Wenn Mama und Papa sich trennen

Trotz, Trauer, Aggressionen, Depressionen oder Schulversagen. Die Reaktionen von Kindern und Jugendlichen nach Scheidung oder Trennung ihrer Eltern sind vielfältig. Fakten, Analysen und Lösungsansätze stehen im Mittelpunkt des 58. Prümer Grundschulforums am Montag, 30. November, in Prüm. Referent ist Gunter Klosinski.

Prüm. Der renommierte Arzt und Wissenschaftler Gunter Klosinski ist ein subtiler Kenner der Trennungsproblematik und ihrer Auswirkungen auf die kindliche Psyche. Ausführlich wird er zur aktuellen Situation beim 58. Prümer Grundschulforum am Montag, 30. November, um 19.30 Uhr in der Aula der Bertrada-Grundschule Stellung nehmen. Im Gespräch mit unserem Mitarbeiter Elmar Kanz beantwortete der ärztliche Direktor der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter an der Universität Tübingen, einige Fragen als Vorinformation.

Bundesweit gibt es jährlich weit über 150 000 Scheidungs- und Trennungswaisen. Ist mit steigender Tendenz zu rechnen ?

Gunter Klosinski: Derzeit ist die Tendenz leicht ansteigend, dennoch aber besorgniserregend, weil wir es bereits mit einer relativ hohen Zahl betroffener Kinder und Jugendlicher zu tun haben. Viele Unabwägbarkeiten spielen mit. Weitere finanzielle Einschnitte infolge der momentanen Wirtschaftskrise könnten beispielsweise zu erheblichen Belastungen mit entsprechenden Folgen im partnerschaftlichen Zusammenleben führen.

Sind die Probleme bei Schul- und Kindergartenkindern die gleichen ?

Klosinski: Bedingt durch Altersunterschiede bei den Kindern verlagern sich die Probleme auf verschiedene Ebenen. Je jünger die Kinder sind, desto mehr reagieren sie psychosomatisch.

Steigt die Trennungsgefahr mit der Dauer der Beziehung oder der Anzahl der Kinder ?

Klosinski: Nicht unbedingt. Sofern es Probleme gibt, wenn die Zweisamkeit zur Dreisamkeit wird oder das zweite Kind kommt, hatten die Partner zumeist schon im Vorfeld Schwierigkeiten der verschiedensten Art. Enttäuschungen, Interessenskonflikte, auseinandergelebt, von der Realität eingeholt und vieles mehr.

Im Trennungsfall leiden Kinder vor allem unter dem Hin- und Hergerissensein zwischen Vater und Mutter. Mit allen bekannten negativen Folgen. Wie kann das Besuchsrecht praktiziert werden, ohne die Kinder über Gebühr psychisch zu belasten ?

Klosinski: Das erste Gebot wäre, dass sich beide Elternteile in ihrer gegenseitigen Bedeutung für das gemeinsame Kind anerkennen. Tatsächlich haben wir es oft mit dem wohl größten Trennungsproblem, dem sogenannten Besuchsrechtssyndrom, zu tun. Symptomatisch dafür ist die mehr oder weniger subjektive Verhaltens- und Betrachtungsweise aller Beteiligten. Die Kinder neigen zu Mogeleien und versuchen Vater und Mutter gegeneinander auszuspielen. Sie reagieren psychosomatisch, hyperaktiv oder anderweitig auffällig. Die Eltern fühlen sich grundsätzlich im Recht. Nach dem Motto "mein Kind lügt nicht" wird jeder Aussage unbesehen Glauben geschenkt. Dringend erforderlich wäre indes, sich mit dem Ex-Partner auszutauschen. Sofern das nicht möglich ist, wäre eine Person, die das Vertrauen aller genießt, etwa Tante oder Oma einzuschalten. Vielleicht auch das Jugendamt.

Beim Prümer Grundschulforum wird Professor Klosinski auch Fragen aus dem Publikum beantworten.

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