Amerikanischer Kürbis verdrängt Eifeler Rübe

Bitburg · Lange bevor böse grinsende Kürbisse das europäische Festland eroberten, setzten die Menschen hierzulande auf Runkelrüben. Als "Trouliechter" wurden die ausgehöhlten Rummeln vor den Häusern platziert, um so die bösen Geister zu vertreiben. Heute findet man die Rübenfratzen in der Eifel nur noch selten.

Bitburg. Der Widerstand ist mittlerweile so aufgeweicht wie ein Kürbis zum Ende seiner Dienstzeit. Gegen die starke Lobby der amerikanischen Fruchtfratzen waren die Eifeler mit ihren Runkelrüben im Grunde von Anfang an machtlos. Die Marketingstrategie des Konkurrenten war einfach besser. Viele Erwachsene, die sich anfangs noch sträubten, haben sich mittlerweile damit abgefunden. Und für die Kinder ist es ohnehin eine Selbstverständlichkeit, die Sache mit dem Kürbis.
Früher war das anders. Einige sagen, dass früher ohnehin alles besser war, wobei das im Bezug auf den Kürbis nicht stimmt. Denn der diente - ausgehöhlt und von innen beleuchtet - dazu, böse Geister zu vertreiben. Heute hat man da ganz andere Möglichkeiten. "Ohne Krankenversicherung war es für die Menschen damals die einzige Möglichkeit", sagt Burkhard Kaufmann, Leiter des Bitburger Kreismuseums. "Das Böse konnte nur mit dem Bösen vertrieben werden", fügt er hinzu. Die Amerikaner hatten dafür ihren Kürbis, die Menschen diesseits des Atlantiks ihre Runkelrübe.
Angesichts des amerikanischen Gesundheitssystems ist es nachvollziehbar, dass dort viele Menschen nach wie vor auf den Kürbis setzen. Der Rückzug der Runkelrübe hat hierzulande allerdings weniger gesundheitspolitische Gründe, sondern hängt vielmehr mit dem Strukturwandel in der Landwirtschaft zusammen. So gibt es in der Eifel kaum noch Landwirte, die Futterrüben anbauen.
Vor gut 30 Jahren war das noch anders. Damals wurde mit den Rummeln das Vieh gefüttert. Und bevor die Rüben aus betriebswirtschaftlichen Gründen von den Speiseplänen verschwanden, wurden jedes Jahr Anfang November einige Exemplare als so genannte "Trouliechter" eingesetzt. Übersetzt sind Trouliechter so etwas wie Irrlichter, und gemeint sind damit die armen Seelen, die keine Ruhe finden und deshalb umherirren. Um sich diese Geister vom Leib zu halten, sind die Lebenden dazu übergegangen, selbst Irrlichter aufzustellen.
Kürbis und Rübe dienten ursprünglich dem gleichen Zweck, haben aber auch die gleichen Wurzeln. Denn der Halloween-Brauch wurde zwar in den USA kommerzialisiert, stammt aber ursprünglich aus Irland. Der Sage nach soll ein irischer Trunkenbold den Teufel mehrfach übers Ohr gehauen haben, so dass der Gehörnte dem Iren nach dessen Ableben schließlich den Zutritt zur Hölle verweigerte. Stattdessen gab er dem toten Trinker ein glühendes Stück Kohle und schickte ihn damit in die Finsternis. Um sich nicht die Finger zu verbrennen, höhlte der Ire schließlich eine Rübe aus, die ihm dann mit der Glut im Inneren als Lampe diente.
Dass der Verstoßene eine Rübe wählte, liegt schlichtweg daran, dass auch in Irland eher Rüben angebaut wurden. In den USA hingegen gab es ausreichend Kürbisse, so
dass dort irgendwann jemand auf die Idee kam, die bösen Geister einfach damit zu vertreiben.

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