Zweifelhafte Politikerreisen - Disziplinarverfahren gegen Speicherer Bürgermeister eingeleitet

Speicher · Die Kommunalaufsicht Bitburg-Prüm leitet ein Disziplinarverfahren gegen Rudolf Becker (CDU), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Speicher, ein. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt. Becker soll Geld der Volkshochschule für Politikerreisen nach Rom und London veruntreut haben. Mitarbeiter hat er für diese Reisen offenbar freigestellt.

 Rudolf Becker (CDU), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Speicher. TV-Foto: Archiv

Rudolf Becker (CDU), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Speicher. TV-Foto: Archiv

Mindestens sechs Wochen wird es nach Einschätzung von Oberstaatsanwalt Ingo Hromada dauern, bis feststeht, ob sich der Verdacht gegen Rudolf Becker (CDU), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Speicher, erhärtet.

Ein Anfangsverdacht: Die Trierer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den 66-Jährigen wegen des Anfangsverdachts auf Untreue, seit bekannt ist, dass Becker Politiker-Reisen organisiert hat, die zum Teil über die Volkshochschule Speicher finanziert wurden. Der Bürgermeister hatte zu mehrtägigen Fahrten nach Rom (2012) und London (2013) eingeladen, an denen neben ihm und seiner Frau leitende Verwaltungsangestellte, Ortsbürgermeister, Beigeordnete und deren Ehefrauen teilgenommen haben. Finanziert wurden diese Reisen zum einen über einen Eigenanteil (350 Euro), den die Teilnehmer im Voraus bezahlten. Und zum anderen über die Speicherer Volkshochschule (VHS).

Erst als bei einer unerwarteten Buchprüfung in der übergeordneten Kreisvolkshochschule auffiel, dass rund 9500 Euro in der VHS-Kasse fehlen, zahlte Becker das Geld - wie er selbst sagt - aus eigener Tasche zurück (der TV berichtete). Das mögliche Strafmaß für Untreue liegt zwischen einer Geldbuße und bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug.

Ein weiterer Vorwurf: Nach TV-Informationen mussten die Verwaltungsangestellten, die an den Reisen teilgenommen haben, dafür keinen Urlaub nehmen. Aus gut informierter Quelle heißt es, sie seien freigestellt worden und das habe verwaltungsintern bereits damals zu Diskussionen geführt. Neben dem Büroleiter soll auch der für Finanzen und Haushaltsplanung zuständige Mitarbeiter der Verbandsgemeindeverwaltung in London dabei gewesen sein. Becker äußert sich zu alledem mit Verweis auf die Ermittlungen nicht. Und der Büroleiter teilt mit, ihm liege "keine Aussagegenehmigung des Bürgermeisters vor".

Ein Disziplinarverfahren: Die Kommunalaufsicht des Eifelkreises Bitburg-Prüm wird von Amts wegen ein Disziplinarverfahren gegen Becker einleiten. Bis zum Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, denen Vorrang einzuräumen sei, ruhe das Verfahren jedoch, teilt die Kreisverwaltung mit. Laut Landesdisziplinargesetz reichen mögliche Maßnahmen vom Verweis über eine Geldbuße, die Kürzung der Dienstbezüge und eine Zurückstufung bis hin zur Entfernung aus dem Dienst.

Die Ermittlungen überschatten das Ende von Beckers Karriere. Bereits vor einigen Monaten hatte der bis 2017 gewählte Bürgermeister seinen Rücktritt angekündigt. Im Juli geht er in Ruhestand.

Die SPD in der Verbandsgemeinde Speicher distanziert sich von den Vorkommnissen. "Weder Mandatsträger noch SPD-Mitglieder haben an diesen Reisen teilgenommen", sagt Fraktionssprecher Oswald Krumeich. Seine Fraktion im Verbandsgemeinderat habe Bürgermeister Becker aufgefordert, schriftlich Auskunft zu den Reisen zu erteilen. "Wir können uns nicht erklären, warum diese Reisen nicht öffentlich bekannt gemacht wurden und warum nur ein erlesener Kreis ausgewählter Mitarbeiter und Politiker teilnehmen durfte", sagt Krumeich. Die Volkshochschulen müssten Bildungsreisen allen Bürgern öffentlich anbieten - zumal sie zum großen Teil aus Steuermitteln finanziert würden. kah

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