Stadtentwicklung Ein größeres Stück vom Kuchen

Neuerburg · Neuerburg ist stark verschuldet. Der Stadtrat fordert deshalb, dass Kreis und Verbandsgemeinde ihre Umlage senken.

 Die Neuerburger haben viel historische Bausubstanz. Die ist zwar schön anzusehen, kostet aber auch Geld. Auch das ist ein Grund für die Schulden des Enzstädtchens.

Die Neuerburger haben viel historische Bausubstanz. Die ist zwar schön anzusehen, kostet aber auch Geld. Auch das ist ein Grund für die Schulden des Enzstädtchens.

Foto: TV/Christian Altmayer

Die Neuerburger sitzen auf einem Schuldenberg. Drei Millionen Euro haben sich angehäuft, die abzutragenschleppend vorangeht. Alle Jahre wieder erhöht die Gemeinde die Grundsteuer, um Geld für Projekte zusammenzubekommen. Doch während in Neuerburg Bauwerke und Straßen verfallen, weiß man in Berlin anscheinend nicht, wohin mit dem Geld.

Wer in den vergangenen Monaten Zeitung gelesen hat, weiß, dass der Bund Überschüsse in Milliardenhöhe erwirtschaftet. Auch der Haushalt des Landes ist ausgeglichen.

Die Forderung: „Alle sanieren sich, nur wir kommen zu kurz“, sagt Günter Scheiding (SPD). Und auf den ersten Blick scheint die Statistik dem Fraktionsvorsitzenden der Neuerburger Sozialdemokraten Recht zu geben: Tatsächlich sind fast alle Gemeinden in der VG verschuldet, der Bund, das Land und die Verbandsgemeinde Südeifel konnten aber einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Auch der Kreis stehe finanziell besser denn je da, behauptet Scheiding.

Der Genosse fordert daher, dass die VG und der Eifelkreis ihre Umlagen um zwei Prozentpunkte senken. Aus der Abgabe, die alle Ortsgemeinden leisten müssen, finanzieren sich übergeordnete Instanzen. Und nirgendwo in der Eifel gibt es eine höhere VG-Umlage: 47 Prozent der Einnahmen kassiert die Verwaltung in Irrel. Weitere 42 Prozent zweigt der Kreis ab.

Wenn man alle Einnahmen und Ausgaben gegeneinander aufrechnet, bleiben den Neuerburgern 17,6 Prozent von dem, was sie durch Gewerbesteuer, Grundsteuer und Zuschüsse des Landes Rheinland-Pfalz einnehmen. Das macht 2018 rund 240 000 Euro von einer Million Euro, die ohne Umlagen in der Kasse wären.

Den Neuerburgern ist das zu wenig. „Seit Jahren kommen wir keinen Schritt voran“, sagt Bürgermeister Lothar Fallis. CDU-Mitglied Ulrich Hess gibt ihm Recht: „Alle tragen auf unsere Kosten ihre Schulden ab.“ Der Stadtrat folgt dem Vorschlag von Scheiding daher einstimmig. Fallis verfasst einen Brief an die Verwaltungen, in dem es heißt: „Da sich die finanzielle Situation im Bund, im Land, im Kreis und in der Verbandsgemeinde erheblich verbessert hat, die Haushalte ausgeglichen sind und teilweise Überschüsse aufweisen, fordert der Stadtrat, an dieser Entwicklung auch Neuerburg teilhaben zu lassen.“

Die Umlage: 20 000 Euro hätten die Neuerburger mehr zur Verfügung, wenn die VG-Umlage um zwei Punkte gesenkt würde. Für VG-Bürgermeister Moritz Petry wäre das „ein symbolischer Akt“, der die Probleme des Enzstädtchens nicht lösen würde. Außerdem könne seine Verwaltung keinen Cent entbehren. Im Haushalt der Südeifeler finde sich nur das Nötigste: „Wir haben keine Rathäuser aus Gold, keine hohen Personalkosten und wir müssen Defizite ausgleichen.“ Auch die VG schleppt nämlich rund zwölf Millionen Euro Schulden mit sich herum.

Die hohe Umlage ist außerdem eine Bedingung, um im Kommunalen Entschuldungsfonds zu bleiben, aus dem jährlich 500 000 Euro an die VG fließen. Wenn die Kommune also die Umlage um zwei Prozentpunkte reduziere, sagt Petry, müsse sie nicht nur ein Minus von 240 000 Euro ausgleichen, sondern zusätzlich die halbe Million aus dem Entschuldungsfond.

Ähnlich argumentiert auch ein Sprecher des Eifelkreises Bitburg-Prüm. 2018 habe der Kreis, wie jedes Jahr, neue Schulden machen müssen. Aktuell sei man mit rund 67,4 Millionen Euro in den Miesen: „Allein diese Fakten lassen erkennen, dass die Finanzlage eine Senkung der Umlage, die einen Einnahmenausfall von zwei Millionen Euro nach sich ziehen würde, grundsätzlich ausschließt.“

Der Kreis habe bereits etwas für seine Kommunen getan, indem er die Umlage 2017 nicht wie andere Landkreiser erhöht habe. Außerdem habe die Stadt Neuerburg durch den Kreis Unterstützung erfahren, etwa bei der Sanierung eines Sportplatzes und durch eine Ausfallbürgschaft für das Gesundheitszentrum. Dass dies die Löcher in der Neuerburger Kasse nicht stopfen kann, ist den Verantwortlichen im Landratsamt klar.

Allerdings sei die kommunale Ebene in Rheinland-Pfalz unterfinanziert: „Uns fehlen rund  300 Millionen Euro.“ Wer das verstehen will, muss sich den Finanzausgleich genauer ansehen.

Der Finanzausgleich: Als Grundzentrum im Islek unterhält Neuerburg einen Sportplatz, ein Schwimmbad, eine Kita, einen Stadtpark, einen Busbahnhof, Radwege und jede Menge alte Bauwerke. All das ist schön und gut, kostet aber Geld. Es kommt aber nicht genug in die Kasse. Denn der Finanzausgleich des Landes richtet sich nach Einwohnerzahlen.

Eine Kommune muss demnach so viel einnehmen, dass sie pro Kopf 750 Euro für jeden dort lebenden Menschen ausgeben könnte. Das kann Neuerburg seit Jahren nicht. Also bekommt die Stadt eine Schlüsselzuweisung, die aus der Differenz zu diesen 750 Euro gebildet wird.

Nun bleiben die Einnahmen der Stadt aus Gewerbe- und Grundsteuer jedes Jahr stabil. Die Einwohnerzahl der Gemeinde sinkt aber. „Die Leute ziehen weg, weil die Verkehrsanbindung nach Bitburg und Luxemburg schlecht ist“, meint Petry.

Und jetzt wird’s kompliziert: Weil also immer weniger Bürger in Neuerburg leben, müsste es der Stadt theoretisch leichter fallen, die 750 Euro für jeden Bürger zu zahlen. Sie steht also im Finanzausgleich statistisch gesehen besser da und bekommt daher weniger Zuweisung. Das sei, so Petry, aber ein „Systemfehler“, denn die Infrastruktur, also das, was Geld kostet, müsse Neuerburg weiterhin aufrecht erhalten – egal, wie viele Menschen dort nun wohnten.

Außerdem ist 2007 die sogenannte Bedarfszuweisung des Landes weggefallen, eine Art Sozialhilfe für finanzschwache Gemeinden. Seit es die Förderung nicht mehr gibt, fehlen in Neuerburg jedes Jahr weitere 220 000 Euro.

Was Neuerburg tun könnte: Glaubt man Petry und dem Sprecher der Kreisverwaltung, müsste die Stadt ihre Einnahmen erhöhen. Das heißt: Weiterhin Steuern erhöhen und Gewerbe ansiedeln. Was außerdem helfen würde, glaubt der Bürgermeister, wären die zwei seit Langem geplanten Windräder.

 Die Neuerburger haben viel historische Bausubstanz. Die ist zwar schön anzusehen, kostet aber auch Geld. Auch das ist ein Grund für die Schulden des Enzstädtchens.

Die Neuerburger haben viel historische Bausubstanz. Die ist zwar schön anzusehen, kostet aber auch Geld. Auch das ist ein Grund für die Schulden des Enzstädtchens.

Foto: TV/Christian Altmayer
 Die Neuerburger haben viel historische Bausubstanz. Die ist zwar schön anzusehen, kostet aber auch Geld. Auch das ist ein Grund für die Schulden des Enzstädtchens.

Die Neuerburger haben viel historische Bausubstanz. Die ist zwar schön anzusehen, kostet aber auch Geld. Auch das ist ein Grund für die Schulden des Enzstädtchens.

Foto: TV/Christian Altmayer

Denn von denen könnte die Gemeinde profitieren, ohne etwas vom Gewinn abgeben zu müssen. Denn diese Einnahmen wären nicht umlagepflichtig.

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