Geschichte Unterwegs in historischer Mission

Trier/Bitburg/Jünkerath · Ein keltischer Kaufmann und zwei Römer wandern auf der Route der früheren Via Agrippa von Trier bis nach Zülpich. Auf ihrem Weg durch die Eifel wollen sie erfahren, wie sich Reisen vor 2000 Jahren angefühlt hat und ob sich ein touristischer Ausbau der Strecke lohnen würde. 

 Ein Kelte, umgeben von zwei Römern: Johannes Thömmes (von links), Christian Havenith und Philipp Kampfmann versuchen, den Streckenverlauf der antiken Via Agrippa nachzuwandern.

Ein Kelte, umgeben von zwei Römern: Johannes Thömmes (von links), Christian Havenith und Philipp Kampfmann versuchen, den Streckenverlauf der antiken Via Agrippa nachzuwandern.

Foto: TV/Nathalie Hartl

Wer in der Eifel unterwegs ist, könnte den Weg dreier Wandersmänner in keltischer und römischer Tracht kreuzen. Denn drei Geschichtsbegeisterte laufen acht Tage lang von Trier nach Köln.

Wie die Reise vieler Geschäftsleute in der Antike, beginnt auch ihr Weg auf der Trierer Römerbrücke. Wer sich von Augusta Treverorum aus auf Wanderschaft begab, warf eine Gold- oder Silbermünze in die Mosel, um die Götter milde zu stimmen. „Viele Menschen sind früher bei niedrigem Wasserpegel ans Ufer gelaufen und haben die Schätze herausgefischt“, sagt Christian Havenith. Die Münzen hätten sie dann geschmolzen und beispielsweise Eheringe daraus gefertigt. Statt Geld opfern die drei Geschichtsbegeisterten Keltenkringel, Gebäck nach historischem Rezept. Havenith, der in die Tracht eines Kelten zwischen 100 und 200 nach Christus gehüllt ist, bricht den Keks, dessen Rezept von einem Gräberfund aus dem Hunsrück inspiriert ist, entzwei: „Eine Hälfte für die Götter, eine Hälfte für die Schnüss.“ Der halbe Kringel landet im Fluss und gibt den Startschuss für die Tour in acht Etappen (siehe Info).

Vorbei an Autos, Leuchtreklamen und Stromleitungen marschieren die drei Männer, die in ihren handgefertigten Trachten aussehen wie aus der Zeit gefallen. Vor Hunderten von Jahren wären die Gewandeten zwischen Pferdewagen und Tempel­anlagen in den Menschenmassen untergegangen. Kein Wunder, denn die keltischen und römischen Verkleidungen gehen von Kopf bis Fuß und sind so nah wie möglich am Original. Sogar bis zur Unterhose reicht das Kostüm vom keltischen Händler Maturix, der unter seiner Leinentunika einen Lendenschurz trägt. Neben dem Proviant hat er – wie es sich für einen Kaufmann gehört – auch eine Ware im Gepäck: österreichisches Salz, das er von einer Keltengruppe erhalten hat. Bis nach Nordrhein-Westfalen will er die groben Körner tragen. Gesellschaft leisten ihm die beiden Römer Philipp Kampfmann und Johannes Thömmes, die dem Verein Vigilia Romana Vindriacum aus Wintrich (Landkreis Bernkastel-Wittlich) angehören. Aber ist das überhaupt realistisch? Ein Kelte, der friedlich mit zwei Südländern über die Via Agrippa marschiert? „Auf jeden Fall“, meint Havenith. Denn in Trier mischten sich früher verschiedene Völker. „Die Kelten waren stark romanisiert.“

Während die Kostüme der Drei „möglichst authentisch“ aussehen und sich an Grabungsfunden orientieren, ist die Infrastruktur von damals nicht mehr gegeben.  Die Römerstraße verlief in Teilen da, wo heute täglich tausende Autos über die B 51 rauschen. An anderen Stellen der damaligen Fernstraße ist Jahrhunderte später Stille eingekehrt. Vor allem in Rheinland-Pfalz sei die Via Agrippa touristisch kaum aufbereitet, meint Havenith. Entsprechend schwierig gestaltete sich in der ländlichen Gegend auch die Suche nach geeigneten Tavernen und Unterkünften. Die Menschen in der Antike hatten es da einfacher. Denn die Römer hatten entlang der geradlinigen Route viele Stops eingerichtet. „Das war richtig effizient.“  In regelmäßigen Etappen fanden die Reisenden Mansiones, Herbergen, in denen sie essen und nächtigen konnten –  „ein Rundum-Sorglos-Paket.“

Im Jahr 2018 gehört mehr Planung zu der Tour. Statt einer schnurgeraden Trasse müssen die Männer an einigen Stellen auf verschlungene Waldwege ausweichen. Auf ihrer Wanderung möchten die Historik-Enthusiasten herausfinden, ob die Strecke Potenzial für den Fremdenverkehr bieten würde. Dazu stehen sie in engem Kontakt mit den Touristikern, die sie auf der Reise unterstützen. In Nordrhein-Westfalen werbe man bereits mit der Römerstraße und es gebe in vielen Orten Einkehrmöglichkeiten, Infotafeln und Markierungen. Unter dem Titel „Erlebnisraum Römerstraße“ wird das Ganze vermarktet. Auf dem rheinland-pfälzischen Abschnitt sei das bislang anders. „Es wurde schon darüber nachgedacht, hier ein Projekt zu starten“, sagt Uschi Hallet, Stellvertretende Geschäftsführerin der Tourist-Information Bitburger Land. Bislang gebe es aber noch kein Konzept.

Mit dem über 100 Kilometer langen Marsch verfolgen die Drei jedoch noch andere Ziele. Sie möchten erfahren, wie es sich für Römer und Kelten anfühlte, zu reisen. Normaler­weise treffen sich die historischen Darsteller am Wochenende und genießen das Lagerleben bei guter Verpflegung, wie Kampfmann erzählt. Die Tour über die Via Agrippa ist dagegen ein Abenteuer. „Man merkt, auf welche Dinge man verzichten kann und auf welche nicht.“ In den mit Nägeln beschlagenen Schuhen des Römers befinden sich zum Beispiel Geleinlagen und auf die Brille zu verzichten, kommt auch nicht in Frage. „Bei so einer Tour lernt man viel über sich selbst“, sagt Havenith. Es ist nicht das erste Mal, dass er verkleidet durchs Land zieht. Im vergangenen Jahr ist er bereits bei strömendem Regen über den Ausoniusweg von Bingen über Wintrich bis Trier gepilgert.

Diesmal macht der Truppe nicht die Nässe, sondern die Hitze zu schaffen. Außerdem erweist sich das historische Schuhwerk nur als bedingt wandertauglich. Als die Gruppe in Bitburg ankommt, sind die Füße der Männer mit Blasen übersät. „Der Asphalt fühlt sich wie Lava an“, sagt Havenith. Doch die Strapazen lohnen sich, denn die Männer haben in der Nähe des Jugendhilfezentrums Don Bosco Helenenberg einen archäologischen Fund gemacht: einen Ziegel und Schlackereste von Eisen, die die Männer den Römern zuordnen, haben sie auf einem Acker entdeckt. „Eventuell stand dort einmal eine kleine Villa Rustica“, sagt Kampfmann. Die Spuren, die man noch in der Erde finde, würden einen typisch römischen  Grundriss zeigen. „Wir wollen das aufbereiten und dem Landesmuseum in Trier melden“, meint Havenith.

Nach dem kurzen Zwischenstopp in Bitburg, wo die Gruppe in der Tourist-Information Wandergeschichten gegen Proviant eingetauscht hat, geht es weiter Richtung Norden. „Heute verlassen wir die Zivilisation“ – und damit auch den Parallelweg zur B 51. Es sei schwer gewesen, in der Gegend eine Unterkunft zu finden. Deswegen kehren die Römer und der Kelte nach der Tagesetappe nach Neidenbach wieder in die Pilgerherberge Casa de Peregrinos in Speicher zurück.

 In Lederlatschen statt Wanderschuhen geht es durch die Eifel.

In Lederlatschen statt Wanderschuhen geht es durch die Eifel.

Foto: TV/Nathalie Hartl

Der Marsch in historischer Mission geht weiter. Noch bis Dienstag ist die Truppe unterwegs. Eins kann Havenith aber schon jetzt über die Eifel sagen: „Die Landschaft bietet viele tolle Anblicke und manche Bauernhöfe wirken aus der Ferne wie römische Landgüter.“ Eine kleine Zeitreise sei das.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort