Wir hatten kein Handy, aber Freunde

HÖFEN/MONSCHAU. "Das war ein guter Anfang", resümierte freudig und zufrieden Margareta Ritter, Geschäftsführerin der Monschauer Land Touristik, nach dem Leseabend mit Andrea Kiewel in der Vereinshalle in Höfen.

Das Eifel-Literatur-Festival, bisher in der Region Prüm beheimatet, feierte zum Abschluss der diesjährigen Veranstaltungsreihe in Monschau eine gelungene Premiere. Für das nächste Festival hat die Stadt Monschau sich in die Veranstaltungsorte eingereiht. Einen Vorgeschmack auf das, was sie erwartet, durften Literaturfreunde in Höfen kosten. Dort las Andrea Kiewel, den meisten bekannt vom sonntäglichen Fernsehgarten im ZDF, aus ihrem Buch "Mama, du bist nicht der Bestimmer". Kinder spielen die Hauptrolle

Was die Pädagogin und ehemalige Leistungsschwimmerin aus ihren Erfahrungen als Mutter zum Besten gab, war für die knapp 200 Zuhörer in der gut besetzten Vereinshalle amüsante Unterhaltung. Zum Auftakt begrüßte stellvertretender Bürgermeister Dieter Franken die Gäste und freute sich, dass das Literatur-Festival nun auch in der Nordeifel Fuß fasste. Über sich selbst sagt Andrea Kiewel, dass sie schon mit fünf Jahren zum Fernsehen wollte, dass sie eine begeisterte und zweifellos talentierte Schwimmerin sei und gerne Lehrerin war. Sie ist 41 Jahre alt und mag es nicht, wenn man die Zahl in Klammern hinter ihren Namen schreibt. Die meisten Geschichten in ihrem herzerfrischenden Buch handeln von ihren Kindern; da der 20-jährige Sohn Max nun nicht mehr ganz so viel Stoff für ulkige Erzählungen hergibt, erfährt der Leser mehr über den fünfjährigen Jonny, der seine Eltern mit atemberaubenden Schimpfwörtern und seiner fantasievollen Kinderwirklichkeit überrascht. So hat er zum Beispiel eine Patenschaft über Schmutzgeier übernommen, war lange Zeit davon überzeugt, an einer Tankstelle zur Welt gekommen zu sein und ist überaus pedantisch, was die Reihenfolge beim Frühstück angeht. Mit viel Humor und mütterlicher Gelassenheit scheint Andrea Kiewel die Problemchen zu lösen, selbst wenn Erdbeereis "nach Kotze schmeckt", bringt sie das nicht aus der Fassung. Allerdings verrät sie den Zuhörern einen unumstößlichen elterlichen Grundsatz: "Die Kinder sind die Prinzen, aber wir sind die Könige."Geschichten aus der ehemaligen DDR

Vor einigen modernen Trends, die Müttern und ihren Sprösslingen Stress verursachen, ist sie auf der Hut: Baby-Massage und Kleinkind-Englisch hält sie nicht für wichtig. "Wir hatten keine Play-Station, kein Handy und keine MP3, wir hatten Freunde", erinnert sie sich gern. Auch sonstige Selbstverständlichkeiten einer Kindheit in der ehemaligen DDR erfährt der staunende Zuhörer: Da ging es durchaus fröhlich zu, es wurde offensichtlich viel draußen gespielt, im Berliner Dialekt werden die Steppkes zitiert, was die Besucher der Lesung schmunzeln ließ. Dass der "Frühhort ein Segen war für Eltern, die im Schichtdienst arbeiten mussten", rief dann doch bei dem einen oder anderen ein Stirnrunzeln hervor. Der "Bauchwegschlüpfer" hat offensichtlich versagt; in ihrer frischen, direkten Art erzählt "Kiwi", dass sie nicht viel isst, aber "ich esse auf".Zuhörer finden sich wieder

Wie Bemerkungen über Haut und Figur eine 40-Jährige in Panik versetzen können, darüber wurde herzhaft gelacht. Überhaupt fand man sich selbst in den Erzählungen der Andrea Kiewel wieder, manch einer wünschte sich wohl, etwas von ihrer lebensbejahenden und optimistischen Einstellung zu übernehmen. "Leichtfüßig" nannte Josef Zierden, der Organisator des Eifel- Literatur-Festivals, den Vortrag der Autorin, als er sich zum Schluss herzlich bedankte. Viele Besucher nutzten die Gelegenheit zum Gespräch mit Andrea Kiewel, bereitwillig signierte sie Bücher und Karten.

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