Wohnen wie vor 400 Jahren

Wolsfeld · Die 400 Jahre alte voll eingerichtete Küche ist interessanter als so mancher Museumsraum. Erdgeschoss und Ostflügel sind eingerichtet, der Rest befindet sich im Innern noch im Rohbau. Seit 2007 sanieren Nicole und Carlo Sente-Ligbado Schloss Wolsfeld.

Nicole Sente-Ligbado und ihr Mann Carlo bezeichnen sich als "ganz normale Leute". Trotzdem leben sie in einem Schloss. Das rührt von ihrer Liebe zu historischen Gebäuden her. Schloss Wolsfeld mit seinen Stilelementen aus der Zeitspanne zwischen Renaissance und Barock entdeckten die Luxemburger rein zufällig. 2007 kauften sie es.Eifeler Bauschätze

"Wir haben uns hier niedergelassen, weil die Bausubstanz fast 100-prozentig erhalten ist. Und weil es sehr großes Engagement im Dorf gibt, um Bausubstanz zu erhalten und dadurch die Lebensqualität zu erhöhen", erklärt das Paar, das seit Jahrzehnten denkmalgeschützte Häuser in der Region restauriert. "Es ist wichtig, dass man von der Gemeinde Unterstützung erfährt. In Wolsfeld war der Kontakt direkt da."
Seit sechs Jahren wird renoviert. "Es hört nie auf", hat Nicole Sente-Ligbado den Eindruck. Inzwischen sind das Erdgeschoss und der Ostflügel fertig, und das Ehepaar nutzt das Schloss als Zweitwohnsitz.
In der Küche vom Beginn des 17. Jahrhunderts (der Feuerbalken wurde durch eine dendrochronologische Untersuchung auf 1605 datiert) stammt jedes Detail aus längst vergangener Zeit, von den Möbeln bis zum Kochtopf. Die Spüle ist aus Stein, in greifbarer Nähe befindet sich ein sechs Meter tiefer nutzbarer Brunnen, unter dem Rauchfang hängen Kupferkessel über Ascheresten, es riecht nach Feuer.
Tatsächlich nutzen die Hausherren die Küche. "Hier wird alles benutzt." Ansonsten tricksen sie: In einer alten umgebauten Backmulde ist ein Elektroherd versteckt.
Neben der Feuerstelle demonstriert Carlo Sente-Ligbado eine echte Rarität, einen Potager, der aus zwei gemauerten Kochstellen besteht. Unter diese legte die Köchin Kohlestücke, um Speisen warm zu halten. Daneben in der Wand befindet sich der Hinterlader, der von der Küche aus befeuert wurde, um den angrenzenden Salon zu beheizen, ohne dass das Personal den Raum der Herrschaften betreten musste.
Im Wohnzimmer entdeckten die aktuellen Schlossherren einen zugemauerten Kamin und ließen ihn freilegen. Durch das Abklopfen von Wänden und mit ihrem erfahrenen Blick haben sie manche bauliche Veränderung, die die vielen Besitzer im Laufe der Jahrhunderte vornahmen, aufgespürt. Nach solchen Entdeckungen bauen sie die Räume zurück. Für das Kaminzimmer lassen sie derzeit die Wandvertäfelung rekonstruieren.
Am Tag des offenen Denkmals 2009 gab es die letzte Führung, zu der 600 Leute kamen. Nun ist das Schloss bezogen und mit Antiquitäten eingerichtet. Daher wird es keinen Tag der offenen Tür mehr geben. Wer seine Nase ins Schloss stecken möchte, kann als Feriengast ins ehemalige Kutscherhaus einziehen.Extra

Schloss Wolsfeld wurde 791 erstmals erwähnt, als das Herrenhaus zur Reichsabtei Echternach gehörte. Das heutige Schloss wurde 1605 für Wilhelm Diedrich von Enschringen und Ernst Cob von Nüdingen im Stil der Renaissance errichtet. Ende des 17. Jahrhunderts wurde das Haus zu einem barocken neunachsigen Baukörper umgestaltet. Spätere Bewohner rissen im 19. Jahrhundert den Ostflügel mit Pferdestall ab, der Westflügel wurde zum Stall umgebaut. 1950 wurde anstelle des Stalls ein turmartiger Achteckbau errichtet, der im Erdgeschoss heute als Ferienwohnung vermietet wird. 1974 wurde ein Teil des Haupthauses abgerissen und durch einen eingeschossigen Trakt ersetzt. sys

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort