"Wir waren uns der Gefahr gar nicht bewusst"

"Diese Leute haben sich vorbildlich eingesetzt. Ihnen gebührt großer Dank für ihren Mut, den Dieben hinterherzulaufen und sie zu stellen", sagt Friedel Jaeger, Dienststellenleiter der Polizei Bitburg zu einem ungewöhnlichen Einsatz von rund 20 Nachbarn einer Bitburger Straße, die einen mehr als ungewöhnlichen Samstag erlebt haben.

 „Da lagen die Sachen in meinem Garten“: Willi Jutz zeigt von seiner Terrasse aus auf die Stelle, wo vier Päckchen Zigaretten, zwei Sonnenbrillen und 80 Euro lagen. Im Gebüsch, wo sein Nachbar steht, hatten sich die beiden Diebe versteckt, denen später die ganze Nachbarschaft hinterherlief. TV-Foto: Dagmar Schommer

„Da lagen die Sachen in meinem Garten“: Willi Jutz zeigt von seiner Terrasse aus auf die Stelle, wo vier Päckchen Zigaretten, zwei Sonnenbrillen und 80 Euro lagen. Im Gebüsch, wo sein Nachbar steht, hatten sich die beiden Diebe versteckt, denen später die ganze Nachbarschaft hinterherlief. TV-Foto: Dagmar Schommer

Bitburg. (scho) Als Willi Jutz am Samstagnachmittag vergangener Woche auf seine Terrasse trat, stutzte er nicht schlecht: "Im Garten lagen vier Schachteln Zigaretten, obwohl bei uns niemand raucht, zwei Sonnenbrillen und 80 Euro Scheingeld." Dem Bitburger kam das gleich komisch vor, bei seinen Nachbarn fragte er nach, ob die vielleicht jemanden gesehen hätten. Einer der Nachbarn, Stefan Wanken, entdeckte Preisschilder an den Sonnenbrillen - um die 200 Euro haben die Gläser der Marke Armani gekostet. Der Verdacht, dass es sich um Diebesgut handeln könnte, drängte sich gleich auf. "Wir sind dann ums ganze Haus gegangen und haben nachgesehen, ob noch weitere Sachen verstreut rumliegen", erzählt Wanken. Dabei entdeckte er mit Thomas Jutz, Sohn des Hausbesitzers Willi Jutz, auf einmal Männer im Gebüsch, das zwei Nachbargärten voneinander trennt. "Hier sind sie, hier sind sie, hat mein Sohn Thomas dann geschrien", erzählt Willi Jutz weiter. Die aufgeschreckten Diebe setzten an zur Flucht, Thomas Jutz und Stefan Wanken folgten ihnen.Inzwischen waren weitere Nachbarn aufmerksam geworden. "Kommt zurück, haben Frauen an den Haustüren den Jungs hinterhergerufen. Sie waren in Sorge", sagt Willi Jutz. Weitere Nachbarn schlossen sich der Verfolgungsjagd an. "Am Ende waren bestimmt so 20 Leute auf den Beinen", sagt Jutz. "Stehen bleiben", riefen die Verfolger den Dieben mehrfach hinterher und alarmierten die Polizei über Handy. Mit Polizeigriff den Dieb gestellt

Ein weiterer Mann aus der Nachbarschaft wunderte sich schließlich, als sein Hund im Garten zu bellen begann. "Da ist jemand über die Gartenmauer gesprungen, den hab ich mir dann geschnappt", sagt der Mann, der seinen Namen aber nicht nennen möchte, da er Repressalien der Diebe fürchtet. Mit Polizeigriff ("das habe ich in meiner Bundeswehrzeit gelernt") zwang er den flüchtigen Dieb zu Boden und hielt ihn dort so lange fest, bis die Polizei eintraf. "Der hat sich ganz schön gewehrt, mir sogar in die Hand gebissen", erzählt der Mann. Den zweiten Dieb holten die Nachbarn mit dem Auto ein. "Die Polizei brauchte nur noch die Handschellen klicken zu lassen", sagt Jutz. Eine halbe Stunde hat die Verfolgungsjagd die rund 20 Nachbarn auf Trab gehalten. "Der Gefahr, in die wir uns begeben hatten, waren wir uns gar nicht so bewusst. Die hätten ja auch bewaffnet sein können", sagt Jutz. Für ihn und seine Mitstreiter war es dennoch wertvoll zu sehen, wie viel eine gute Nachbarschaft bewirken kann, wenn sich die Leute gegenseitig unterstützen und eben nicht einfach desinteressiert wegsehen. "Die Polizei hätte die beiden Knaben doch ohne unseren Einsatz gar nicht mehr erwischt", sagt Jutz. Das weiß auch die Polizei zu schätzen. "Diese Leute haben sich vorbildlich eingesetzt. Ihnen gebührt großer Dank für den Mut, den sie aufgebracht haben. Das ist alles andere als selbstverständlich", sagt Friedel Jaeger, Dienststellenleiter der PI Bitburg. Der Polizei ist es wichtig, dass die Bürger gemäß ihrer Kampagne "Wer nichts tut, macht mit" nicht die Augen vor Verbrechen verschließt. Schließlich tragen Zeugenaussagen erheblich zum Ermittlungserfolg bei. Später fand die starke Nachbarschaft noch eine Spritze und einen Schlüsselbund im Garten. Das Diebespaar, das zuvor in einem Computerladen in der Trierer Straße beim stehlen gefilmt wurde, gehört womöglich einer Kriminellen-Gruppe an, die paarweise nach der Masche "einer lenkt ab, der andere greift zu" vorgeht. Denn neben diesen beiden Langfingern war am gleichen Tag noch ein weiteres Diebespaar unterwegs, was ebenfalls in einem Innenstadt-Geschäft zugeschlagen hat, ein Elektrogeschäft in der Poststraße (der TV berichtete). Weitere Geschädigte sowie Zeugen der Diebstähle wenden sich bitte an die Polizeiinspektion Bitburg, Telefon 06561/96850.

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