Westliche Altstadt in Bitburg: Anwohner müssen Ausgleich zahlen

Bitburg · Rund vier Millionen Euro wurden im ehemaligen Sanierungsgebiet Westliche Altstadt im Laufe von zehn Jahren investiert. Das hat nach Analyse offizieller Gutachter dazu geführt, dass Grundstücke im Umfeld solcher Sanierungsprojekte an Wert gewonnen haben. Dafür müssen Grundstückseigentümer nun einen Ausgleich zahlen - ob sie es wollen und verstehen oder auch nicht.

Bitburg. Als einer der beiden Gutachter ein weiteres Mal erklärt, dass durch die Renovierungsprojekte die Grundstücke nun wesentlich mehr wert sind als vor der Sanierung, platzt einer Anwohnerin aus dem oberen Bereich der Hauptstraße der Kragen. Davon merke man aber nichts, wenn man versuche, dort ein Ladenlokal zu vermieten, sagt sie laut, bevor sie wütend den Sitzungssaal des Rathauses verlässt und die Tür zuknallt. Die Gutachter blicken ihr leicht irritiert hinterher. Genau wie Bauamtsleiter Berthold Steffes.

"Wir denken eigentlich, dass wir mit unseren Sanierungsgebieten der Stadt etwas Gutes tun. Wir haben dadurch die Möglichkeit, private Maßnahmen zu fördern", sagt Steffes. Aber wenn die Mehrheit der Bevölkerung der Auffassung sei, man brauche keine Sanierungsgebiete, dann müsse man das eben in den Gremien so beschließen.
Ob das tatsächlich die Meinung der Mehrheit ist, lässt sich schwer sagen. Denn bei der Infoveranstaltung im Rathaus ist gerade mal ein gutes Dutzend Bürger. Das, was sie zu hören bekommen, betrifft die einen mehr, andere weniger. Es geht um Ausgleichsbeiträge, die Anwohner im ehemaligen Sanierungsgebiet Westliche Altstadt zahlen müssen (siehe Extra).
In diesem Sanierungsgebiet, das den Stadtkernbereich westlich der Hauptstraße umfasst, 2002 festgelegt und 2012 aufgehoben wurde, weil es nun Teil des Programms Aktive Innenstadt ist, haben sich die Bodenrichtwerte gemäß Untersuchung eines öffentlichen Gutachterausschusses unterschiedlich entwickelt.Anwohnerin verärgert

Für die meisten Anwohner ändert sich nichts. Denn im Gegensatz zum vorherigen Sanierungsgebiet Östliche Altstadt hält sich die Sanierung im Westen in Grenzen. Zwar wurden dort rund vier Millionen Euro in 30 Objekte investiert. Doch bis auf wenige Ausnahmen ist es dadurch nach Prüfung der Gutachter nur in wenigen Fällen zu einer Erhöhung der Bodenrichtwerte gekommen.

Es gibt Bereiche, in denen es nennenswerte Aufwertungen gab. Dazu zählt die Ecke Hauptstraße/Karenweg, wo der Bodenrichtwert von 499 auf 504 Euro und damit um fünf Euro pro Quadratmeter gestiegen ist. Oder der Bereich im Umfeld zwischen Schakengasse, Murengasse und Parkplatz Grüner See, wo unter anderem durch den Abriss der ehemaligen Lackiererei Schlexer der Quadratmeter nun zwei Euro mehr wert ist. Und nicht zuletzt der Abschnitt der Hauptstraße von Höhe Liebfrauenkirche bis etwas oberhalb der Josef-Niederprüm-Straße.
Dort werden die (westlichen) Anlieger im unteren Bereich bis Höhe Schakengasse mit fünf Euro und weiter oben mit drei Euro pro Quadratmeter zur Kasse gebeten. Und dort liegt auch das Wohn- und Geschäftsgebäude der verärgerten Anwohnerin. Sie habe kein Problem mit der Erhöhung der Bodenrichtwerte an sich, sagt sie wenige Minuten vor ihrem Abgang. Was sie allerdings maßlos ärgere, sei die Ungleichbehandlung. Schließlich müssten die Eigentümer im Bereich zwischen Schliezgasse und Poststraße gar nichts zahlen. Und das, obwohl es auch dort Sanierungen gegeben habe.

In der Tat wurde auch dort in den vergangenen Jahren renoviert. Vor allem beim Modehaus Messerich. Der Knackpunkt ist allerdings, dass das Modehaus nicht mehr zum ehemaligen Sanierungsgebiet Westliche Altstadt gehört. Denn die Grenze verläuft gewissermaßen in der Mitte der Fußgängerzone. Und deswegen werden auch nur Veränderungen berücksichtigt, die westlich dieser Grenze zu einer Erhöhung der Bodenrichtwerte geführt haben. Im Fall der Hauptstraße spielt es also keine Rolle, was auf der östlichen Seite passiert ist. Selbst wenn auf der gegenüberliegenden Seite zwischenzeitlich der Eiffelturm errichtet worden wäre, so hätte das keinen Einfluss.Meinung

Luft nach obenWenn Privatleute Geld in die Hand nehmen, um ihre Häuser in Schuss zu halten, profitieren davon auch die Nachbarn, deren direktes Umfeld schöner wird - und deren Häuser deshalb an Wert gewinnen. Ausgleichsbeiträge, wie sie nun in der Westlichen Altstadt fällig werden, stoßen aber auf deutlich höhere Akzeptanz, wenn jenseits der Initiative privater Bauherren sich auch die Stadt selbst, beispielsweise mit der Gestaltung von Plätzen in dem Sanierungsgebiet, engagiert hat - wie in der Östlichen Altstadt. Im Westen ist da noch Luft nach oben. d.schommer@volksfreund.deExtra

Laut Paragraf 154 des Baugesetzbuches müssen Grundstückseigentümer in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet einen Ausgleichsbeitrag an die Gemeinde zahlen. Dieser Ausgleichsbeitrag entspricht der Erhöhung des Bodenwerts. Das heißt: Ein Gutachterausschuss prüft, ob sich der Bodenwert allein durch die Sanierungsmaßnahmen im Umfeld des Grundstücks erhöht hat. Und falls ja, so müssen die Anlieger diesen Ausgleich zahlen - quasi als Gegenleistung dafür, dass die privaten Sanierungsprojekte mit öffentlichen Geldern gefördert wurden. uhe

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