Interview „Das Handwerk bietet hervorragende Chancen“

Bitburg · Fachkräftemangel und Firmenübergaben: Dirk Kleis erklärt, vor welchen Herausforderungen Schreiner, Maler und Co. stehen.

Baukran in Prüm (Archivbild).

Baukran in Prüm (Archivbild).

Foto: Linden Fritz-Peter

(scho) Das Handwerk ist ein bedeutender Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Nach Angaben der Kreishandwerkerschaft Mosel-Eifel-Hunsrück-Region (MEHR) gibt es im Eifelkreis 1410 eingetragene Handwerksbetriebe, in denen aktuell 697 junge Menschen eine Lehre absolvieren. Insgesamt zählt das Handwerk im Eifelkreis rund 7800 Beschäftigte. Mit Dirk Kleis, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft MEHR, hat TV-Redakteurin Dagmar Schommer über die aktuelle Lage gesprochen.

Handwerk hat goldenen Boden, heißt es so schön. Stimmt das noch immer?

Dirk Kleis: Das stimmt heute und in Zukunft mehr denn je. Aufgrund der seit Jahren guten Konjunktur haben unsere Betriebe eine hervorragende Auslastung. Auf einer der letzten Gesellenlossprechungsfeiern hat einer unserer Obermeister den Gesellenbrief als „Schürfrecht“ bezeichnet.

Dennoch: Etliche Lehrstellen bleiben unbesetzt. Wie ist das bei guten Berufs- und Karriereaussichten zu erklären?

Kleis: Das Handwerk kämpft am Nachwuchsmarkt gleichzeitig an mehreren Fronten: Der demografische Faktor ist bekannt. Es stehen einfach weniger junge Menschen für den Ausbildungsmarkt zur Verfügung. Es gibt zunehmend mehr schulische Angebote, die junge Menschen erst mal dem Ausbildungsmarkt entziehen. Der Trend zum Besuch weiter führender Schulen ist ungebrochen. Mehr als die Hälfte eines Jahrganges besucht mittlerweile Gymnasien. Und um die ausbildungswilligen Jugendlichen kämpfen alle Wirtschaftszweige – ob Verwaltungen, Banken oder eben das Handwerk.

Hat das Handwerk ein Imageproblem?

Kleis: Sicherlich hat das Handwerk hier auch Imageprobleme. Ich glaube aber, dass vielen Eltern und Jugendlichen die Berufschancen im Handwerk gar nicht bekannt sind und dass darüber hinaus auch die Durchlässigkeit unseres Bildungs- und Aufstiegssystems in Deutschland zu wenig bekannt ist. Ich kann beispielsweise auch aufbauend auf eine duale Ausbildung im Handwerk noch sämtliche Wege einschlagen: vom guten Gesellen oder Techniker über eine Meisterprüfung oder ein Studium bis hin zur Selbstständigkeit, bei der ich als Unternehmer einen eigenen Betrieb führe. Und darüber hinaus spricht auch die Sicherheit fürs Handwerk: Wir können heute jedem guten und motivierten Handwerker eine Jobgarantie geben!

Trotzdem klagt das Handwerk seit Jahren über Fachkräftemangel. Ist das auch in der Eifel ein Problem?

Kleis: Wir haben sogar einen erheblichen Fachkräftemangel. Schauen Sie samstags auf die Stellenanzeigen in den Zeitungen, dann haben Sie ein treffendes Bild vom Arbeitsmarkt. Wir schätzen, dass derzeit im Handwerk in unserer Region etwa 1500 Stellen unbesetzt sind. Das ist auch für die Betriebe problematisch, die mehr Aufträge annehmen könnten, wenn sie mehr Leute hätten.

Ist die Grenzlage zu Luxemburg für das Handwerk im Eifelkreis Fluch oder Segen?

Kleis: Die Lage des Eifelkreises im Herzen Europas, in direkter Nähe zu Belgien, Luxemburg und Frankreich ist zunächst ein Glücksfall. Unsere Handwerker beziehen viele Aufträge aus den Nachbarländern weil dort die deutsche Handwerkskunst einen hohen Stellenwert hat. Im Grenzraum zu Luxemburg ist allerdings der Wettbewerb um Fachkräfte sehr hart. Viele gut ausgebildete Handwerker fahren täglich über die Grenze und arbeiten bei Firmen in Luxemburg.

Kommendes Jahr feiert der Beda-Markt seine 40. Auflage. Was hat sich in den vergangenen vier Jahrzehnten im Handwerk grundlegend geändert?

Kleis: Die Berufe sind aufgrund der hohen Qualitätsanforderungen der Kunden und aufgrund des rasanten technischen Wandels immer anspruchsvoller geworden. Die Bereitschaft zur ständigen Weiterbildung, Offenheit für Veränderung, aber auch Anpassung an sich verändernde Marktbedingungen verlangen viel von den meist familiengeführten Handwerksbetrieben.

Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen für das Handwerk?

Kleis: Neben dem bereits beschriebenen Fachkräftemangel belastet uns die weiterhin zunehmende Bürokratie. Allein in diesem Jahr sind mit den Veränderungen im Bauvertragsrecht und der Datenschutzgrundsatzverordnung wieder neue Belastungen auf das Handwerk zugekommen. Eine weitere große Herausforderung wird in der Betriebsübergabe vieler Betriebe bestehen. In vielen Betrieben steht in den nächsten Jahren ein Generationswechsel an, ohne dass dafür geeignete Übernehmer zur Verfügung stehen. Übrigens liegt hierin aber auch eine enorme Chance für junge Menschen.

Welche Bedeutung haben Messen wie der Beda-Markt für die Handwerksbetriebe?

Kleis: Der Bitburger Beda-Markt ist neben der Prümer Grenzlandschau die einzige verbliebene größere Verbraucherschau im Eifelkreis, bei der sich das Handwerk einem großen Kreis potenzieller Kunden präsentieren kann. Die nunmehr seit Jahrzehnten stattfindende Ausstellung im Handwerkerzelt der Volksbank Eifel und die nach wie vor ungebremste Nachfrage der Betriebe sprechen hier eine deutliche Sprache. Weiterhin ist der Beda-Markt aber auch ein tolle Veranstaltung, die viele Begegnungen mit Kunden und Geschäftspartnern fördert.

Dagmar Schommer

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