Winziger Plagegeist macht Bäume krank

Neuerburg · Dreckiges Braun statt saftiges Grün - so sehen die Baumwipfel der Buchen im Neuerburger Forst derzeit aus. Einige Waldspaziergänger glauben, Anzeichen des Waldsterbens entdeckt zu haben. Stimmt nicht, sagt Forstamtsleiter Olaf Böhmer. Durch den milden Winter habe sich ein Käfer massenhaft vermehrt, der fresse an den Blättern. Der TV hat nachgefragt, wie sich das Insekt auf den Wald in der Region auswirkt.

Neuerburg. "Beide, Larve und der Käfer selbst, machen Ärger", sagt Olaf Böhmer, Leiter des Forstamts Neuerburg kopfschüttelnd. Er spricht von einem winzig kleinen Insekt namens Buchen-springrüssler. Der wird nur bis zu 2,5 Millimeter groß, hat sich aber in rauhen Massen über die Buchen im Forst des gesamten Eifelkreises hergemacht. Ähnlich wie in Neuerburg sieht es in Luxemburg aus.
Dort ist der Wald "in weiteren Teilen erheblich befallen", heißt es vom Ministerium für Entwicklung und Infrastruktur. Auch in Prüm gebe es einen Befall. "Bei uns sieht der Wald aber noch gut aus. Wir haben auch vorrangig Fichtenwald", sagt Johann Pinn, Büroleiter des Forstamts Prüm. In Daun und Gerolstein sind die Folgen des gefräßigen Rüsslers ebenfalls sichtbar. Allerdings nicht übermäßig, bestätigen die Forstamtsleiter Karl-Ludwig Pentzlin aus Daun und Wolfgang Witzel aus Gerolstein. Die braunen Stellen an den Blättern führe man dort eher auf die Frostnächte im Mai zurück.
"Wir haben einige Anrufe von Waldspaziergängern bekommen, die Angst haben, dass der Wald stirbt", sagt Böhmer. Er lobt die Aufmerksamkeit der Naturliebhaber. Tatsächlich sehen die Buchen, das ist die im Eifelkreis dominierende heimische Laub-baumart, krank aus. Blickt man von weitem auf das Panorama der Baumwipfel über Neuerburg, sehen große Teile schmutzig braun aus. "Dabei müssten sie jetzt saftig grün sein", merkt Böhmer an. Bei näherer Betrachtung sind die Blätter durchlöchert wie ein Sieb, die Spitzen sind vertrocknet und braun. "Kein schöner Anblick", sagt Böhmer. Unternehmen könne man gegen die Käfer jedoch nichts.Buche prägt Waldbild


Bei 50 Prozent Nadel- und 50 Prozent Laubwald machen die Buchen mehr als die Hälfte der Laubbäume aus. Die Buche prägt das Waldbild um Neuerburg. Doch Böhmer gibt Entwarnung. "Von Waldsterben kann nicht die Rede sein. Allerdings schwächt der massenhafte Käferbefall die Baumriesen, die bis zu 600 Jahre alt und 30 Meter hoch werden können. Die Folge: Die Bäume sind anfälliger für andere Parasiten und Pilze. Dazu wachsen sie nicht ausreichend. "Wenn unser Immunsysterm nicht richtig funktioniert, fehlt uns auch die Abwehr und die Energie", erklärt Böhmer. Die Käfer, die nur Buchenblätter in rauhen Mengen naschen und nicht auf anderen Bäume überspringen, sind schlau. Sie fressen die Blätter nicht komplett ab, sondern lassen sozusagen ein Gerippe stehen. Damit könne der Baum sich wieder regernerieren. Schließlich will sich die kommende Käfergeneration auch satt fressen.Keine Gefahr für den Wald


Aber wie kommen die Käfer eigentlich auf die Buchen? "Die braunschwarzen Insekten haben im Boden oder unter der Rinde der Bäume überwintert", weiß Böhmer. Wenn die Buchen im Mai frisch austreiben, zerfressen die Käfer die jungen zarten Blätter und auch die Fruchtknoten, aus denen später die Bucheckern entstehen sollen. Die Weibchen legen ihre Eier in die Mitte der Blätter. Bevor die neue Käfergeneration schlüpft, sterben die Tiere des Vorjahres. Die Larven fressen sich dann bis zur Blattspitze durch. Wenn sie satt sind, verpuppen sie sich und werden dann zu Käfern. Und die fressen sich dann bis zum Herbst satt an den saftigen Blättern, Stielen und Fruchtansätzen, bevor der Kreislauf wieder von vorn beginnt.
Kaum zu glauben, dass diese winzig kleinen und wenig ansehnlichen Tiere so viel Schaden anrichten können. Denn die Buchen wachsen nicht nur schlechter, auch die Früchte werden nicht richtig ausgebildet. "Meist fallen die Früchte unreif von den Bäumen", sagt Böhmer. Damit gibt es auch für viele Tiere, wie Wildschweine, weniger Nahrung.
Dass die Buchen generell vom Buchenspringrüssler befallen sind, sei normal, so Böhmer. Doch das massenhafte Auftreten wie in diesem Jahr sei dem milden Winter und den dadurch günstigen Nahrungsbedingungen geschuldet. "Eine existenzielle Gefahr für die Buchenwälder besteht nicht", betont Böhmer noch einmal. Unser Wald hat nur einen Schönheitsfehler - die hässlichen braunen Baumwipfel."Extra

Das Forstamt Neuerburg beschäftigt 24 Mitarbeiter. 120 Gemeinden gehören zum Amt, 55 davon besitzen Wald. Die Ausdehnung der Waldflächen beträgt 21 000 Hektar. 14 000 Hektar sind Privat-, 4500 Gemeinde- und 2500 Hektar Staatswald. 2011 wurden 90 000 Kubikmeter Holz geschlagen. Der Erlös lag bei 5,4 Millionen Euro. Das Forstamt ist in acht Forstreviere aufgeteilt: Arzfeld, Hardt-Südeifel, Irrel, Ourtal, Neuerburg, Neuerburg-Mitte, Neuerburg-Süd und Daleiden. MRA

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