Wo noch jeder jeden kennt

UDLER. Resi Rosenkranz hat Ende vorigen Jahres ein "kleines Jubiläum" gefeiert: Sie ist in ihrem "Zweitberuf" seit zehn Jahren als TV -Botin in Udler unterwegs. Unsere heutige Zustellergeschichte ist der treuen Botin gewidmet.

Resi Rosenkranz trägt den Trierischen Volksfreund sehr gerne. Auch im kalten, ungemütlichen Winter macht sie sich fröhlich auf ihre Route durch Udler. Für die TV -Botin gibt es kein schlechtes Wetter - "nur schlechte Kleidung". "Dick vermummt und mit warmen Socken, kräftigen Schuhen, einem wärmenden Schal und praktischen Ohrwärmern verlasse ich dann gegen fünf Uhr in der Frühe das Haus", sagt die Hausfrau, die dann doch etwas seufzt, weil es beim "Zeitungsmarsch" durch die Dorfecken mal anstrengend bergauf und dann wieder bergab geht. 40 Volksfreunde - diese Zahl ist während ihren Jahren als Austrägerin stets konstant geblieben - bringt sie auf Schusters Rappen rechtzeitig fürs "Frühstückslesen" zu den Abonnenten. Der blaue TV -Karren mit zwei großen Vorratstaschen erleichtert der 62-Jährigen den Job.Rehe, Marder und andere Überraschungen

Dreieinhalb Kilometer marschiert die Dame so durch Udler, in einer Stunde hat sie alle Exemplare ausgetragen. Unheimlich findet es Resi Rosenkranz so früh morgens nicht allein auf den Straßen: "Udler ist ein friedlicher, beschaulicher Ort, in dem noch jeder jeden kennt." Doch das bedeutet nicht, dass die TV -Botin nichts von ihren Touren durch das Dorf zu berichten hätte: "Ein Reh hat mich mal erschrocken, als es im Morgennebel mitten im Dorf unverhofft aus einer Hecke flüchtete, um schleunigst wieder in den Wald zu kommen. Und auch Marder kreuzen oft meinen Weg - wohl auf der Suche nach schmackhaften Autoleitungen", sagt die Zeitungsfrau lachend. Auch in der "Hexennacht" hat Resi Rosenkranz schon die ein oder andere Überraschung erlebt. Die 62-Jährige bemerkte auf ihrem Rundgang, dass ein schwerer Blumentopf vor eine falsche Haustür "gehext" worden war. Ihre Kraft reichte nicht, um den Kübel an seine angestammte Stelle zu bringen. Da kam ein bierseliger Maibaumbewacher, den sie um Hilfe gebeten hatte und siehe da - Zufall oder nicht - die Pflanze gehörte doch tatsächlich dem hilfsbereiten Mann. Der konnte sein Eigentum zwar nicht mehr indentifizieren, schleppte die "verhexte" Pflanze aber trotzdem brav zu ihrem richtigen Standort. Manches hat sich in den vergangenen zehn Jahren geändert: Zeitungsgeld braucht Resi Rosenkranz am Monatsende nirgendwo mehr in bar zu kassieren. Ihre Kunden zahlen alle mit Banküberweisungen. "Eine tolle Erleichterung", findet die Botin, wird ihr doch dadurch manch vergeblicher Gang erspart. Dennoch blickt sie mit etwas Wehmut auf diese Zeit zurück: "Da wurde man aufgefordert, sich in die Familienrunde zu setzen und ein Glas Tee und dann und wann auch ein Schnäpschen mitzutrinken", erzählt die TV -Zustellerin. Doch für ihre Zeitungsfrau halten die Udlerer am Jahresende nach wie vor Blumen, Pralinen oder auch Kaffee bereit - eine kleine Anerkennung für die zuverlässige Lieferung. Von ihrem Botenlohn lädt Resi Rosenkranz jedes Jahr ihren Ehemann zu einem gemeinsamen Urlaub ein. Im vergangen Jahr war das Paar in Italien. Wenn morgens der letzte TV abgeliefert ist, wird Resi Rosenkranz traditionell zu einer Stärkung eingeladen. Bei Freundin Anneliese steht eine dampfende Tasse Morgenkaffee bereit, die besonders bei naßkalter Witterung gut tut. Meist informieren sich die beiden dann gegenseitig über die "aktuellen Neuigkeiten aus Udler, die auch der TV noch drucken konnte…" In den kommenden Wochen stellt die TV -Redaktion weitere Zeitungsboten aus der Eifel vor.

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