PORTRÄT Zuallererst kommen die Kinder

Bitburg · Christel Jäckel hat 47 Jahre im Sonderkindergarten der Lebenshilfe gearbeitet. Sie hat die integrative Einrichtung mit aufgebaut und mitgeprägt. Ein gutes Team und Netzwerk haben ihr dabei geholfen. Heute geht sie in den Ruhestand.

 Christel Jäckel (rechts) übergibt eine Schultüte an ihre Nachfolgerin Aniko Hirschleb. Sie wird die integrative Kindertagesstätte nach den Ferien leiten.

Christel Jäckel (rechts) übergibt eine Schultüte an ihre Nachfolgerin Aniko Hirschleb. Sie wird die integrative Kindertagesstätte nach den Ferien leiten.

Foto: Christina Bents

Lebensfroh, voller Energie und das Beste aus einer Situation machen. So begegnet Christel Jäckel Menschen. Damit nimmt sie vielen schwierigen Gesprächen die Spannung.

Die Leiterin der integrativen Kindertagesstätte Bitburg geht am Freitag, 14. Juni, offiziell in den Ruhestand. Sie hat in ihren 47 Jahren bei der Lebenshilfe auch schon einiges erlebt, so dass sie schon schnell nichts aus der Bahn wirft.Ihre Ausbildung hat sie in Trier in der katholischen Fachschule für Sozialwesen gemacht und in einem Kölner Kinderheim ihr Anerkennungsjahr. Sie berichtet: „Damals waren wir mit unseren Kindern oft im Schwimmbad, indem auch einige Contagangeschädigte Kinder waren. Diese Kinder haben mich berührt mit ihren Anstrengungen, mit unseren Kindern mitzuhalten und wie wenig ihnen diese ausgemacht haben.“

Als sie die Ausbildung abgeschlossen hatte, war die Lebenshilfe unter der Leitung des damaligen ehrenamtlichen Geschäftsführers Toni Schmitt gerade dabei, einen Kindergarten zu eröffnen. Den Bedarf dafür sah man an der 1969 eröffneten Sonderschule für geistig Behinderte, an der Helmut Jänen Leiter war. Schließlich war schon einiges vorbereitet, als die Bewerberin für die Leitung des Kindergartens absagen musste, und Toni Schmitt kam auf sie zu.

Sie sagte zu, und gemeinsam mit Maria Steffen konnte sie in zwei top eingerichteten Gruppen starten mit fünf geistig und mehrfach Behinderten starten. „Wir hatten damals sehr viel Unterstützung, konnten bei Herrn Jänen fragen, die Leitung der Lebenshilfe war für uns da, und von Anfang an hat auch die Zusammenarbeit mit dem Gesundheits- und Jugendamt und den anderen Institutionen der Stadt gut funktioniert.“ Es gab auch zu den Kitas in der Stadt guten Kontakt. Mit dem Kindergarten Liebfrauen gab es eine feste Spielgruppe.

„Mal sind wir zu Liebfrauen, mal sind sie zu uns gekommen. Das war sehr schön, und beide Seiten haben davon profitiert“, berichtet Jäckel. Weiter sagt sie: „Für die Einrichtung war von Anfang an das Gefühl da ,Wir gehören dazu’ und daraus hat sich die Idee eines Integrativen Kindergartens entwickelt.“ Heute sind im Kindergarten 34 Kinder mit speziellem Förderbedarf –  geistig, körperlich, sozial oder mehrfach –  20 Regelkinder und acht Krippenkinder, davon eines beeinträchtigt.

Der Umgang mit beeinträchtigten Menschen hat sich, so ist Jäckels Wahrnehmung, sehr zum Positiven entwickelt. „Sie gehören heute mit dazu. Früher gab es sehr merkwürdige Vorstellungen, wie man mit behinderten Kindern umgehen müsse, aber zuallererst sind es einmal Kinder und so geht man auch mit ihnen um“, sagt die Pädagogin nachdrücklich.

Manchmal waren es noch die Großeltern, die ihre Kinder nicht verstanden haben, warum sie ihr gesundes Kind in einem integrativen Kindergarten schicken wollten. „Ich fragte sie dann: Wovor habt ihr Angst? Ich führte sie dann herum und schnell merkt man, wie sie lockerer wurden.“ In die Öffentlichkeit gehen, Feste feiern und Gruppen zu sich einladen, das hat viel dazu beigetragen, dass die Einrichtung ganz selbstverständlich dazugehört.

Gelernt hat Jäckel im Laufe ihres Berufslebens, Grenzen zu respektieren. „Am Anfang habe ich nur das Kind gesehen, habe für die Eltern Therapiepläne und Übungen aufgeschrieben, die diese oft in ihrem Alltag mit Landwirtschaft, weiteren Kindern und Verpflichtungen einfach nicht leisten konnten. Deshalb sehe ich jetzt die gesamte Familie.“ Viel Fingerspitzengefühl sei gefragt bei der Arbeit mit den Eltern, um ihnen zu helfen, das Schicksal des Kindes anzunehmen. „Man muss sehen, in welcher Phase sich die Eltern befinden. Und man muss ehrlich sein.“ Daneben hat die Leiterin, die in ihrer Freizeit gerne liest und verreist, immer Wert auf Qualität gelegt. „Man muss sich und das Team ständig Fort- und Weiterbilden, das wurde auch immer von der Lebenshilfe unterstützt.“

Fehlen wird ihrer Nachfolgerin Aniko Hirschleb und dem Team vor allem ihre Erfahrung. „Es wird eine Herausforderung, ein so professionelles Team, wie wir es hier haben, zu erhalten, weil in den kommenden Jahren weitere erfahrene Kräfte gehen.“ Damit das gelingt, will sie das Team pflegen und wertschätzen. Zudem möchte sie die Kita weiter modernisieren und ins digitale Zeitalter führen.

Die Verabschiedung von Christel Jäckel und die Einführung von Aniko Hirschleb finden am Freitag, 14. Juni, um 10 Uhr in der Turnhalle der St.-Martin-Schule statt.

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