Zwei Brüder auf historischer Mission in Ütfeld-Binscheid

Üttfeld-Binscheid · Hans und Albert Kandels haben ein Buch über den Üttfelder Ortsteil Binscheid geschrieben. Keine reine Chronik, sondern ein Werk voller Geschichten. Am Sonntag, 28. Mai, stellen sie es im Gemeindehaus vor.

 Gesucht, gesammelt, geschrieben: Die Binscheid-Buchautoren Hans (links) und Albert Kandels. Foto: Andreas Cohrs

Gesucht, gesammelt, geschrieben: Die Binscheid-Buchautoren Hans (links) und Albert Kandels. Foto: Andreas Cohrs

Foto: (e_pruem )

Da wäre zum Beispiel der Pastor Alexander Lauer: Ein Vierteljahrhundert lang leitete er die Geschicke seiner Pfarrei, als letzter amtlicher Gottesmann in Binscheid und bekannt als streng konservativer "Här". Ein Pastor, der sich auch als - erfolgloser - Heiratsvermittler betätigte, um andererseits den bereits Verehelichten in seinem Sprengel zu raten, abends im Schlafzimmer ruckzuck das Licht zu löschen: damit da bloß nichts Unerhörtes passiert, das über die reine, reproduktive Pflichterfüllung hinausgehen könnte.

Diese und viele andere Geschichten haben zwei Männer aufgeschrieben, die aus Binscheid stammen, ihr Dorf aber schon lange verlassen haben: Hans und Albert Kandels, 1934 und 1943 geboren. Hans lernte in Prüm Maschinenbauer, wurde später Entwicklungshelfer und war 25 Jahre lang in der Welt unterwegs.

Heute lebt er im niederrheinischen Kempen. Bruder Albert wurde Elektromeister und betreut seit seiner Pensionierung das Heimatmuseum in seinem Wohnort Stommeln, einem Stadtteil von Pulheim.
Ihrer Heimat aber blieben sie verbunden - vor einigen Jahren bereits organisierten sie den Üttfelder "Erzähl-Nachmittag" (der TV berichtete), es waren wunderschöne Stunden voller Eifeler Geschichten, Lieder und Gedichte.
Jetzt haben sie das alles in ein Buch gepackt. Einen freut das ganz besonders, nämlich den Ortsbürgermeister: "Die haben da über Jahre Arbeit reingesteckt und viele Leute befragt", sagt Horst Zils.

Und so kamen etliche Anekdoten zusammen, etwa über den letzten Binscheider Mühlenbesitzer Peter Becker, dazu eine, sagt Albert Kandels, "sehr umfangreiche" Chronik der Schule und vieles, vieles mehr.

Es sei ihnen darum gegangen, schreiben die Brüder, "etwas Bleibendes über die Geschichte und die Bewohner des Pfarrorts Binscheid mit seinen Filialorten zu schaffen". Während ihrer Recherche redeten sie mit Bürgern, stöberten in Archiven, in etlichen "von Hand geschriebenen Schätzen" und fanden Geschichten von Vereinsleben und Schmuggel, zur Entwicklung der Landwirtschaft "vom Ochsen- über das Pferdegespann hin zu den heutigen Großbetrieben", über Kindererziehung und Großfamilien, von Mägden und Knechten, Bau- und Kulturdenkmälern - und Gedichte.

Noch einmal zurück zum früheren Pastor Lauer, der gelegentlich auch die Dorfjugend heimsuchte, wenn die es wieder einmal mit dem Feiern zu bunt trieb: "Den Här as do", tuschelte es dann durch den Saal. Nach seinem goldenen Priesterjubiläum, heißt es im Buch, "arbeitete der Seelenmann einfach weiter, bis Trier eines Tages reagierte". Das Bistum verfügte, er möge doch in den verdienten Ruhestand gehen. Lauer aber wollte "noch den kleinen Trupp von Kommunionkindern an den Tisch des Herrn führen und dann am 1. Oktober sein Amt niederlegen." Es kam ein bisschen anders: Am Kommunionstag, sagt Albert Kandels, "wurde er beerdigt". Dennoch: Präziser, heißt es dazu im Buch, "kann man als Mensch nicht planen".Die Autoren präsentieren ihr Buch ("Binscheid im Mannertal - Eine historische Reise in die Westeifel") am Sonntag, 28. Mai, 15 Uhr, im Binscheider Dorfgemeinschaftshaus. Preis: 25 Euro. Mit dabei ist der Kirchenchor, drumherum gibt's Kaffee und Kuchen.Extra: ALS ES IN DER EIFEL NOCH DINGEMÄRKTE GAB

 Zwei vierbeinige Binscheider vor Dorfkulisse. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Zwei vierbeinige Binscheider vor Dorfkulisse. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

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Bis etwa ins Jahr 1960, schreiben die Autoren, war es üblich, dass Schulabgänger sich bei den sogenannten Dingemärkten (von "verdingen") in Prüm, Neuerburg oder Daleiden "bei den Bauern als Magd oder Knecht bewarben. Nur wenige erlernten einen Beruf, der meist mit einem Ortswechsel verbunden war" und für den man die Heimat habe verlassen müssen. Die Dingemärkte "waren das Podium, bei dem der Bauer und der Bub oder das Mädel sich kennenlernten und den Preis für ihre Dienste festlegten. Mit Kost und Logis ausgestattet, handelte man einen monatlichen Geldbetrag aus, der aber sehr oft im Elternhause abgegeben werden musste. Der Lohn war auch abhängig vom Alter, Erfahrung und der Stärke, das heißt von der körperlichen Verfassung des Bewerbers."

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