Wer nicht zahlt, fliegt trotzdem

BITBURG. Falsche Tatsachen und undurchsichtiges Geschäftsgebaren: Derzeit werben junge Leute in der Fußgängerzone für Mitgliedschaften bei einer fragwürdigen Luftrettungs-Vermittlungsfirma aus Meudt.

Sie sind flink mit dem Mundwerk, und ehe manch unbedachter Passant sich versieht, wird er in die verbale Mangel genommen."Hallo, haben Sie einen Augenblick Zeit?" heißt es dann von einem der Werber, die seit Montag in der Bitburger Fußgängerzone Mitgliedschaften und Rückholversicherungen bei einem Luftrettungs-Vermittlungsunternehmen anbieten. Dabei wirbt die Luftrettungsservice-Vermittlungs-GmbH (LRS) aus dem rheinland-pfälzischen Meudt mit einigen Tricks, die mehr als fragwürdig sind.Angebliche Zusammenarbeit

In einer Info-Mappe, die am Stand der Werber einsehbar ist, finden sich etliche Presse-Artikel über Flugeinsätze, an denen die LRS ­ laut Auskunft der Werber ­ angeblich beteiligt gewesen sein soll. In den Berichten findet sich jedoch nur der Name der Internationalen Flug-Ambulanz (IFA), einem anerkannten Luftrettungsunternehmen aus Bayern. Auf Nachfrage am LRS-Stand wird die IFA als Tochtergesellschaft der LRS bezeichnet, deshalb sei das Logo der Bayern auf den angeblichen LRS-Rettungshubschraubern zu sehen. Die Notdienstzentrale der LRS, die in München sitzt, gibt wiederum die Auskunft, dass lediglich eine Zusammenarbeit mit der IFA bestehe.Doch bei der IFA in Röttenbach weiß man nichts von einer Kooperation mit der LRS, geschweige denn von rechtlicher Zusammengehörigkeit. "Wir wissen, dass es dieses Unternehmen gibt. Aber wir haben in keiner Weise etwas mit der LRS zu tun", erklärt IFA-Verkaufsleiter Bernd Pahlke auf TV -Anfrage. Das Werben mit IFA-Presseberichten sei nicht erlaubt. Eigene Flugzeuge und Hubschrauber hätte das Meudter Unternehmen auch nicht, meint Pahlke. "Wir werden den Fall prüfen und erwägen, rechtliche Schritte gegen die LRS einzuleiten", erklärt der IFA-Mann.Nächste Unstimmigkeit: Bei der LRS-Mitgliederbetreuung, die in Oberhausen (Nordrhein-Westfalen) sitzt, ist zu erfahren, dass die Firma weder eine Tochtergesellschaft noch eigene Transportmittel hätte. Partner sei der Verein "Deutsche Luftrettung". Das ist offenbar nicht schwierig: Hat er doch dieselbe Telefonnummer wie die Mitgliederbetreuung der Luftrettungsservice-GmbH.Mit wem die LRS bei der Luftrettung sonst zusammenarbeitet, ist allerdings bei einer Mitarbeiterin von der Mitgliederbetreuung auch nicht zu erfahren. "Wohl auch mal mit dem ADAC", sagt sie, aber Genaues wisse sie auch nicht. Da müsse man sich an die Geschäftsführerin Hedvika Schautzer in Meudt wenden. Auf mehrfache TV -Nachfrage dort ist Frau Schautzer aber nicht erreichbar, "außerdem macht das jetzt die Frau Klenk", bekommt der Anrufer zu hören. Aber Frau Klenk sei auch nicht zu sprechen. "Schließlich ist eine Geschäftsführerin ja nicht immer erreichbar." Mit welchen Flugrettungsunternehmen die LRS nun zusammenarbeitet, kann die Dame am Telefon leider nicht beantworten.Auf jeden Fall ist es auch nicht der ADAC-Luftrettungsdienst, wie dessen Münchner Pressesprecherin Katrin Müllenbach versichert: "Dieses Unternehmen ist uns nicht bekannt."Schon in Niedersachsen negativ aufgefallen

Schon Ende vergangenen Jahres ist die LRS negativ aufgefallen, als sie im Raum Hannover für Mitgliedschaften warb und den Rettungshubschrauber "Christoph 44" in die Gespräche mit einbezog. Dieser in Göttingen stationierte Hubschrauber gehörte allerdings der Deutschen Rettungsflugwacht (DRF), einem lizenzierten Luftrettungsverein. Und der hat überhaupt nichts mit der LRS zu tun, wie in einer Pressemitteilung vom Oktober 2002 erklärt wird.Und noch etwas Dubioses: Am Werbestand in Bitburg ist zu hören, dass die Krankenkassen die Kosten für Rettungsflüge nicht mehr übernehmen, "wegen Einsparungen und so". Richtig ist aber, dass die Kassen nicht mehr sämtliche Kosten tragen. Doch das betrifft nur die Kosten, die den Luftrettungsunternehmen entstehen, für die Patienten hat es keine Auswirkungen. Wer in Deutschland auf einen Rettungseinsatz aus der Luft angewiesen ist, ist über seine Krankenversicherung sowieso abgesichert. "Dafür braucht man keine dubiose Mitgliedschaft", sagt Carmen Gahmig von der Landesverbraucherzentrale in Mainz. Und wer im Ausland unterwegs ist, sollte eine Auslandskrankenversicherung abschließen, bei der eine Rückholung im Notfall inklusive ist.Wer bereits einen Vertrag mit der dubiosen LRS abgeschlossen hat und es wieder rückgängig machen möchte, kann dies innerhalb von 14 Tagen tun. "Auch wenn Werber manchmal behaupten, dass das nicht möglich ist ­ 14 Tage Zeit hat man immer", sagt Carmen Gahmig. Wer bei Vertragsabschluss gar nicht oder fehlerhaft über das Widerrufsrecht aufgeklärt worden sei, habe sogar ein unbegrenztes Recht auf Widerruf, erklärt die Verbraucherschützerin.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort