Zwei Männer rauben Gehbehinderten in Speicher aus: Amtsgericht Bitburg verhängt Freiheitsstrafen

Speicher/Bitburg · Ein leichtes Opfer: Zwei Männer haben in Speicher einen Gehbehinderten brutal ausgeraubt. Sie stießen ihn zu Boden und stahlen 1500 Euro aus seinem Geldbeutel. Das Amtsgericht Bitburg verhängt Freiheitsstrafen.

Seinen Vater habe er im Alter von 21 Jahren zum ersten Mal im Gefängnis kennengelernt, sagt ein 33-jähriger Angeklagter, der am Dienstag auf der Anklagebank im Amtsgericht Bitburg sitzt. "Ich war in der Jugendstrafanstalt Wittlich und er in der Justizvollzugsanstalt ", erzählt er. Sein Stiefvater, sagt er weiter, habe ihn schon im Alter von acht Jahren mit auf Diebestour genommen. "Ich musste immer Schmiere stehen." Der 33-Jährige, der wegen Diebstählen und Körperverletzungen bereits mehrere Jahre hinter Gittern verbracht hat, ist gemeinsam mit seinem 36-jährigen Bekannten angeklagt. Die beiden Männer aus dem Eifelkreis haben im Januar diesen Jahres in Speicher auf offener Straße einen gehbehinderten Mann brutal ausgeraubt. Der mit 15 Bundeszentralregistereinträgen einschlägig vorbestrafte 33-Jährige muss sich zudem noch wegen anderer Delikte verantworten.

Tatort: Bereits am Vormittag schlug der 36-Jährige am 4. Januar 2016 in einer Gaststätte in Speicher auf, um dort an einem Glücksspielautomaten seine Hartz-IV-Bezüge zu verzocken. Dazu genoss er einiges an Bier und auch Longdrinks wie Wodka/Red Bull. Später stieß sein ebenfalls arbeitsloser Bekannter dazu. Die Zecherei ging weiter. Am Abend betrat ein weiterer Gast, der durch seine Beinamputation und Prothese stark gehbehindert ist, das Lokal. Auch dieser Kunde nahm vor einem Glücksspielautomaten Platz. Nur Glück sollte er an diesem Abend nicht haben. Denn die beiden mittlerweile stark alkoholisierten Männer am Automaten nebenan verfolgten ihn später auf dem Nachhauseweg durch die dunklen Gassen der Eifelstadt.

Raub: "Plötzlich hat mich einer von hinten umgestoßen", sagt er im Zeugenstand. Sofort erkannte er die beiden Männer aus der Gaststätte wieder. "Die haben mich umgestoßen, getreten und geschlagen", sagt der Verfolgte, der aufgrund seiner Behinderung keine Chance hatte zu fliehen. Er sei von einem der Angreifer, die es auf seine Geldbörse abgesehen hatten, auch gewürgt worden, was bei ihm einen Asthmaanfall ausgelöst habe. Er musste nach dem Raubüberfall, bei dem die beiden Täter 1500 Euro aus seiner Geldbörse stahlen, vier Tage im Krankenhaus behandelt werden. Die Prellungen an Brust und Rücken sind mittlerweile verheilt. Doch die Angst, sagt er, die stecke ihm noch immer in den Knochen.

Plädoyers: "Sie wussten: Er kann wegen seiner Gehbehinderung nicht fliehen", wirft Staatsanwältin Carolin Heister den beiden Angeklagten vor. "Das macht die Tat besonders schlimm." Heister fordert für den vorbestraften 33-Jährigen deshalb eine Freiheitsstrafe von drei Jahren. Für weitere Delikte, die er begangen hat und die in einem Aufwasch mitverhandelt werden, fordert sie weitere 18 Monate Freiheitsstrafe. Im Herbst 2015 hatte er in einer Trierer Diskothek einem Mann ins Gesicht geschlagen.
Im Frühjahr war er in vier Vereinsheime in Speicher eingebrochen, wobei er Tausende Euro Sachschaden angerichtet, aber nur 25 Euro erbeutet hat. Für seinen Mandanten fordert Rechtsanwalt Markus Herzog kein geringeres Strafmaß, sondern nur, "dass er so schnell wie möglich in Therapie kommt". Denn wie die psychiatrische Gutachterin Anette Korte vor Gericht sagt, hat der 33-Jährige seit vielen Jahren Alkohol- und Drogenprobleme, "die bereits stark sein Gehirn geschädigt haben." Deshalb sei bei ihm von einer verminderten Schuldfähigkeit auszugehen, betont Korte. Für den 36-jährigen Mitangeklagten, der drei Vorstrafen verbüßt hat, fordert Heister ein Jahr und zehn Monate Freiheitsstrafe.

Urteil: Das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Udo May folgt mit seinem Urteil in großen Teilen dem Plädoyer der Staatsanwältin. Doch einen Teil der Strafe - mindestens zwei Jahre - soll der 33-Jährige in einer "Besserungsanstalt" verbringen, wo seine Drogen- und Alkoholabhängigkeit therapiert werden soll. Der Mitangeklagte kommt mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die auf Bewährung ausgesetzt wird, davon.

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