Ein Leben zwischen Eifel und Afrika: Bitburgerin arbeitet als Krankenschwester im Ausland

Bitburg · Drei Monate unterwegs, neun Monate zu Hause: Das Jahr ist für Marina Knauf eindeutig zweigeteilt. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet sie immer wieder in den Krisenregionen dieser Welt. Besonders der afrikanische Kontinent hat es ihr angetan.

Eigentlich, sagt Marina Knauf, sei sie typisch deutsch. Ein bisschen pingelig und perfektionistisch. Aber von jedem Einsatz komme sie gelassenener zurück. Marina Knauf ist die meiste Zeit des Jahres Krankenschwester im Wittlicher Krankenhaus. Doch seit mehr als 20 Jahren zieht es sie immer wieder in die Ferne. Erst vor drei Wochen ist sie aus dem zentralafrikanischen Bossembelé in die Eifel zurückgekehrt. Drei Monate lang hat sie für die Hilfsorganisation Cap Anamur im Krankenhaus von Bossembélé gearbeitet und geholfen, wo sie konnte. Wunden versorgen, Babys entbinden, Medikamente geben und gleichzeitig noch das einheimische Personal schulen: "Als Weiße muss man dort Allrounder sein, Fachidioten kann niemand brauchen", sagt Marina Knauf, die in Deutschland als Anästhesie-Schwester arbeitet.

Das Krankenhaus in Bossembélé hat einen Arzt und zwei Medizinstudenten, den Rest übernehmen freiwillige Helfer wie Knauf, zusammen mit den Einheimischen. Das Personal vor Ort ist oft nur angelernt, eine Ausbildung für Krankenpfleger wie in Deutschland gibt es nicht. Die Zusammenarbeit funktioniert trotzdem reibungslos: "Die Leute sind sehr motiviert und engagiert. Ich habe noch nie ein so sauberes Projekt gesehen."

Seit 1994 im Einsatz

Die 55-Jährige weiß, wovon sie spricht, denn sie hat schon in vielen Projekten mitgearbeitet. Seit 1994 macht sie solche Einsätze. Mit einer Urlaubsreise in Nicaragua fing alles an. Dort traf sie eine Amerikanerin. "Unser Zug blieb mitten auf der Strecke stehen, da haben wir uns länger unterhalten." Die Amerikanerin arbeitete für eine Hilfsorganisation in einem nicaraguanischen Krankenhaus. Sie lud Knauf ein, sich das Projekt anzuschauen. Knauf kam - und blieb spontan drei Wochen. Doch kaum war sie wieder zu Hause, packte sie erneut das Fernweh. "Ich dachte damals, dass ich eigentlich nicht in der Eifel bleiben will."

Mit verschiedenen Hilfsorganisationen reiste sie fortan um die Welt. Früher war sie ganzjährig unterwegs, heute nur drei Monate im Jahr. Zwar hat sie keine Familie, die zu Hause auf sie wartet. Aber sie sagt: "Ich muss an meine Rente denken. Und ich brauche ein Zuhause, einen festen Wohnsitz." Deshalb hat sie heute eine 75-Prozent-Stelle im Wittlicher Krankenhaus, drei Monate ist sie freigestellt für die Einsätze, neun Monate arbeitet sie Vollzeit.
Knauf arbeitete in Ruanda, Madagaskar, Angola, Somalia oder dem Kongo. "Irgendwie hat mich das Afrika-Virus gepackt", sagt sie schmunzelnd. Sie mag die Mentalität der Menschen, die sich auch von teilweise jahrzehntelangen Bürgerkriegen nicht die Lebensfreude nehmen lassen. Besonders Angola habe ihr deshalb so gut gefallen: "Nach dreißig Jahren Krieg haben die Leute dort nichts mehr, aber sie können immer noch lachen, tanzen und singen." Angst, sagt sie, hatte sie in all den Jahren nie. "Genauso gut könnte ich hier zu Hause auf dem Zebrastreifen überfahren werden."

Dabei ist sie meistens in Gebieten unterwegs, in denen nach wie vor gewalttätige Konflikte wüten. In Ruanda war sie 1995, nur kurz nach dem Völkermord. Und in Bossembelé, ihrem letzten Einsatzort, musste noch kurz vor ihrer Ankunft ein Team wegen Schießereien in Sicherheit gebracht werden. Vor kurzem erst habe es aber Wahlen gegeben (siehe Extra), jetzt sei es relativ ruhig. Und so wird sie auch in den nächsten Jahren noch Hilfseinsätze machen, der Afrika-Virus scheint noch lange nicht ausgeheilt. "Ich mache das, solange ich noch fit bin, auch nachdem ich in Rente gegangen bin", sagt Knauf. Das Einsatzziel für das nächste Jahr steht schon fest: Sie wird wieder nach Bossembélé fahren. Keinen Moment habe sie gezögert, als das Angebot von Cap Anamur kam. Knauf, die deutsche Perfektionistin, wird also wieder afrikanische Gelassenheit mit zurück in die Eifel bringen. Nächstes Jahr im März.

Extra Der Einsatzort
Die Stadt Bossembélé liegt im Südwesten der Zentralafrikanischen Republik (ZAR), 157 Kilometer nördlich von der Hauptstadt Bangui, an der wichtigsten Verbindungsstraße zum Nachbarland Tschad. Die Hilfsoranisation Cap Anamur unterstützt seit zwei Jahren ein Krankenhaus in der Stadt mit 10?000 Einwohnern. Seit drei Jahren herrscht in der ZAR ein Bürgerkrieg, Auslöser war der Sturz des Präsidenten Francois Bozizé im März 2013. Aus dem Putsch wurde ein blutiger Konflikt zwischen Christen und Muslimen. Seit 2014 gibt es eine Übergangsregierung, die es trotz der Unterstützung von UN-Friedenstruppen nicht schaffte, den Konflikt zu beeenden. Bei den Wahlen im Februar dieses Jahres wurde der früherer Premierminister Faustin Archange Touadéra zum neuen Präsidenten gewählt. lbe

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