"Wir arbeiten Hand in Hand"

WEINSHEIM/DAUN. Ausbau der gemeindenahen Psychiatrie: Nach zähem Ringen mit dem rheinland-pfälzischen Sozialministerium wird die Euweco GmbH (Europäische Werkstätten-Cooperation für psychisch Behinderte) erweitert und ein zweiter Standort in Daun eingerichtet. Im Oktober verhandeln die Beteiligten über den geplanten Integrationsbetrieb.

"Ich will nicht nachkarten und bin einfach froh, dieses Riesenproblem nicht mit in die Rente nehmen zu müssen", sagt Erwin Görgen, Chef der Westeifel-Werke (WEW) und damit Gesellschafter der Euweco, zwei Monate vor seiner Pensionierung. Die Beleidigungen (der TV berichtete), die das Sozialministerium Mitte Mai, gegenüber den WEW ausgesprochen hatte - mangelnde Innovation, überholte Vorstellungen -, habe man bei den Gesprächen in dieser Woche außen vor gelassen. Vielmehr bescheinigen die Mainzer den WEW und der Euweco in der aktuellen Presseerklärung "eine herausragende Marktposition". Die zwei Streitpunkte - Euweco-Erweiterung und Einrichten eines Integrationsbetriebs - wurden kategorisch getrennt. Die Euweco-Werkstatt in Weinsheim platzt seit zwei Jahren aus den Nähten. Jetzt wurde die Erweiterung der Plätze von 60 auf 100 genehmigt. Außerdem beschlossen die Gesellschafter, einen zweiten Standort in Daun zu errichten. Schon gestern hielt Erwin Görgen in der Kreisstadt nach geeigneten Objekten Ausschau: "Auch wenn wir eventuell in einem Provisorium starten, setzen wir alles daran, im September anfangen zu können", sagt er. Hintergrund: Am 1. September tagt der Euweco-Fachausschuss. Dabei geht es um die Aufnahme von 19 Menschen, die bereits die Kostenzusage ihrer Sozialversicherer in der Tasche haben. Euweco-Werkstattleiter Jürgen Morbach ist sichtlich erleichtert: "Ich kenne alle wartenden Klienten und die Einzelschicksale. Ich musste sie monatelang vertrösten." Fallbeispiel von der Warteliste, auf der 100 Menschen stehen: Ein 42-jähriger Mann absolvierte bereits im Vorjahr bei der Euweco sein "Kennenlern-Praktikum". Wegen seiner Erkrankung und der aktuellen Situation am Arbeitsmarkt sei die Euweco seine einzige Chance, im Beruf wieder Fuß zu fassen. Einen Vorteil des neuen Standorts hebt Morbach besonders hervor: "Wir haben einige Leute, die täglich weite Wege nach Weinsheim haben. Sie wechseln nach Daun."Belgier sollen zehn Plätze bekommen

Laut Genehmigung muss er in Weinsheim zehn Plätze für psychisch Behinderte aus Belgien schaffen. Es ist trotz Kooperation eine Premiere in der fünfjährigen Euweco-Geschichte (mit den WEW auf deutscher Seite und der Christlich-Ostbelgischen Krankenkasse auf belgischer Seite), dass Klienten über die Grenze kommen dürfen. Grund sind rechtliche Hürden. Morbach ist jedoch optimistisch: "Über ein Pilotprojekt versuchen wir, die juristischen Klippen zu meistern." Verhandlungen mit der Sankt Vither Behindertenbehörde seien viel versprechend. Auftragsengpässe wegen der Erweiterung erwartet der Werkstattleiter nicht. "Wir sind jetzt voll ausgelastet", sagt er, "außerdem arbeiten wir Hand in Hand mit den WEW und vielleicht kommen neue Auftraggeber aus dem Raum Daun hinzu." Mittelfristig wird die Erweiterung auch einige Arbeitsplätze für nicht Behinderte schaffen. Görgen: "Mit der Erweiterung ist der Versorgungsauftrag für die nächsten drei Jahre erfüllt." Im Ursprungskonzept gingen die Gesellschafter von fünf Standorten mit je 60 Plätzen aus. Er rechnet "langfristig mit 150 Plätzen, die wir für die Landkreise Bitburg-Prüm und Daun brauchen werden". Über den Integrationsbetrieb wird im Oktober verhandelt. Neben Vertretern des Sozialministeriums werden auch Steuerexperten dabei sein. "Als Gesellschafter müsste die WEW sich an einem eventuellen Verlust beteiligen", erklärt Görgen: "Damit könnte ihnen die Gemeinnützigkeit aberkannt werden. Das geht nicht. Es stehen mehr als 500 Arbeitsplätze für Behinderte auf dem Spiel."

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