Wo die Römerstraße ruht

Meilbrück · 2008 regte sich politischer Widerstand, als die bei Meilbrück entdeckte Römerstraße wieder zugeschüttet werden sollte. Der Landesbetrieb Mobilität plante extra um, damit das antike Bauwerk der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann. Passiert ist dies bisher nicht. Stattdessen erobert sich die Natur das unter einer Plane verborgene Kulturerbe langsam zurück. Eine kleine Zeitreise.

Meilbrück. 188 nach Christus. Mühelos rollen die eisenbeschlagenen Räder des Karrens über die Staatsstraße Richtung Augusta Treverorum (Trier). Weder um das Gemüse noch um die Eier, die er von der Villa rustica (einem Gutshof) in die Stadt bringt, muss der Händler sich auf dieser Straße Sorgen machen. Sie ist ebenmäßig und solide gebaut. Während ihm Kollegen mit leeren Karren entgegenkommen und berittene Kuriere vorbeipreschen, bewundert der Händler die Konstruktion: Die wichtigste Route zwischen dem Mittelmeer und dem Niederrhein zieht sich schnurgerade als monumentaler Damm durch die Landschaft. Sie ist gut befestigt und so angelegt, dass Regenwasser in die mehrere Meter tiefen Gräben ablaufen kann. Wie wohl die Unterkonstruktion dieses straßenbaulichen Meisterwerks aussieht? 2008 nach Christus. Südlich der Tankstelle Meilbrück tauchen beim Ausbau der B 51 Reste der alten Römerstraße auf. "Ein toller Fund", sagt die damals zuständige Grabungsleiterin Sabine Faust. Fast 900 Meter lang ist der antike Straßenabschnitt, den sie mit ihrem Team untersucht und dabei Interessantes über die Konstruktionsweise ans Licht bringt (siehe Extra). Nicht nur die Archäologen, auch Kommunalpolitiker zeigen sich 2008 vom Zeugnis der römischen Straßenbaukunst beeindruckt. Sie wollen, dass ein etwa 30 Meter langes Stück erhalten bleibt. Auch regt sich Widerstand gegen den Plan, die römische Straße wieder zuzuschütten (was für die Substanz am besten wäre). Stattdessen soll sie als Touristenattraktion sichtbar konserviert werden. Und so ändert der Landesbetrieb Mobilität auf Wunsch der Ortsgemeinde Meckel, der Stadt Bitburg, der Verbandsgemeinde Bitburg-Land und des Eifelkreises Bitburg-Prüm seine Planung: Er verschiebt einen Wirtschaftsweg, der ursprünglich direkt über die Römertrasse verlaufen sollte. 2014 nach Christus. Nichts deutet darauf hin, dass es sich bei diesem Ort um etwas Besonderes handeln könnte. Er liegt eingepfercht zwischen der B 51, einer Lärmschutzmauer und einem asphaltierten Feldweg auf der einen und dem Waldrand auf der anderen Seite. Junge Bäume schießen rings um eine Holzkonstruktion in die Höhe, die von einer weißen Plane bedeckt ist. Was sich darunter befindet, lässt das dichte Grün nicht erkennen.Kein Geld, kein Gesamtkonzept

Fast 5000 Euro hat die Ortsgemeinde Meckel in die Hand genommen, um die Römerstraße vor Wind und Wetter zu schützen. Schon längst hätte sich Ortsbürgermeister Johannes Junk eine touristische Erschließung gewünscht. Nur fehlt dafür offenbar das Geld. Laut Maria Arvanitis, Leiterin der Tourist-Information Bitburger und Speicherer Land, wäre ein niedriger sechsstelliger Betrag nötig, um die Funde in einem Gebäude zu präsentieren. Auch fehlt bisher ein Gesamtkonzept, wie sich das Römererbe der Südeifel als Ganzes besser vermarkten ließe, darunter das Bitburger Kastell, die Villa Otrang, die Herforster Langmauer, die Speicherer Töpfereien und das Vorgängermodell der heutigen Autobahn… "Die Römer sollen stärker zu ihrem Recht kommen", sagt Arvanitis. Allerdings müssen sie sich gedulden. Derzeit ist Arvanitis nämlich vollauf mit der touristischen Fusion von Kyllburger Waldeifel und Bitburger Land beschäftigt. Sie hofft, dass das Römer-Projekt ab 2016 im Rahmen des Leader-Programms der EU gefördert werden kann. Und sich damit auch eine Lösung findet, die es Menschen ermöglicht, die solide Bauweise jener Straße zu bewundern, auf der im Laufe der Jahrhunderte so viele Händler ihre Waren in das römische Trier gebracht haben. Meinung

Gut gemeint, aber nicht durchdachtAlle fanden 2008, dass es eine tolle Idee wäre, die Römerstraße bei Meilbrück zu erhalten. Und das war es zweifellos. Dieses mehr als 2000 Jahre alte Kulturdenkmal für einen Feldweg zu opfern, wäre ein Frevel gewesen. Auch der kommunalpolitische Wunsch, solch einen Fund der Öffentlichkeit zugänglich machen zu wollen, ist verständlich. Doch durchdacht war er nicht. Um die ritzenreiche Unterkonstruktion einer Römerstraße zu konservieren, muss man entweder ein Gebäude errichten (und wer soll das bezahlen?) oder am laufenden Band Unkraut vernichten (und wer soll das machen?) oder sie wieder in den Originalzustand versetzen. Doch dann sieht sie aus wie ein gut befestigter Waldweg (und wen soll das begeistern?). Dank der Initiative Meckels ist der Fund unter einer Zeltplane immerhin vor dem Gröbsten geschützt. Dennoch denken Archäologen nur mit Unbehagen an die offen gelassene Grabung. Unter der Erde wäre das Kulturerbe deutlich besser aufgehoben. Gut, dass die Straße offenbar noch nicht ganz vergessen wurde und gemeinsam mit anderen Römerrelikten der Region bis 2016 auf die politische Agenda zurückkehren soll. Das wird allerdings auch Zeit. k.hammermann@volksfreund.deExtra

Bei den Ausgrabungen im Jahr 2008 hat sich gezeigt, dass der Unterbau der Römerstraße aus schräg stehenden Kalkplatten besteht, die mit kleinen, kantigen Kalksteinen bedeckt sind. Darüber befand sich einst eine leicht gewölbte Kies-Sandschicht. Zu einem späteren Zeitpunkt (um 120 nach Christus) wurde die Straße erneuert, indem man die alte Schicht planierte, Kalksteinplatten als senkrechte Seitenbegrenzung anbrachte und den Raum dazwischen mit Splitt füllte. Mit etwa sechs Metern Breite bot sie genügend Platz für zwei Fahrzeuge, während ihre Ränder für Fußgänger reserviert waren. Rechts und links der Straße fanden sich bis zu vier Meter tiefe Gräben. kah

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort