Wo Wehrleute zwischen Glocken hängen

Eisenach · In den Dörfern der Eifel ziehen heute wieder zahlreiche Menschen in Fronleichnamsprozessionen von Altar zu Altar. Das gilt auch für Eisenach, wo es darüber hinaus aber auch noch eine Besonderheit gibt. Denn während der Prozession hängen Männer zwischen den Kirchturmglocken und schlagen im Takt.

 Horst Trierweiler ist einer der Männer, die während der Eisenacher Fronleichnamsprozession hoch oben im Kirchturm auf die Glocken „kloppen“. Foto: TV-Archiv/Stefan Halm

Horst Trierweiler ist einer der Männer, die während der Eisenacher Fronleichnamsprozession hoch oben im Kirchturm auf die Glocken „kloppen“. Foto: TV-Archiv/Stefan Halm

Foto: Uwe Hentschel (uhe) ("TV-Upload Hentschel"

Eisenach. Dass heute wieder vier Feuerwehrmänner im Eisenacher Kirchturm verschwinden, ist Tradition. Wenngleich keiner im Dorf weiß, woher dieser Brauch eigentlich kommt. Einige in Eisenach wissen sogar noch nicht mal, dass es diesen Brauch überhaupt gibt. Was auch daran liegt, dass die Männer das mit der Glocke nicht an dieselbige hängen. Bevor die Fronleichnamsprozession von der Kirche aus startet, verschwinden sie recht unauffällig über eine Leiter im Kirchturm. Und wenn die Prozession dann zum Ende hin wieder in der Kirche eintrifft, verlassen die Männer den Turm. Und dann ist wieder alles so, als wäre nichts gewesen.
In der Zwischenzeit jedoch spielt sich im Turm etwas ab, was wahrscheinlich kreisweit, möglicherweise aber auch landes- und bundesweit einmalig ist.
Die vier Männer hängen zwar nichts an die große Glocke, doch sie schlagen drauf. Mit Holzklöppeln. Und sie schlagen auch nicht nur auf die große, sondern auch auf die mittlere und die kleine Glocke. Und das im Takt zur Prozession. Gleichmäßig werden die drei Klangkörper nacheinander geschlagen. Für jede Glocke ein Feuerwehrmann. Und der vierte Mann steht auf dem Balken über dem Geläut und blickt von dort durch die Schallschotten hinaus. Er verfolgt den Verlauf der Prozession und behält dabei einen fünften Mann im Auge. Der wiederum nimmt an der Prozession zu den drei geschmückten Altären im Dorf teil. Er positioniert sich an jedem Altar so, dass ihn der Mann hinter den Schallschotten des Kirchturms immer im Blick hat, und gibt das Zeichen, wann mit dem "Klöppeln" angefangen und wieder aufgehört wird. Und der "Gucker" im Turm gibt dieses Signal dann an die drei Männer unter ihm weiter.
In diesem Jahr ist Horst Trierweiler erneut der Mann, der Ausschau hält. Er ist vor gut 30 Jahren nach Eisenach gezogen, wurde dort Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr und besteigt nun seit ungefähr 20 Jahren zu Fronleichnam den Kirchturm. Auch er hat diesen Brauch vorher nicht gekannt. Und jetzt gehört er zu dem kleinen Kreis derjenigen, die aus Erfahrung wissen, dass das Klöppeln gar nicht so einfach ist. "Es ist ganz schön schwierig, den Takt zu halten und gleichzeitig auf die Signale des Guckers zu achten", sagt Trierweiler. "Und wir haben es auch schon gehabt, dass auf einmal völlig durcheinandergeschlagen wurde", sagt der 54-Jährige.Einst war auch Schnaps im Spiel


Früher war die Gefahr, dass so etwas passiert, wahrscheinlich noch viel größer. Denn man weiß zwar nicht, woher dieser Brauch kommt, doch gibt es Aussagen von Zeitzeugen, wonach früher die Männer nicht nur mit ihren frisch geschnitzten Holzknüppeln im Kirchturm verschwunden sind, sondern meist auch eine Flasche Schnaps dabei hatten. Ob das von Anfang an Bestandteil dieser Tradition war, weiß keiner. Inzwischen jedoch wurde der Brauch diesbezüglich etwas entschärft.

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