Wo einst die Kutschen ein- und ausfuhren

Dudeldorf-Ordorf · Schönheit in Stein: So lautet der Titel einer Ausstellung, die derzeit im Kreismuseum in Bitburg zu sehen ist. Im Mittelpunkt: zehn vorbildlich sanierte eifeltypische Häuser. Der TV stellt sie in einer Serie vor. Heute: ein altes Kutscherhaus in Dudeldorf-Ordorf.

Wo einst die Kutschen ein- und ausfuhren
Foto: (e_reg )

Dudeldorf-Ordorf Kerzen, Familienbilder und Glasvasen schmücken die quadratischen Aussparungen in der Sandsteinwand. Durch sie fällt Licht aus dem Flur ins Wohnzimmer. Regal, Lichtschacht, dekoratives Element - ganz schön praktisch.
So war das schon vor 200 Jahren, als das Haus in Dudeldorf-Ordorf noch Kutscherhaus war. "Durch die Löcher hat der Kutscher das Heu in den Pferdestall geworfen", erklärt Edith Pallien, die das historische Gebäude gegenüber der Pfarrkirche zusammen mit ihrem Mann saniert und in eineinhalb Jahren zu einem Schmuckstück gemacht hat.
Ein Plan, an dessen Verwirklichung außer dem Ehepaar aus Dudeldorf kaum einer glaubte, als beide das ehemals einstöckige Gebäude, das 1928 aufgestockt worden war und seitdem als Pfarrheim genutzt wurde, ´im Jahr 2015 kauften.
"Einige haben sogar gesagt, dass wir verrückt sein müssen", erzähltPallien. Denn das Haus aus dem Jahr 1727 war völlig heruntergekommen, aber für Palliens dennoch erhaltenswert. Denn es atmet Geschichte. Es gehörte zum nebenstehenden Pfarrhaus, das im gleichen Jahr gebaut wurde und durch einen Hof damit verbunden ist. "Hier standen die Kutschen und Pferde des Pfarrers", erzählt Josef Pallien. Und auch der Kutscher lebte und arbeitete hier.
Wo genau, lässt sich im Erdgeschoss des Gebäudes, das nun zwei Mieter bewohnen, immer noch genau ablesen. Die geradlinige Grundstruktur des Kutscherhauses haben Palliens beibehalten. Der frühere Arbeitsraum des Kutschers, der Stall und Kutschenraum, sind nun Flur und Küche. Ganz nach der Philosophie des Paares, das auch das benachbarte Pfarrhaus denkmalgerecht saniert und damit ein historisches Ensemble erhalten hat.
Oder wie Edith Pallien es formuliert: "Das Alte erhalten und erkennbar machen, aber modernen Wohnkomfort schaffen."
Auf 180 Quadratmetern und drei Geschossen ist das gelungen - mit einer eher kleinteiligen Raumaufteilung im Erdgeschoss sowie zwei großen Wohnräumen im Mittel- oder Obergeschoss, das im Gegensatz zu früher begehbar ist, da es - mit Hilfe eines Dachgesimses von einem Abriss in Ordorf - aufgestockt wurde.
Ebenso komplett erneuert wurden das Dach, der Treppenaufgang an der Seite des Hauses sowie eine Terrasse, die durch eine Niveauangleichung des tieferliegenden Grundstückteils an das Haus entstanden ist. Zudem gibt es nun einen Anbau, in dem sich eine moderne Umluftpumpe sowie Hauswirtschaftsgeräte befinden.
Dabei verwendeten die Bauherren regionaltypische Baustoffe wie Kalkstein, Schiefer, Sandstein und Eichenholz. Das wird an vielen Details sichtbar: Eine Gaslampe aus Lyon aus der Zeit um 1880 beleuchtet den Nebeneingang, eine Tür im Louis XVI-Stil schmückt den Haupteingang, eine alte Holztreppe aus dem Eifel-Ardennen-Raum führt ins erste und zweite Geschoss, ein Eifeler Sandsteintrog aus dem Jahr 1788 steht im Hof, ein ausgemustertes Fenster aus der Kirche in Auw/Kyll wurde eingebaut, das Pflaster im Hof stammt zum Teil von einem Abriss in Pickließem, das Terrassen-Geländer vom Pfarrhaus Gindorf.
Am ältesten sind aber vermutlich die Abschlusssteine aus der benachbarten Kirche, die wohl schon in den 20er Jahren an der Fassade des Kutscherhauses verbaut worden waren, als das Kirchenschiff an den vorhandenen barocken Turm und den spätgotischen Chor angebaut wurde. Die Steine datieren um 1510 und fanden, damit sie nicht weiter verwittern, neue Plätze - einer an einer geschützten Hausfront, ein anderer im Innenraum.

So hat jedes Stück eine bewegte Historie - auch der Jugendstil-Mosaik-Stein, den Palliens bei einem Gebäude-Abriss gerettet haben, und der nun die Rückwand des Hausses schmückt. Aber das ist eine andere Geschichte.Extra: AUSSTELLUNG UND BUCH

 Erst Schandfleck, dann Schmuckstück: Das ehemalige Kutscherhaus und Pfarrheim befand sich 2015 in einem desolaten Zustand, als das Ehepaar Pallien es kaufte. Nun ist es ein echter Hingucker. TV-Fotos (5): Ulrike Löhnertz; Foto: Edith Pallien

Erst Schandfleck, dann Schmuckstück: Das ehemalige Kutscherhaus und Pfarrheim befand sich 2015 in einem desolaten Zustand, als das Ehepaar Pallien es kaufte. Nun ist es ein echter Hingucker. TV-Fotos (5): Ulrike Löhnertz; Foto: Edith Pallien

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 Von 1510 stammt ein Abschlussstein der alten Kirche, der geschützt an der Fassade hängt.

Von 1510 stammt ein Abschlussstein der alten Kirche, der geschützt an der Fassade hängt.

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 Offen präsentiert sich das erste Obergeschoss, das außer dem großen Wohntraum nur noch das Bad beherbergt.

Offen präsentiert sich das erste Obergeschoss, das außer dem großen Wohntraum nur noch das Bad beherbergt.

Foto: (e_reg )
 Die ehemaligen Futterlöcher werden modern genutzt.

Die ehemaligen Futterlöcher werden modern genutzt.

Foto: (e_reg )
 Ein Sandsteintrog aus dem Jahr 1788 schmückt den Hauseingang.

Ein Sandsteintrog aus dem Jahr 1788 schmückt den Hauseingang.

Foto: (e_reg )


"Schönheit in Stein" ist der Titel der Ausstellung im Kreismuseum in Bitburg, in der Fotos von zehn vorbildlich sanierten alten Häusern in der Südeifel gezeigt werden. In Anlehnung an das gleichnamige Buch, das Kuratorin Barbara Mikuda-Hüttel, herausgegeben hat, widmet sich die Schau in rund 80 Fotos von Anita Burgard und Heike Matzat der Vielfalt und dem Charme der heimischen Architektur. Öffnungszeiten des Kreismuseums (Trierer Straße 15, Bitburg): dienstags und mittwochs 11 bis 17 Uhr, donnerstags bis sonntags 14 bis 17 Uhr; ab November: sonntags 14 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung (Telefon 06561/ 683888). Der Eintritt beträgt drei (ermäßigt zwei) Euro. Das Kreismuseum bietet für Sonntag, 17. September, 15 Uhr, eine Fü´hrung durch die Ausstellung mit Barbara Mikuda-Hüttel und Burkhard Kaufmann, Leiter des Kreismuseums, an. Der Eintritt beträgt drei (ermäßigt zwei) Euro. Das Buch "Schönheit in Stein - Ländliche Architektur in der Südeifel" kostet 17,90 Euro und ist erhältlich im Kreismuseum sowie bei bei Bernd Fröhlich, Interessengemeinschaft Bauernhaus, Telefon 0531/512108, E-Mail froehlich@ igbauernhaus.de Info: <%LINK auto="true" href="http://www.igbauernhaus.de" text="www.igbauernhaus.de" class="more"%>

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