Landwirtschaft „Wir werden einen Großteil der Bauern verlieren“

Bitburg-Prüm · Die Afrikanische Schweinepest ist auf dem Vormarsch. Michael Horper fürchtet deshalb um die Eifeler Landwirte. Der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes glaubt, dass Kreise, Land und Bund besser vorsorgen müssen, um eine Katastrophe abzuwenden.

 „Rund die Hälfte der Eifeler Schweinehalter hat damals aufgeben“: Während die Europäische Schweinepest in der Region wütete, wurden Tiere zum Teil auf offener Straße gekeult, ihre Körper in Container geworfen. Michael Horper (Foto im Text) fürchtet, dass das wieder passieren könnte.

„Rund die Hälfte der Eifeler Schweinehalter hat damals aufgeben“: Während die Europäische Schweinepest in der Region wütete, wurden Tiere zum Teil auf offener Straße gekeult, ihre Körper in Container geworfen. Michael Horper (Foto im Text) fürchtet, dass das wieder passieren könnte.

Foto: dpa/dpaweb/DPA

Der fünfte Januar 1999 ist der Tag, an dem sich für Eifeler Landwirte vieles ändern sollte. In Rommersheim bei Prüm, untersuchen Veterinäre den Kadaver eines Wildschweins. Und zum ersten Mal können sie dabei nachweisen, dass ein Tier innerhalb des Kreises sich mit der Europäischen Schweinepest angesteckt hat (der TV berichtete). Der Fund bleibt kein Einzelfall. Bald werden immer mehr tote Schwarzkittel gefunden. Und auch die Hausschweine in den Ställen stecken sich an. Landwirte müssen infizierte Tiere keulen, dürfen das Fleisch nicht mehr verkaufen. Existenzen gehen zugrunde.

„Rund die Hälfte der Eifeler Schweinehalter hat damals aufgeben“, sagt Michael Horper, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau. Einst habe das Bitburger Land als Hochburg der Schweinezucht gegolten. Davon blieb nach dem Seuchengang wenig übrig. Inzwischen hätten sich die Betriebe, die die Epidemie überlebt haben, zwar erholt. Es gebe wieder rund 120 Schweinehalter in der Region. Und auch die Vermarktung durch heimische Schlachtereien laufe gut.

 „Rund die Hälfte der Eifeler Schweinehalter hat damals aufgeben“: Während die Europäische Schweinepest in der Region wütete, wurden Tiere zum Teil auf offener Straße gekeult. Fotos (2): DPA

„Rund die Hälfte der Eifeler Schweinehalter hat damals aufgeben“: Während die Europäische Schweinepest in der Region wütete, wurden Tiere zum Teil auf offener Straße gekeult. Fotos (2): DPA

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Doch gut zwanzig Jahre später befindet sich wieder eine Seuche auf dem Vormarsch. Die neue Schweinepest kommt ursprünglich aus Afrika, weshalb sie „Afrikanische Schweinepest“ genannt wird. In Osteuropa rafft das Virus bereits etliche Tiere dahin. Und seitdem die ersten Fälle in Russland und Georgien bekannt wurden, bewegt sich der Erreger kontinuierlich weiter nach Westen. Inzwischen hat das Virus es bis hinter die Tschechische Grenze geschafft. Keine 300 Kilometer entfernt beginnt die Bundesrepublik. „In etwa einem Jahr könnte es die Seuche also nach Deutschland schaffen“, meint Horper. Dass sie in der Eifel wieder so verheerend wütet wie einst die Europäische Schweinepest, wolle er mit allen Mitteln verhindern. Der Ausbruch der Krankheit müsse so lange wie möglich hinausgezögert werden. Und dabei seien auch das Land, der Bund und der Kreis gefragt.

Herr Horper, noch wurden in Deutschland keine infizierten Schweine gefunden. Warum also beschäftigt Sie das Thema so?

Horper: Weil es noch immer nicht in der Öffentlichkeit angekommen ist. Die Gefahr scheint weit weg zu sein. Dabei ist sie akut. Wir müssen reagieren, bevor die Seuche uns erreicht. Denn wenn die ersten Fälle auftauchen, ist es zu spät. Dann werden wir einen Großteil der regionalen Bauern verlieren.  Das sollten wir mit aller Kraft verhindern.

Sie haben die Folgen der Europäischen Schweinepest miterlebt. Was muss heute anders laufen?

Horper: Wir müssen besser vorsorgen. Es muss klar sein, was passiert, wenn ein infiziertes Tier gefunden wird. Wie sollen Sperrzonen aussehen? Wer wird die Bauern entschädigen, die ihre Tiere und ihr Fleisch nicht mehr vermarkten können? Es darf kein Chaos ausbrechen. Deshalb ist es schon mal gut, dass das Land Anfang Juni eine Übung organisiert, also sozusagen eine Probe für den Ernstfall.

Europaweit gibt es ja ein Szenario für den Ausbruch der Seuche. Hierin wird  die Einrichtung von verschiedene Zonen rund um ein infiziertes Tier vorgeschrieben, in denen die Veterinärbehörden Beschränkungen und Auflagen verhängen können. ...

Horper: Mir erscheint diese Regelung für die Eifel nicht praktikabel. Die Region ist zu dicht besiedelt. Wir können kein Terrain kilometerweit abriegeln. Was ist mit dem Durchgangsverkehr? Was passiert mit den Feldern rund um das tote Wildschwein? Darf zum Beispiel im Sommer weiter geerntet werden? Die Bauern können nicht auf ihre Ernte verzichten. Und wenn nicht, wer entschädigt die Landwirte, wenn sie das Stroh nicht nutzen dürfen, weil es mit infizierten Wildschweinen in Kontakt gekommen sein kann?

Was soll mit den Schweinehaltern passieren, deren Betriebe sich in der Sperrzone befinden? Als die Europäische Pest umging, durften sie ihre Tiere nicht verkaufen. Und das, obwohl die Schweine zum Teil nicht mal infiziert waren. Da wurden ohne Not Existenzen vernichtet. Diesen Fehler sollten wir nicht nochmal machen.

Was sollte stattdessen getan werden?

Horper: Vor allen Dingen sind der Bund und das Land gefragt. Die Schweinepest ist eine Sache von öffentlichem Interesse. Aber auch der Kreis sollte ein Zeichen  setzen und einen eigenen Haushaltsposten für die Bekämpfung der Seuche einrichten. So schwer das auch sein mag.

Der Kreis hat bislang rund 15 000 Euro in Präventionsarbeit investiert, wie eine Anfrage des TV ergab. Reicht das nicht?

Horper: Es gäbe noch viel zu tun. Schließlich bringen ja nicht Osteuropäische Wildschweine die Seuche zu uns, sondern der Mensch. Die Erreger überleben in fertigen, sogar in gekühlten Wurstwaren. Wenn ein Lastwagenfahrer etwa ein Brot mit infizierter Salami in einen Mülleimer auf der Meilbrück wirft und eine Wildschwein dies dann frisst, kann sich das Virus verbreiten. Und unsere Region ist ein Drehkreuz für den Verkehr aus Osteuropa. Pflegekräfte, Saisonarbeiter, Lastwagenfahrer – sie alle sind bei uns unterwegs und manche könnten das Virus in ihren Brotboxen zu uns tragen.

Die Abfalleimer auf Raststätten und Parkplätzen müssen also besser gesichert werden. Es muss außerdem mehr Warnschilder geben.

Die Eifeler Jäger sind derweil angehalten, so viel Schwarzwild wie möglich zu schießen. Dabei wurden im aktuellen Jagdjahr 4139 Wildschweine erlegt. So hoch waren die Abschusszahlen seit Jahren nicht. Könnte der Kreis etwas tun, um die Jäger noch zu unterstützen?

Horper: Ja, denn die geschossenen Schweine werden sie derzeit kaum los. Die Preise sind im Keller. Das hat auch mit der Angst vor der Schweinepest zu tun. Verbraucher fürchten, durch den Verzehr des Wildfleisches krank zu werden. Dabei ist das Virus für den Menschen zum einen ungefährlich und zum anderen gibt es bislang ja keine infizierten Tiere in der Eifel.

Der Kreis könnte eine Image-Kampagne anstoßen, um das deutlich zu machen. Und hervorheben, was heimische Jäger für ein hochwertiges Produkt anbieten. Auch könnte die Verwaltung Wildsammelstellen einrichten. Die Jäger wissen ja zum Teil gar nicht mehr, wohin mit den erlegten Wildschweinen.

Nun gibt es für die Afrikanische Schweinepest keinen Impfstoff. Wäre das alles also nicht vergebliche Mühe? Kann die Seuche auf Dauer überhaupt aus der Eifel ferngehalten werden?

Horper: Womöglich nicht. Aber wir sollten versuchen, sie so lange wie möglich auszusperren. Vielleicht gelingt es Wissenschaftlern irgendwann doch einen Impfstoff für den komplizierten Erreger zu entwickeln. Ich bleibe jedenfalls Optimist und gebe die Hoffnung nicht auf.

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