"Wenn ich das sehe, könnte ich ausflippen!"

Bitburg-Stahl · Das Stahler Dorfgemeinschaftshaus ist nach Jahren des Planens und Umplanens inzwischen fast fertig umgebaut, kostet nun eher 900 000 Euro statt der angepeilten 700 000 Euro - und gefällt dem Ortsbeirat in einem Detail so wenig, dass er auf Abriss eines alten Nebengebäudes drängt. Der TV hat die Bürger des Stadtteils um ihre Meinung gebeten.

 Ein Anbau aus Betonfertigteilen ziert das denkmalgeschützte Dorfgemeinschaftshaus mit Schuppen (rechts im Bild) in Bitburg-Stahl. TV-Foto: Christian Moeris

Ein Anbau aus Betonfertigteilen ziert das denkmalgeschützte Dorfgemeinschaftshaus mit Schuppen (rechts im Bild) in Bitburg-Stahl. TV-Foto: Christian Moeris

Foto: (e_bit )

Bitburg-Stahl. Minustemperaturen und vereiste Gehwege sind eigentlich keine guten Voraussetzungen für eine Umfrage auf offener Straße. Doch selbst an diesem frostigen Vormittag sind in Bitburg-Stahl einige Einwohner wie Monika Hoss zu Fuß unterwegs. Für die 67-Jährige gibt es im Ort auch mittlerweile einen Punkt, an dem sich zumindest ihr Gemüt von ganz alleine erhitzt. "Jedes Mal, wenn ich diesen Betonklotz am Dorfgemeinschaftshaus sehe, könnte ich ausflippen und mich kaputt ärgern, weil er so scheußlich aussieht", sagt Hoss. "Ich bin ja dankbar, dass mich endlich mal jemand fragt und ich das mal aussprechen darf."
Sie verstehe nicht, weswegen man den Anbau nicht im gleichen Stil des Haupthauses gemauert und damit angeglichen habe. "Jetzt sieht es aus wie: Ich will, kann aber nicht!" Es habe einen Fall im Stadtteil gegeben, erinnert sich die Stahlerin, da habe eine Familie das Dach ihres eben fertiggestellten Hauses zurückbauen müssen, da es nach Ansicht der Behörden nicht "dorfgerecht" ausgesehen habe. "Aber wie kann dann dieser hässliche Betonklotz dorfgerecht sein", fragt Hoss.
Thema beschäftigt Stadtrat


Ein älterer Herr aus dem Ort, der seinen Namen - wie die weiteren Befragten auch - lieber für sich behalten möchte, meint, dass man nun unbedingt das kleinere Nebengebäude abreißen müsse. Denn der Anbau stehe zu dicht dran."Was macht man in dem Schluff? Pinkeln oder heimlich rauchen?" Außerdem, so sagt ein anderer Bewohner des Stadtteils, schaffe man so im Außenbereich Platz für Festlichkeiten.
Ähnlich sieht es auch der Ortsbeirat, der sich mittlerweile für einen Abriss des Nebengebäudes ausgesprochen hat (der TV berichtete): Doch der Bauausschuss hat sich, wie auch die Landesdenkmalpflege, die Kreisdenkmalpflege und die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion klar für einen Erhalt des Nebengebäudes entschieden. Eine letzte Chance für die Niederlegung, so sagt Ortsvorsteher Willi Heyen, gebe es trotzdem noch. Denn heute will sich der Bitburger Stadtrat mit dem Thema befassen. Mit einem Beschluss könnte er sich über die Empfehlung des Bauausschusses hinwegsetzen und eine Abrissgenehmigung beantragen. Ob diese von der Denkmalpflege genehmigt würde, bleibt fraglich. "Der Schuppen steht in der Denkmalschutzzone des Hauptgebäudes", erklärt Heyen.
Trotz der Bauchschmerzen, welche die Optik des Gebäudekomplexes bei dem ein oder anderen verursacht, gehen die Arbeiten im Hauptgebäude und dem Anbau derweil weiter. "Dabei hätte es auch gereicht, wie es vorher war", meint eine junge Stahlerin. "Ich verstehe gar nicht, warum man da überhaupt so viel Geld rein steckt. Eine Sanierung der Toiletten und der Küche hätte es getan."
Zur Kostenexplosion von 200 000 Euro, die der Um- und Anbau mit Gesamtkosten in Höhe von 900 000 Euro mehr kosten soll, sagt eine andere Einwohnerin: "So etwas klärt man im Vorfeld ab. Wenn ich als Privatmann baue, muss ich die Kosten ja auch zu Beginn realistisch kalkulieren. Aber wenn man dafür nicht haften muss, sondern der Steuerzahler, dann passiert so etwas."Extra

Neben der Diskussion um die Kostensteigerung, die Ästhetik des Anbaus und den Abriss des Nebengebäudes hat sich in Stahl noch eine Debatte um die sportliche Nutzung des Dorfgemeinschaftshauses entzündet. Denn die Tischtennisspieler des Stahler SC, welche im Dorfgemeinschaftshaus bislang ihre beiden Platten aufgebaut haben und dort trainierten, sehen nach TV-Informationen ihre sportliche Zukunft in Stahl gefährdet. Denn im Saal wird im Rahmen des Umbaus ein neuer Parkettboden verlegt, auf dem möglicherweise kein Tischtennis mehr gespielt werden darf. Wir haben Ortsvorsteher Willi Heyen gefragt, ob die Tischtennisspieler auf dem neuen Bodenbelag weiterhin trainieren dürfen? "Wir testen das", sagt Heyen. Der Parkettboden werde schließlich auch bei Veranstaltungen stark beansprucht und müsse ohnehin alle zehn Jahre neu versiegelt werden. cmo

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