"Zu klein zum Einsteigen"

SPANGDAHLEM/MEHRING. Wenn andere schon längst die Geduld verloren hätten, behält Christian Gerard immer noch die Nerven – und vor allem eine ruhige Hand. Mit viel Liebe zum Detail baut der Mehringer Flugzeuge nach. Vor allem US-Jets, die er in Spangdahlem und früher in Bitburg gesehen hat. Das brachte ihm schon viele Preise auf Ausstellungen ein.

Ganz behutsam trägt Christian Gerard die F-16CJ von der Glasvitrine seines Wohnzimmers zum Küchentisch. Mit Pinzette und Pinsel bearbeitet er die linke Tragfläche des amerikanischen Kampfjets. "Hier ist ein bisschen Staub drauf", sagt der passionierte Modellbauer entschuldigend. Mit dem kleinen Pinsel wird der sofort beseitigt. Etwa 400 Arbeitsstunden hat der 40-Jährige in die 1:48-Ausführung der verschiedenen Militärmaschinen investiert. Abschalten vom täglichen Stress

Die Bausätze für seine Modelle kauft er, doch die hätten oft gravierende Fehler: falsche Gravur, falsche Farbe, falsche Lufteinlässe. Also setzt sich Gerard jeden Abend nach der Arbeit mindestens eine Stunde an seine Flugzeuge und bastelt. "Das ist wunderbar. Dabei kann ich hervorragend abschalten. Der Stress des Tages fällt dann komplett von mir ab", erzählt der selbstständige Radio- und Fernsehtechnikermeister. Diese Liebe zum Detail hat Gerard auch schon viele Preise beschert. Erst kürzlich bei den "German Model Masters" hat er den zweiten Platz gemacht. Zahlreiche Pokale zieren sein Wohnzimmerregal. Angeben möchte er jedoch nicht mit seinen Erfolgen: "Ich habe sogar schon überlegt, die Trophäen in den Keller zu räumen." Das Interesse an Flugzeugen hat er von seinem Vater mitbekommen. "Als kleiner Junge hat mich mein Vater immer zu Flugschauen mitgenommen", erzählt Gerard. Seitdem ist er mit dem Flugzeug-Virus infiziert. Er fotografiert die Maschinen, baut sie nach und schreibt in Fachmagazinen Beiträge über sie. "Am liebsten baue ich Maschinen nach, die ich in natura bestaunen konnte", erklärt der 40-Jährige. Daher tragen viele seiner Modelle die Kennung BIT oder SP für Spangdahlem. An den Zaun der US-Air-Base stellt sich der Flugzeug-Fan hin und wieder und fotografiert die landenden oder startenden Maschinen. Doch warum haben es ihm gerade Militärmaschinen angetan? "Die reizen mich vor allem, weil sie sehr anspruchsvoll nachzubauen sind. Ich bin aber kein Militarist", erklärt Gerard seine Motivation. Bei seiner F16 hat er sich daher ganz bewusst auf eine Ausführung aus dem Jahr 2001 konzentriert. "Die F16 wird und wurde ja auch im Irak eingesetzt. Mir war es wichtig, mich davon zu distanzieren."800 bis 1000 Stunden für eine MIG 29

Oft wurde Gerard wegen seines Hobbys schon belächelt. "Das macht mir aber nichts aus. Ich bin durch mein Hobby schon viel in der Welt herumgekommen und habe viele interessante Menschen kennen gelernt", erzählt er. Um zu verdeutlichen, wie zeitintensiv seine Liebe zu Flugzeugen ist, verdeutlicht Gerard folgendermaßen: "In der Zeit, in der ich die russische MIG 29 gebaut habe, hat mein Cousin ein Haus gebaut - ein echtes." 800 bis 1000 Stunden hat er an der Maschine gearbeitet. Modellbauer haben laut Gerard oft den Ruf, etwas eigen zu sein. Ein Händler, bei dem der gebürtige Trier-Ehranger seine Modellbausätze kauft, bescheinigte ihm jedoch, dass er "noch auf dem Boden geblieben" sei. Gerards Kommentar: "Meine Modelle sind ja auch zu klein, um da einzusteigen und abzuheben."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort