Familie 24-Stunden-Tagespflege für Kinder in Bitburg ist eingezogen

Bitburg · Für Kinder gibt es ein neues, inklusives Betreuungsangebot in Bitburg. Das Besondere: Das Personal kümmert sich je nach Wunsch Tag und Nacht um die Kleinen.

 Kinder in der Bitburger Tagespflege haben nachmittags viele Möglichkeiten. Sie können tanzen, basteln oder musizieren. Auch wer selbst nicht im Orchester spielt, kann als Zuschauer bei einer Probe vorbeischauen.

Kinder in der Bitburger Tagespflege haben nachmittags viele Möglichkeiten. Sie können tanzen, basteln oder musizieren. Auch wer selbst nicht im Orchester spielt, kann als Zuschauer bei einer Probe vorbeischauen.

Foto: TV/Nathalie Hartl

Ein paar Matratzen sind kreuz und quer über den Boden eines Spielzimmers verteilt. Drei Kinder lachen, toben und springen auf den Polstern, denn nach Schule, Mittagessen und Hausaufgaben ist der Bewegungsdrang groß. Agathe Batteaux, eine Frau mit grauen Haaren und wachen Augen beobachtet das Trio.  Fast könnte man meinen, dass eine Mutter ihrem Nachwuchs beim Spielen zusieht, aber die drei Kinder stammen alle aus unterschiedlichen Familien, in die sie am Abend wieder zurückkehren werden. Wann ihre Eltern sie abholen, ist individuell geregelt. Tagesmutter Batteaux und ihre Kollegen sind flexibel und auch dann im Dienst, wenn in anderen Kitas längst die Läden heruntergelassen haben.

Seit November gibt es die inklusive 24-Stunden-Tagespflege in der alten Kaserne in der Maria-Kundenreich-Straße in Bitburg. Betreiber ist die Stiftung des Beda-Instituts für Europäische Kulturbildung, die im selben Gebäude auch eine Schauspiel- und Musikschule, eine Jugendkunstschule und eine Tanzakademie unterhält. Geplant war zunächst, in den sanierten Räumlichkeiten, die das Institut angemietet hat, eine Kindertagestätte zu eröffnen (der TV berichtete).

Warum es anders gekommen ist, erklärt Ingeborg Trappe-Butzbach, die Vorstandsvorsitzende des Beda-Instituts: „Die rechtlichen Vorlagen für die Tagespflege sind anders als die für Kindertagesstätten und passen besser zu unserem Konzept.“ Das sieht vor, Eltern die Möglichkeit zu geben, sich ihren Arbeitszeiten flexibel anzupassen. Zwischen zweieinhalb und dreizehn Jahren sind die Kinder, die derzeit anmeldet sind. Da die Tagespflege inklusiv ist, verbringen Jungen und Mädchen mit und ohne Behinderung die Zeit gemeinsam.

„Die Anzahl der Anmeldungen steigt fast mit jedem Tag“, sagt Trappe-Butzbach. Inzwischen besuchen 15 Kinder die Tagespflege, wobei nie alle zur gleichen Zeit in den Wohnungen sind. Tagesmütter oder -väter kümmern sich immer nur um fünf Kinder gleichzeitig.

Bis Sommer sollen angesichts der hohen Nachfrage neue Plätze geschaffen werden und insgesamt 40 Kinder stundenweise von sechs Betreuern in der alten Kaserne umsorgt werden.

Dabei verbringen die Schützlinge nicht den ganzen Tag in der Wohnung mit ihrer Tagesmutter oder ihrem Tagesvater. Sie können bei schönem Wetter raus in den Garten oder sich in der Kaserne umsehen. Ein paar Schritte weiter haben sie die Gelegenheit, ihren Hobbys nachzugehen. Zwei Kinder aus Agathe Bateaux’ Gruppe besuchen zum Beispiel ein Orchester, das in der ehemaligen Truppenunterkunft probt.

Zwischen bunten Malereien und hunderten Farbtuben wird im Takt gestrichen, geflötet und gezupft. Der neunjährigen Dalil hat noch nie mit seiner Gitarre in einem Orchester gespielt. Im Rahmen der Tagespflege nimmt er nun an dem Projekt teil. „Es ist schön, gemeinsam Musik zu machen“, sagt der Schüler. Hinter den Cellisten hat sich Publikum versammelt, denn die Kleinen die eben noch auf den Polstern tobten, haben sich in den Werkraum zu den Orchesterleuten gesellt.

„Die Kinder dürfen sich aussuchen, an was sie teilnehmen möchten“, sagt Trappe-Butzbach. Möglichkeiten gibt es genug: Tanz, Ballett, Musikunterricht, Kunst.

Das Angebot werde vorwiegend von Alleinerziehenden genutzt, deren Arbeitszeiten so liegen, dass sie auf eine besonders flexible Betreuung angewiesen sind, die Kita-Angebote im Umkreis nicht bieten. „Die Kinder sollen hier glücklich sein.“ Im Lauf der Zeit entstehe „ein sehr intensives Verhältnis“ zwischen Kindern und Leihmüttern oder -vätern. „Richtige Eltern können sie aber nicht ersetzen.“ Daher sei es wichtig, einen intensiven Dialog zu pflegen.

Die vom Jugendamt genehmigte Tagespflege kostet Eltern, die ihr Kind werktags für acht Stunden abgeben, 550 Euro pro Monat.

Ob die Jungen und Mädchen übernachten und frühstücken oder erst nach der Schule kommen, ist egal.

„Dass neue, flexible Angebote benötigt werden, liegt am gesellschaftlichen System“, sagt Trappe-Butzbach. Daher habe die Stiftung des Beda-Instituts in die Tagespflege investiert.

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