Bitburg Rentner wegen fahrlässiger Tötung verurteilt

Bitburg · Knapp zwei Jahre nach dem Tod eines Radfahrers bei Neuheilenbach steht ein 67-jähriger Autofahrer vor dem Amtsgericht Bitburg.

 Kurz vor der Einmündung nach Neuheilenbach hat ein Radfahrer am 14. Dezember 2016 nach einer Kollision mit einem Auto sein Leben verloren. Über die Schuldfrage hat nun das Amstgericht Bitburg entschieden.

Kurz vor der Einmündung nach Neuheilenbach hat ein Radfahrer am 14. Dezember 2016 nach einer Kollision mit einem Auto sein Leben verloren. Über die Schuldfrage hat nun das Amstgericht Bitburg entschieden.

Foto: TV/Rudi Höser

Es ist neblig an diesem Morgen, die Sicht ist schlecht, die Straße nass. Was dann geschieht, kann im Grunde jedem passieren, der mit einem Fahrzeug auf einer Straße unterwegs ist. Darin sind sich Strafrichter Christian Scholz, Staatsanwalt Wolfgang Bohnen und Verteidiger Ralf Mathey einig. Es kommt zu einer Kollision zwischen einem Fahrrad und einem Auto, bei dem der 45-jährige Radfahrer  sein Leben verliert.

Geschehen ist der Unfall am Mittwoch, 14. Dezember 2016, gegen 6.40 Uhr, auf der Landesstraße 33 zwischen Neustraßburg und Densborn – kurz vor der Abzweigung nach Neuheilenbach. Dass fast zwei Jahre vergehen, bevor die Frage der Schuld vor dem Amtsgericht Bitburg geklärt wird, liegt nach Ansicht des Verteidigers Ralf Mathey am Gutachter. Sein Mandant, ein 67-jähriger Rentner aus der Verbandsgemeinde Arzfeld, dem fahrlässige Tötung vorgeworfen wird, habe deshalb zwei Jahre lang quasi in der Luft gehangen, kritisiert Mathey. Das Gutachten sei „hanebüchen“. Erst durch das Ergänzungsgutachten (vom 2. Juli 2018, Anm. d. Red.)  sei geklärt worden, dass der Reflektor hinten am Rad nicht richtig angebracht gewesen war und der Radfahrer deshalb nicht erkennbar gewesen sei. Die Kosten für das Gutachten – etwa 3000 Euro– dürften nicht dem Angeklagten zu Last gelegt werden, betont Mathey sichtlich verärgert. Doch dazu später.

Zunächst liest der Verteidiger eine Erklärung des Angeklagten vor: Darin schildert der 67-Jährige das Geschehen aus seiner Sicht. Es sei neblig gewesen an diesem Morgen, und er habe zunächst gar nicht gesehen, dass er mit einem Radfahrer zusammengestoßen sei. Er habe umgehend gewendet und erst dann das am Straßenrand liegende Rad gesehen. Zusammen mit anderen Verkehrsteilnehmern habe er nach dem Radfahrer gesucht und ihn schließlich gefunden. Hilfe kam aber für den 45-Jährigen vergebens. Er erlag seinen schweren Kopfverletzungen. Der 67-Jährige sei entsetzt und fassungslos gewesen, musste ins Krankenhaus gebracht werden. Er habe psychologische Hilfe gebraucht, habe unter Schuldgefühlen und Schlaflosigkeit gelitten. Nach wie vor könne er nicht richtig schlafen.

Es ist dem Angeklagten anzusehen, dass ihn die Situation noch immer stark belastet. Der Richter fragt ihn nach seinen persönlichen und finanziellen Verhältnissen, worauf dieser nur sehr verhalten antwortet - sein Blick wandert zuweilen hilfesuchend zu seiner Ehefrau. Schließlich verliest der Richter die Zusammenfassung aus den Gutachten. Darin geht es um technische Daten, ob der Radfahrer frühzeitig zu sehen war und ob die Kollision hätte vermieden werden können. Der 45-Jährige sei sehr dunkel gekleidet gewesen, habe an der Kleidung keine Reflektoren gehabt und der Rückstrahler sei falsch angebracht gewesen. Eine Zeugin hatte den Radfahrer vor dem Unfall langsam durch Burbach fahren sehen und bei sich gedacht, dass es zu riskant sei, so dunkel gekleidet und ohne Helm und sichtbares Rücklicht unterwegs zu sein. Zwei Männer, die kurz vor dem Unfall aus der Gegenrichtung kamen, bestätigten, dass der Radfahrer sehr schlecht zu sehen gewesen sei. Nach ihrer Einschätzung sei der Angeklagte recht schnell unterwegs gewesen. Der Rentner war laut Gutachten mit einer Geschwindigkeit zwischen 70 und 90 Km/h auf der L 33 gefahren, was dort erlaubt ist.

„Wie kann man als Radfahrer so leichtsinnig durch die Gegend fahren, mein Mandant hatte nur 1,5 bis 2 Sekunden Zeit zu reagieren, als er den Radfahrer sah“, sagt Verteidiger Mathey und fordert die Anwendung von Paragraph 153 a wegen geringem Verschulden (siehe Info) und einen Freispruch. Staatsanwalt Wolfgang Bohnen widerspricht: „Die Geschwindigkeit muss der Sicht angepasst werden. Der Unfall wäre vermeidbar gewesen“, sagt Bohnen. Der Staatsanwalt ist gegen die Anwendung des Paragraphen 153 a – auch wenn Vieles für den 67-Jährigen spreche. So sei er nicht vorbestraft und leide unter dem Geschehen. Aber: „Der Tod des Menschen steht an erster Stelle“, betont Bohnen. Gegen den Willen des Staatsanwalts kann die Anwendung des genannten Paragraphen nicht erfolgen. Das stößt  beim Verteidiger auf Unverständnis, zumal auch Richter Scholz in der Frage Entgegenkommen signalisiert. Der Richter zieht sich zur Beratung zurück und verkündet das Urteil. Der Angeklagte wird wegen fahrlässiger Tötung zu 60 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt. Tempo 50 wäre laut Scholz bei der Sicht angemessen gewesen. Da das Gutachten verwertbar war, geht es nicht zu Lasten der Staatskasse. Das gebe die Rechtslage nicht her. Der Angeklagte muss die Kosten des Verfahrens tragen. Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Die Frist beträgt ein Jahr. „Sie werden nicht noch mal wiederkommen“, sagt der Richter an den 67-Jährigen gewandt. Die Verteidigung verzichtet darauf, Rechtsmittel einzulegen. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

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