Wo Millionen Euro im Boden liegen

Bitburg · Das meiste Geld investiert die Verbandsgemeinde Bitburg-Land seit Jahren ins Abwassersystem. Für knapp drei Millionen Euro werden allein dieses Jahr Kanäle verlegt. Auf einer kleinen Rundreise durch das Bitburger Land wird deutlich, dass der Kanalbau oft Initialzündung für die Dorfentwicklung ist.

Bitburg. Ach, wie schön ist Panama: Kaum erscheinen auf der Tour durch die Verbandsgemeinde (VG) Bitburg-Land die ersten Wiesen und Täler am Horizont hinter Bitburg, geht Josef Junk das Herz auf: "Ist das doch schön hier", sagt der Bürgermeister, und Reisekompagnon Fritz Brüders, Leiter der VG-Werke, pflichtet ihm bei: "Wie Urlaub." Aber natürlich geht es bei der Tour nicht um die Schönheit des Bitburger Gutslands. Angesteuert werden Orte, in die die VG investiert. Und Geld gibt es nicht etwa für schöne Prachtbauten, sondern im Bitburger Land werden Millionen von Euro im Boden vergraben.
In Rittersdorf wird mehr als eine halbe Million Euro verbaut, weil der Ort so stark wächst. Die Einwohnerzahl ist in den vergangenen zehn Jahren um knapp 250 auf 1450 gestiegen. "Nun müssen wir die Kläranlage erweitern, die derzeitige hat nur eine Kapazität für rund 1200 Einwohner. Wir rüsten sie jetzt für knapp 2000 auf", sagt Brüders im Vorbeifahren. Wenige Kilometer weiter der erste Halt: Stausee Biersdorf, malerisch im Prümtal gelegen. Aber Junk und Brüders beschäftigt vor allem der Schlamm. Denn damit der Stausee nicht zur braunen Brühe wird, muss er regelmäßig gereinigt werden. Der Schlamm, der 2005 aus dem See gebaggert wurde, lagert in einem Sammellager am See. "Vielleicht müssen wir schon 2012 oder 2013 den See wieder räumen. Deshalb müssen wir dieses Jahr Platz im Lager schaffen. Wir wollen nicht unter Druck geraten", sagt Brüders. Die VG rechnet, dass die Entsorgung des Altschlamms grob geschätzt rund 300 000 Euro kostet. Noch mal 300 000 Euro werden für das erneute Säubern des Sees fällig. Aber bis dahin fließt noch viel Wasser die Prüm hinunter.
Kläranlagen, Kanäle, Straßen


Angesichts der Millionen Euro, die im Bitburger Land ins Abwassersystem investiert werden, ist der Stausee-Schlamm ohnehin ein kleiner Fisch. "Seit Ende der 70er Jahre haben wir rund 85 Millionen Euro in die Umsetzung unseres Abwasserkonzepts gesteckt, Kläranlagen gebaut, Hausanschlüsse und Kanäle verlegt", sagt Brüders. Eine Pflichtaufgabe (siehe Extra). Die Gewässerqualität der Flüsse hat sich erheblich verbessert, seit das Abwasser nicht mehr eingeleitet wird. Für Junk ist das Geld aber auch aus einem anderen Grund gut angelegt: "Wenn die Werke die Kanäle machen, werden zusammen mit den Ortsgemeinden und dem Kreis auch die Straßen erneuert. Das motiviert Privatleute, ihre Höfe und Vorgärten im Anschluss dann hübsch herzurichten."
Auf der B 50 rollt das Gespann im Bürgermeister-Wagen durch Oberweis. "Angehalten wird hier nicht", sagt Junk. Im Streitthema um den Verkauf von Schwimmbad, Camping- und Sportplatz soll mal Ruhe einkehren. Rund 200 000 Euro Verluste beschert die Anlage Jahr für Jahr, weshalb die VG das Freizeitzentrum an den Pächter verkaufen will. Doch das ist umstritten, zumindest in Oberweis. "Wir sind jetzt so weit, dass wir eine Mediation machen, bei der alle an einen Tisch gebracht werden", sagt Junk und ergänzt: "Ich will das dieses Jahr endlich geklärt haben."
Nach 26 Kilometern ein kleiner Stopp in Stockem. 2,7 Millionen Euro wurden in den vergangenen drei Jahren in die Abwassergruppe Halsdorf-Stockem-Enzen investiert - davon rund 600 000 Euro allein in den Bau der Kläranlage in Enzen, der Rest in die Kanalnetze der drei Orte. "In Stockem stehen noch Restarbeiten für rund 500 000 Euro aus", sagt Brüders, während er Seite an Seite mit Junk über eine fast fertig gebaute Straße marschiert, auf die nur noch die Deckschicht aufgebracht werden muss.
Wie hübsch Privatleute im Anschluss ihre Anwesen herrichten, wird bei einer Fahrt durch Halsdorf deutlich. "Das sah hier vor Jahrzehnten noch schlimm aus. Heute ist es ein sehr schönes Dorf", sagt Brüders, und Junk betont: "Hier haben die Bürger sogar selbst angepackt und Plätze gepflastert." In Seffern hält Junk den Wagen zum letzten Mal an. Knapp drei Millionen Euro hat die VG dort in Kanäle, Wasserleitungen und Straßenbau investiert. Bauarbeiter asphaltieren gerade die Straße Zur Ölmühle.
Mit dem Abschluss der Arbeiten in diesem Jahr sind in der Verbandsgemeinde dann 98 Prozent aller Haushalte an mechanisch-biologische Kläranlagen angeschlossen - und damit ist die Vorgabe der europäischen Wasserschutzrichtlinie fast umgesetzt, die genau das bis zum Jahr 2012 fordert. Aber ein Ende der Ära, in der im Bitburger Land Millionen im Boden verbuddelt werden, ist trotzdem noch lange nicht in Sicht. Brüders: "Wenn wir mit der Herstellung der neuen Anschlüsse und Netze fertig sind, fangen wir an, unsere teils mehr als 30 Jahre alten Kanäle mit Kamerafahrten zu untersuchen und wo nötig zu sanieren."Mit ihren 51 Gemeinden gehört die Verbandsgemeinde Bitburg-Land zu den flächenmäßig größten Kommunen in Rheinland-Pfalz. Die Größe macht sich auch in Ausbau und Unterhaltung des riesigen Kanal- und Wassernetzes von mehr als 550 Kilometern bemerkbar. Allein 2011 werden rund 2,3 Millionen Euro in Kanalarbeiten investiert. 46 Einzelhöfe bekommen für rund 665 000 Euro Hauskläranlagen. 45 weitere Höfe folgen 2012. In Röhl wird ein Regenrückhaltebecken für rund 305 000 Euro gebaut, wofür es über 200 000 Euro ein Darlehen des Landes gibt. scho

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