Der Satellit zeigt, wo die Toten ruhen

Die Beisetzung von Urnen in freier Natur ist zukünftig auch im Eifelkreis Bitburg-Prüm möglich. Denn in Niederweiler hat ein Unternehmer aus Grevenbroich jetzt einen Begräbniswald eröffnet.

 Nur biologische abbaubare Urnen dürfen im Begräbniswald Niederweiler beigesetzt werden, erklärt der Betreiber Dietmar Kapelle. TV-Foto: Uwe Hentschel

Nur biologische abbaubare Urnen dürfen im Begräbniswald Niederweiler beigesetzt werden, erklärt der Betreiber Dietmar Kapelle. TV-Foto: Uwe Hentschel

Niederweiler. Über einen holprigen Wirtschaftsweg geht es in den Wald bei Niederweiler. Ein Allrad-Auto steht bereits am Wegesrand. Es ist das von Dietmar Kapelle. Der Mann aus Grevenbroich ist Geschäftsführer der "Oase der Ewigkeit GmbH". In seinen Händen hält er einen weißen Karton. Ein DHL-Päckchen. Denn nur die Deutsche Post sei befugt, Pakete mit diesem Inhalt zu verschicken, erklärt Kapelle. Der Inhalt: eine schwarze Dose mit einem Blechdeckel. "100 Prozent biologisch abbaubar" ist auf der Unterseite zu lesen. Auf dem Deckel steht der Name einer Frau aus Norddeutschland. Sie ist vor einiger Zeit gestorben. Und alles, was von ihr übrig blieb, liegt in dieser Urne, wurde mit der Post nach Grevenbroich geschickt, im Kofferraum des Geländewagens in ein Waldstück bei Niederweiler gefahren, um dort zwischen Bäumen bestattet zu werden.

Kapelle legt die Urne in das bereits vorhandene Loch. Eine kurze Gedenkminute, ein Abschiedsgruß, und dann schaufelt er das Loch zu. Angehörige sind nicht dabei. Wären sie anwesend, so würde diese Form der Bestattung 490 Euro kosten. So jedoch sind es 200 Euro weniger. Das ist die günstigste Variante: Irgendwo zwischen den Bäumen, ohne Namensplakette und ohne Angehörige. Wer will, kann aber den Verstorbenen metergenau wiederfinden - per Satellit (siehe Extra). Es gibt auch Gemeinschafts- und Familienbäume, die man sich aussuchen kann. Doch diese sind teurer. Und bei besonders großen und alten Bäumen wird der Preis individuell festgelegt. Es ist kein einsames Begräbnis an diesem Tag: Neben Kapelle stehen zwei Bestatter aus Bitburg und Mitglieder des Gemeinderates Niederweiler. Der Grund: Es ist die erste Bestattung im Begräbniswald Niederweiler.

Erst vergangene Woche hat die Kreisverwaltung die beantragte Genehmigung zugestellt. Und die eigens dafür gegründete "Begräbniswald Niederweiler GmbH" ist zum Zeitpunkt der ersten Bestattung sogar erst wenige Stunden alt.

Wald-Friedhof ist "zufällig" entstanden



Doch warum ausgerechnet Niederweiler? "Zufall", sagt Kapelle, der bereits in der Schweiz und bei Bonn ähnliche Einrichtungen betreibt. Im Internet habe er gesehen, dass in Niederweiler Wald zu verkaufen sei. Und so habe er sich mit dem Ortsbürgermeister Günter Weber in Verbindung gesetzt. Das war im September 2009. Und bereits im Januar hat der Gemeinderat dem Vorhaben einstimmig zugestimmt. Insgesamt sei das Vorhaben im Ort sehr positiv aufgenommen worden, sagt Weber. Dass der Begräbniswald schon bald zur Konkurrenz für den gemeindeeigenen Friedhof werden könnte, glaube er nicht. "Ich denke, dass aus dem Ort relativ wenige das Angebot nutzen werden", sagt Weber. Denn schließlich hätten die meisten Einwohner Familiengräber auf dem Friedhof.

Und wenn es doch mehr sind, so ist auch das für Niederweiler letztlich kein Nachteil. Denn die Gemeinde ist am Umsatz des Begräbniswalds beteiligt. Und angesichts der bundesweit zunehmenden Nachfrage an Naturbestattungen und der Tatsache, dass der Begräbniswald Niederweiler bislang das erste Angebot dieser Art im Eifelkreis ist, könnte sich die letzte Ruhe unter dem Kronendach als lukrative Einnahmequelle erweisen. Denn während Kapelle kleine Messingschilder, auf denen "Gemeinschaftsbaum" steht, vorsichtig in die Rinde großer Buchen schraubt, wartet im Kofferraum seines Geländewagens bereits die nächste Urne auf ihre Beisetzung.

Extra Damit Angehörige die Grabstätten im Wald besser finden können, wird bei jeder Urnenbeisetzung die genaue Position mit Hilfe des satellitengestützen Navigationssystems GPS ermittelt. Diese Daten werden vom Betreiber des Begräbniswalds Niederweiler gespeichert, so dass auch bei anonymen Urnenbestattungen ohne Namensplakette die Möglichkeit besteht, das Grab im Nachhinein aufzusuchen. Das Bistum Trier hat einen Leitfaden erstellt, der auch Waldbestattungen berücksichtigt. Katholische Pfarrer können Naturbegräbnisse begleiten, sind aber nicht dazu verpflichtet. Es muss zudem gewährleistet sein, dass weder der Betreiber noch die Angehörigen oder der Verstorbene selbst "pantheistische, naturreligiöse und nichtchristliche Ideologien" vertreten oder vertreten haben. Außerdem muss es möglich sein, am Bestattungsort ein Schild mit dem Namen des Verstorbenen und einem christlichen Symbol anzubringen. (uhe)

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