Schicksale Auf einmal hat alles einen Sinn

Prüm/Monschau · Für einen jungen Migranten endet eine Odyssee zunächst in Monschau. Doch dessen wahre Reise hat erst begonnen – dank der Unterstützung des Vereins Eifel hilft. Der lädt übrigens demnächst in Prüm zum Konzert mit „Kasalla“.

 Über Nacht ein neuer Mensch: Nouredinne Edoummi floh als Kind aus Marokko, in Monschau half ihm Hermann Mertens, seine wahren Eltern ausfindig zu machen. Der Verein „Eifel hilft“ will ihn beim Neuanfang in seiner Heimat unterstützen (von links Nouredinne Edoummi, Hubert vom Venn, Tobias Schmitz, Hermann Mertens.

Über Nacht ein neuer Mensch: Nouredinne Edoummi floh als Kind aus Marokko, in Monschau half ihm Hermann Mertens, seine wahren Eltern ausfindig zu machen. Der Verein „Eifel hilft“ will ihn beim Neuanfang in seiner Heimat unterstützen (von links Nouredinne Edoummi, Hubert vom Venn, Tobias Schmitz, Hermann Mertens.

Foto: Vladi Nowakowski

Es ist eine filmreife Geschichte mitsamt Happy End, die der 26jährige Marokkaner in Monschau erzählt. Doch sie hat ihre tiefdunklen Seiten. Erst seit wenigen Wochen weiß der junge Mann, der bisher den Namen Osama Laod trug, dass er in Wahrheit Noureddine Edoummi heißt, vier Geschwister hat – und dass er im Alter von 16 Monaten entführt worden war. Der TV hatte vor einigen Wochen darüber berichtet. Jetzt steuert die Geschichte auf einen glücklichen Ausgang zu.

Nach der Entführung aber ertrug der Junge 13 schreckliche Jahre lang die Demütigungen und Schläge seiner angeblichen Eltern, durfte die Schule nicht besuchen und bekam kaum etwas zu essen. Bis er eines Nachts dem Rat eines Nachbarn folgte und fortlief.

„Der Mann muss von meiner Entführung gewusst haben und konnte sich vielleicht nicht mehr mit ansehen, wie schlecht ich behandelt wurde“, sagt Noureddine Edoummi heute. An der improvisierten Pressekonferenz am Küchentisch nimmt auch Hermann Mertens teil, als Stellvertreter der Monschauer Bürgermeisterin auch für Flüchtlingsfragen zuständig und überdies Vorsitzender des Vereins „Eifel hilft“.

„Der Junge hielt sich jahrelang illegal in Europa auf und hat mir die traurige Geschichte seiner Kindheit als Erklärung dafür präsentiert, warum er zu Hause abgehauen ist und keinerlei Ausweispapiere hat.“ Nun seien ihm zwar oft haarsträubende Ausreden für fehlende Dokumente unter die Nase gerieben worden, sagt Mertens. „Doch diese Geschichte war einfach zu detailreich und einzigartig.“

Mertens sprach Wochen später erneut mit dem jungen Flüchtling und hakte nach. „Alle Details, die Noureddine, den wir ja noch als Osama kannten, vor geraumer Zeit genannt hatte, wiederholte er eins zu eins. Da fing mir an zu dämmern, dass er die Wahrheit sagt.“

Über die erfolgreiche Suche nach den leiblichen Eltern durch einen Vertrauensanwalt der Bundesrepublik Deutschland in Marokko hatte der TV bereits berichtet. Zwei Stunden lang erzählt der heute 26-jährige in seiner Unterkunft von der jahrelangen Odyssee, die ihn über Spanien und Frankreich schließlich nach Deutschland führte.

Er lässt auch die für ihn offensichtlich unangenehmen Stellen seiner Geschichte nicht aus. „Ich habe mich von Müll ernährt, es waren auch Drogen im Spiel“, sagt Noureddine. „Ich schäme mich dafür.“ Irgendetwas habe ihn immer weiter getrieben, ein unbestimmtes Gefühl, falsch am Platz zu sein, fügt er hinzu. „Jetzt, wo ich weiß, was mir zugestoßen ist, ergibt das alles einen Sinn.“

Noureddine, der inzwischen eine Kopie seiner Geburtsurkunde erhalten hat und damit zum ersten Mal in seinem Leben ein Dokument in seiner Hand hält, das seine irdische Existenz bescheinigt, zeigt in der Unterkunft Fotos seiner wirklichen Eltern, die in der Nähe von Casablanca leben: „Ich habe bisher nur mit ihnen telefoniert“, erzählt er. „Als ich die Stimme meiner Mutter hörte, habe ich sie sofort erkannt. Es war ein unbeschreibliches Gefühl.“

„Noureddine ist als Asylbewerber nicht anerkannt. Sobald er seinen marokkanischen Pass erhält, muss er Deutschland verlassen. Und das will er auch“, sagt Hermann Mertens. „Und da haben wir das nächste Problem: das Königreich Marokko verlangt den Nachweis, dass er ein Staatsbürger ist. Doch das Problem lässt sich lösen.“

Und hier kommt der vor drei Jahren in Prüm gegründete Verein „Eifel hilft“ ins Spiel. Denn um einen DNA-Test vorzunehmen, der beweist, dass Noureddine der Mann ist, der als Kleinkind im Alter von 16 Monaten seinen leiblichen Eltern entrissen wurde, müssen Vater, Mutter und ein Bruder nach Monschau reisen. „Eifel hilft“ sammelt fleißig Spenden – einerseits, um den Eltern die Anreise zu ermöglichen, andererseits, um Noureddines Neuanfang in Marokko zu unter-stützen.

„Die Eltern haben fast 25 Jahre nach ihrem Sohn gesucht und dabei alles aufgewendet, was sie hatten. Die sind völlig verarmt und können ihrem Sohn nicht helfen“, sagt Hubert vom Venn, der zweite Vorsitzende von „Eifel hilft“. Der junge Mann freut sich darauf, seine Eltern kennenzulernen und auf sein neues, zweites Leben in seiner Heimat, „obwohl mir Marokko in den 13 Jahren meiner Abwesenheit fremd geworden ist“, gibt er zu.

Am Ende der Pressekonferenz gibt es dann aber noch weitere, erfreuliche Neuigkeiten – und zwar zum diesjährigen Benefizkonzert von „Eifel hilft“: Am Donnerstag, 20. September, rockt die kölsche Combo „Kasalla“ die Karolingerhalle in Prüm.

„Wir glauben, dass wir erneut ein ausverkauftes Konzert erleben werden“, sagt Tobias Schmitz, Musiker aus Prüm und „Eifel hilft“-Geschäftsführer.

Damit das auch klappt mit dem vollen Haus: Die Eintrittskarten sind ab sofort in den Fillialen der Volksbank Eifel in Prüm, Bitburg und Gerolstein erhältlich. Mehr zum Benefizkonzert in Kürze.

Karten zum Benefizkonzert kosten im Vorverkauf 19 Euro, an der Abendkasse 23 Euro.

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