Wenn Förster zu Bibern werden
Neues Leben aus totem Holz: Das Forstamt Gmünd lässt gezielt Bäume sterben, damit sich dort Käfer und Vögel ansiedeln können. Andere Revier-Förster sehen darin eine sinnlose Vernichtung verwertbarer Bäume.
Gemünd. Dass die Biber an der Rur bei Heimbach heimisch sind, ist an den charakteristischen Nage-Spuren deutlich zu erkennen. Doch wer genau hinschaut, erkennt, dass nicht alle vermeintlichen Abnagungen von Bibern stammen: Es sind feine, akkurate Schnitte. Hier haben die Mitarbeiter des Nationalpark-Forstamtes in Gemünd aktiv die Bäume, ausschließlich Douglasien, "geringelt".
Durch die Ringelung werden sämtliche Lebensadern des Baumes etwa einen Meter über dem Boden durchtrennt. Der Baum stirbt langsam ab und fällt dann bei einem entsprechenden Windstoß um. Und genau das ist Ziel der Aktion: Die Bäume sollen als Totholz im Wald bleiben und so künftig einer Vielzahl von Käfern und Vögel einen Lebensraum bieten.
Einige Förster sind skeptisch
Doch längst nicht jeder Forstmann ist mit dieser Maßnahme des Nationalpark-Forstamtes einverstanden. "Man will sich in das, was dort gemacht wird, eigentlich nicht einmischen. Grundsätzlich ist gegen Ringel- und Totholz im Wald auch nichts einzuwenden", sagt etwa Forstdirektor Holger Hoffmann vom Arenbergischen Forstamt in Schleiden. Das Ringeln kenne er bei jungen Bäumen, wenn man eine andere Baumart favorisiere. Dies bei alten, hiebreifen Bäumen vorzunehmen, widerspricht der Philosophie des wirtschaftlich denkenden Forstmanns.
Hoffmann weiter: "Es steht genug Totholz im Wald, das durch Blitz oder Windwurf unbrauchbar geworden ist. Da muss man nicht zusätzlich hieb-reifes Holz entwerten." Hoffmann kritisiert weiter: "Der Nationalpark kostet sehr viel Geld, da wäre es sinnvoller, die Douglasien zu entnehmen und zu verkaufen. Auf der einen Seite verkauft das Land riesige Waldflächen - auch, um den Nationalpark zu finanzieren. Hier werden gesunde Bäume krank gemacht und auf einen wirtschaftlichen Ertrag verzichtet." Totholz bringe dem Wald biologische Vielfalt. Dennoch müsse man hiebreifes Holz nicht zu "Baumleichen" machen. "Weil früher deutlich mehr nach dem Waldwirtschaftsprinzip gearbeitet wurde, haben wir heute die gesunden Wälder", sagt Hoffmann. Und: "Es ist auch im Nationalpark keine Schande, Geld zu verdienen. Die brauchen jeden Euro. Also sollte man die Douglasie ernten und nicht absichtlich verrotten lassen."
Der Leiter des Nationalpark-Forstamtes, Henning Walter, gibt seinem Kollegen aus Schleiden aus wirtschaftlicher Sicht recht. Jedoch: "Bei uns im Nationalpark gilt nur der Naturschutzgedanke, die Wirtschaftlichkeit spielt eine untergeordnete Rolle." Aus forstwirtschaftlicher Sicht rät Walter gar zum Anbau der Douglasie, weil sie sich in der Eifel wohlfühle und guten Ertrag liefere. Hintergrund Die Douglasie ist als Baumart eingestuft, die vor allem den im Nationalpark wichtigen Erhalt der Eichenwälder gefährdet. So ist im Rahmen des Nationalparkplans 2006 als Leitlinie eines Schwerpunktprogramms festgeschrieben worden, dass die Douglasie in einem Zeitraum von etwa zehn Jahren aus den Nationalpark-Wäldern zu entnehmen ist.