"Wildbetreuer" mit Leib und Seele

Seit der Knut-Welle haben viele Kinder den Berufswunsch Tierpfleger. Den ganzen Tag von Tieren und der Natur umgeben zu sein, mit den Vierbeinern zu spielen und sie gesund zu halten, scheint für viele Kinder ein Traum zu sein. Der TV hat den Tierpfleger Oliver Hettinger im Eifelpark besucht.

Gondorf. Es ist kurz vor acht Uhr morgens. Es ist schwül und nass. Ein Traktor fährt durch den noch leeren Eifelpark. Müde Tiere schauen herauf aus ihrem Schlaf. Sie kennen das Geräusch, werden davon wach und wissen: Jetzt ist Fütterungszeit.

Seit fünf Jahren kümmert Oliver Hettinger sich um die Tiere des Eifelparks. Er selbst sagt aber: "Ich bin kein Tierpfleger. Ich bin Wildbetreuer." Er ist ausgebildeter Zimmermann, durch einen Arbeitsunfall musste er diesen Beruf jedoch aufgeben. Die Liebe zu Tieren zog ihn in den Eifelpark. Er kümmert sich nicht nur um die Tiere. Morgens fährt er mähen, ein paar Mal die Woche kontrolliert er alle Zäune; im Winter schneidet er Holz. "Man kann nicht hierhin kommen und keine Ahnung haben. Ich hab mich oft weitergebildet." Tatsächlich musste er einen Jagdschein, einen Betäubungsschein und andere Fortbildungen abschließen, bevor er sich im Eifelpark bewerben konnte. Seine erste Station ist wie jeden Morgen das Rotwildgehege. Obwohl sie ihren Pfleger sehr gut kennen und ihm vertrauen, kommen sie heute nur vorsichtig, weil er Gäste dabei hat. Nach der Fütterung bleibt er immer noch zehn Minuten vorm Gehege stehen. Dies tut er bei jeder Tierart, er beobachtet und erkennt so Verletzungen der Tiere.

Der Park ist mehr als 75 Hektar groß. Etwa 150 Tiere leben dort. An den Besuchern stören sie sich nicht - sie sind an den Lärm gewöhnt. "Sie wissen, dass die Besucher ihnen nichts tun, sie werden von ihnen nur gefüttert." Dennoch sollen Besucher auf die Körpersprache der Tiere achten und sie wenn nötig in Ruhe lassen. Um Kindern den Respekt vor der Natur beizubringen, bietet Hettinger auch Führungen für Kindergarten- und Grundschulklassen an.

Dann fährt der Traktor weiter durch einen dunklen Wald - das Gebiet des weißen und schwarzen Damwildes. Es riecht nach Tierfutter und Wild. Weiter geht es zu den Wildschweinen. Zwei von ihnen hat Hettinger mit der Flasche aufgezogen. Anna kommt auch gleich mit einem freudigen Grunzen an den Zaun gelaufen und lässt sich von ihrem Pfleger streicheln: "Ich rede auch mit ihnen, an der Stimme merken sie, wie ich mich fühle." Nach diesem vertrautem Ritual wirft er Gras ins Gehege. Es riecht frisch gemäht, und der Wind lässt vereinzelte Halme ins Gesicht fliegen. Die vier jungen Schweine fiepsen, die großen schnuffeln im Gras.

Als nächstes fährt Oliver Hettinger an eine große Scheune. Es wirkt alles wie ein großer Bauernhof, nur mit außergewöhnlichen Tieren. Hier wird der Traktor mit neuem Futter beladen: Dieses Mal ist es Fleisch, überwiegend für die Luchse. Doch bevor es zur Raubtierfütterung kommt, mach Hettinger einen Zwischenstopp bei den Ziegen. Die bekommen nur Heu. Schräg gegenüber leben die Vögel. Für diese ist er nicht zuständig, jedoch muss er hier kurz einen kleinen Happen für die Wölfe abholen. Die werden eigentlich erst am Nachmittag gefüttert. Doch heute ist eine Ausnahme, und sie kriegen ein paar Küken für zwischendurch. "Die Wölfe sind ungefährlich, solange man sie in Ruhe lässt", sagt Hettinger. Er hat keine Angst. Es weht ein leichter Wind, als die Fahrt zu den Luchsen weitergeht. "Es sind noch junge Tiere", erzählt Hettinger, der den Wildtieren nur bedingt traut: "Man dreht dem Tier nie den Rücken zu, das könnte gefährlich werden."

Die Bären befinden sich ganz in der Nähe. Auch sie scheinen sich zu freuen und bitten ihren Pfleger, indem sie Männchen machen, um mehr. Anders ist es bei den Mufflons und Steinböcken. Die sind so scheu, dass sie erst fressen kommen, wenn der Traktor wieder außer Reichweite ist.

Langsam wird es wärmer, der Park füllt sich. Die Rehe sind Hettingers letzte Station. Auch sie kommen nur sehr zögerlich näher. Der Tierpfleger hält einem Reh ein Brötchen hin, schaut aber weg: "Man muss so tun, als wolle man nichts mit ihnen zu tun haben." Nachdem auch die Rehe satt sind, ist er mit dem Füttern fertig.

Hettinger liebt seinen Beruf. Ein Beruf der auch seine Schattenseiten hat, zum Beispiel wenn ein Tier stirbt. Seine Liebe zu Tieren wird im Umgang mit diesen sehr deutlich. Hettinger hat seine Berufung gefunden. Doch so schön der Beruf auch sein mag - er ist sehr anstrengend: "Es ist ein 24-Stunden-Job. Es kann auch vorkommen, dass ich mitten in der Nacht angerufen werde, weil ein Baum in den Zaun gefallen ist." Man muss vielfältig begabt sein, Tiere lieben und flexibel sein. Kriterien, die nicht jeder erfüllen kann. Oliver Hettinger erfüllt sie.

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