmerer Richard Bell. Diese Rate werde in zwei Abbuchungen vorgenommen, weil sie zwei Abgabe-Bescheide betreffe: "Erstens die Grundsteuern und gegebenenfalls Hundesteuer, zweitens Wassergeld, Schmutzwassergebühr und der wiederkehrende Beitrag für die Oberflächen-Entwässerung", erklärt Richard Bell.
Fazit: Wer statt dieser zwei korrekten Abbuchungen nun vier auf dem Kontoauszug findet, muss sich bei der VG melden. Bei Bürgern mit weiteren Immobilien erhöht sich entsprechend die Zahl der Fehlbuchungen. Arenz betont, dass die VG das Finanzprogramm nicht aus Jux und Dollerei eingeführt habe: "Das ist das System, das uns die Finanz-Spezialisten aller Fraktionen im VG-Rat empfohlen haben. Das wurde uns als der Mercedes unter den Buchführungsprogrammen beschrieben."
Die Obere Kyll ist die erste VG im Land, die mit diesem Programm arbeitet - oder es zumindest versucht: Der Hauptmangel liege darin, dass der Hersteller die rheinland-pfälzischen Eigenheiten mit Verbands- und Ortsgemeinden nicht auf die Reihe bekomme. Aus diesem Grund habe sich auch die Umstellung auf den doppischen Haushalt verzögert (der TV berichtete).
Außerdem, ergänzt Richard Bell, fehle eine Auswertungsfunktion, mit der man sehen könne, welche Bürger betroffen seien. "Grundsätzlich aber dürfte so ein Fehler gar nicht passieren, weil wir uns ja auf die EDV verlassen müssen."
Bürger bekommen Geld zurück
Bis Dienstag verzeichnete die VG bereits eine halbe Million Buchungen im laufenden Jahr. "Und die laufen alle über das Programm", sagt Bell.
"Das ist nicht nur ärgerlich", sagt Arenz, "allmählich nimmt das schon rechtlich bedenkliche Züge an. Jetzt setzen wir alles in Bewegung, damit die Bürger auch ihr Geld zurückbekommen."
Die ersten von ihnen haben es bereits wieder auf dem Konto. Extra Die bisherige kamerale Haushaltsführung (abgeleitet vom lateinischen "camera", meist als "fürstliche Schatztruhe" übersetzt) wird in den Kommunen von der Doppik abgelöst, das Wort steht für "Doppelte Buchführung in Konten". Ein kameraler Haushalt weist nur die fälligen Einnahmen und Ausgaben im jeweiligen Jahr nach. Was an Kosten oder Folgekosten auf die Kommune noch zukommt - zum Beispiel für Pensionen -, ist dort nicht verzeichnet, ebenso wenig wie Vermögensveränderungen oder die Werte kommunaler Immobilien und anderen Eigentums. Das doppische System hingegen ermöglicht mehr Klarheit über Wertbestände oder künftige Ausgaben. Außerdem werden im Haushaltsplan Zielvorgaben gemacht. (fpl)
