Eintrag vom Unteroffizier

Eine Woche vorher hatten die Amerikaner ihre Flugzeug-Späher geschickt, den Marktplatz von Kyllburg inspiziert und dabei die ganzen abgetarnten Soldaten entdeckt. Einen Tag vor Weihnachten ging es los mit den Bombardements.

Die Wehrmacht machte sich noch schnell aus dem Staub, und wir bekamen alles ab. Die ersten Bomben flogen, eine davon traf unser Haus und das Nachbarhaus. Doch meine Mutter Katharina, meine kleine Schwester Hella und ich hatten Glück: Uns passierte nichts. Im Nachbarkeller hingegen gab es sieben Tote. Im Keller waren wir also auch nicht mehr sicher, wir rannten schnell raus. Die halbe Straße war zerbombt, dazu bestimmt mehr als ein dutzend Häuser. Jemand sagte uns, dass im Tunnel zwischen Erdorf und Wilsecker ein Flakzug stand, der sich nicht mehr fortbewegen konnte. Wir rannten schnell dorthin. Auch mein Vater kam, der Feldwebel in Trier war und sofort mit dem Fahrrad losfuhr, als er hörte, dass sein Heimatdorf Kyllburg bombardiert worden war. Was waren die Soldaten so nett! Rührend umsorgten sie uns, kümmerten sich um uns, jeder räumte sein Bett für uns. Aber es war richtig staubig in diesem Tunnel, und meine kleine Schwester, die damals erst 18 Monate alt war, wäre fast erstickt - wenn nicht ein Soldat gekommen wäre, und sie mit den Beinen nach oben kräftig durchgeschüttelt hätte. Es gab ein Weihnachtsfest, das ich nie vergessen werde: Die Bäckerin brachte uns jede Menge Soldatenbrot, der alte Dechant hielt im Tunnel die Heilige Messe, mein Vater blies auf seinem - zufällig in den Trümmern wiedergefundenen - Horn das Lied "So ein Tag, so wunderschön wie heute". Ich bekam eine Gänsehaut. Mein Vater hatte bei seinem Gang durch die Trümmer nicht nur sein Horn gefunden, sondern auch mein Poesie-Album. Noch am gleichen Abend bekam ich von einem Unteroffizier einen Eintrag in das Album, das ich bis heute aufbewahrt habe. Darin steht: "Kyllburg, das schöne Städtchen, mit seinen bösen Mädchen, gab Zuflucht uns im Tunnel statt im Keller, da lernten wir kennen die Familie Kapeller. Möge das alte Raubrittergeschlecht blühen und sich weiter veredeln. Meinem lieben Hausmädchen Gretel zu ihrer Lebensrettung am 23. Dezember 1944 und dem Asyl bei der Eisenflak. Unteroffizier Arnold". Die TV -Leserin Margarete Brück , geborene Kapeller, lebt in Kyllburg und wurde am 18. Oktober 1931 geboren.

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