Feldsalat, Rhabarber und ein schöner Anblick

Noch sieht man die Struktur des Gartens, doch mit dem Start in die Saison beginnen Frühlingsblumen, die Blütenteppiche in die Beete auszurollen. Sitzplätze werden wieder wohnlich, und der Küchengarten liefert die erste Frischkost im Jahr.

Wittlich. Saftig grün sprießt der Bärlauch unter der Hainbuchenhecke im Vorgarten. Appetitlich dekorieren Kissenprimeln und Hyazinthen ihre Blüten um den dunkellaubigen Salbei Purpurascens. "Ich nenne ihn meinen Bauchgarten", wird man von Agnes Claaßen am Eingang mit einem fröhlichen Lachen auf den Lippen begrüßt. "Aus dem Bauch heraus" veränderte sich der Garten um das Wittlicher Stadthaus aus den 30er Jahren je nach Gegebenheiten. In den Bauch hinein wandert alles selbst gezogene Obst und Gemüse.

Für das leibliche Wohl sorgte der Garten von Anfang an. "Der Vorbesitzerin brachte ich Teilstücke meines Rhabarbers", erzählt die beruflich als Krankenschwester tätige Gartenfrau. Jetzt ist es der eigene Garten geworden, in dem das imposante Gemüse seine zerknitterten Blätter aus dem Boden schiebt. Dass die früheste Kompottpflanze botanisch nicht zum Obst zählt, merkt man sich mit ihrem Tipp ganz leicht: "Die Blütenstände können wie Blumenkohl zubereitet werden." Gerade ist der Feldsalat erntereif. Ein paar Rosetten bleiben stets zum Versamen stehen. "Die blühen sogar ganz nett", sagt die Frau mit dem grünen Daumen. Im vergangenen Jahr bildete sie sich zur Gartengästeführerin weiter. Beim Rundgang macht sie auf den Kerbel mit dem filigranen Laub aufmerksam. Tête-à-tête, Kopf an Kopf, wächst er mit der Narzisse. Die wanderte nach dem Verblühen aus der letztjährigen Frühlingsdekoration ins Beet. Zufallskombinationen wie diese, oder das violettblaue Duftveilchen im Thymianteppich, müssen es sein, von denen Agnes Claaßen sagt, oft stehe sie staunend vor dem, was der Garten hervorbringe.

Dabei könnte man erst einmal darüber staunen, was die Familie im Laufe ihrer 20-jährigen Gartengeschichte aus dem rund 700 Quadratmeter großen Gelände gemacht hat. Die jüngste Errungenschaft ist ein architektonisches Verbindungsstück zwischen drinnen und draußen, kurz die Sommerresidenz genannt. Im Schutz des Gartenzimmers genießt man den Naturraum selbst an Schlechtwettertagen unmittelbar. Bei gutem Wetter werden die Glasfronten aufgeschoben. Sitzplätze haben einen entscheidenden Anteil am Wohngarten. Ihr Gelingen ist dem Hausherrn Paul Claaßen zuzuschreiben. So brachte eine Terrassenumgestaltung einen erhöhten Freisitz mit Trockenmauer hervor. Deren Ritzen haben sich Steingartenpflanzen zur Aussichtskanzel erkoren. "Am schönsten ist es, wenn die Glyzinie am Haus ihren Duft um die Ecke schickt", schwärmt die Freundin balsamischer Flieder- und Maiglöckchendüfte.

Vor acht Jahren wurde ein Baustofflager, das sich durch den Umbau des Kellers ergeben hatte, zugunsten eines Teichs geräumt. Als Beobachtungsposten fügt sich eine alte vorhandene Mauerabdeckplatte in die rückseitige Steinbegrenzung. Die Sitzgelegenheit ist eines von vielen Beispielen, was sich durch und mit der Arbeit im Garten entwickelt hat: Aus der Ehrfurcht vor dem, was da ist, wird ein kreativer Umgang mit dem, was aus Bestehendem werden kann. Ein bisschen ist das wie mit dem Bärlauch. Der will auch immer weiter neues Terrain erobern.

EXTRA

TIPPS



Bärlauchpesto: Aus Bärlauchblättern (Allium ursinum) bereitet Agnes Claaßen eine Moselvariante mit hiesigen Walnüssen. 100 Gramm frische Blätter, kurz in Wasser geschwenkt und mit Küchenkrepp trocken getupft, werden mit 30 Gramm Parmesankäse und 30 Gramm Walnüssen "durch den Fleischwolf gedreht". So hätten sie das schon zu Hause auf ihrem Bauernhof am Vogelsberg mit Brennnesseln und Spinat gemacht, berichtet die Köchin. Dadurch werde die Masse, anders als im Mixer, nicht zu breiig. Alternativ: Bärlauchblätter klein hacken, Parmesan reiben, Walnüsse mahlen. Masse mit Salz würzen und mit so viel Olivenöl anrühren, dass sie geschmeidig wird. Das Pesto ist ein leckerer Brotaufstrich oder mit Nudelwasser verdünnt Pastasauce. Ausflug: Für interessierte TV-Leserinnen und -Leser, die ihren Blick für den erwachenden Frühlingsgarten schulen wollen, öffnen Agnes und Paul Claaßen ihren Garten am heutigen Samstag, 2. April, von 14 bis 17 Uhr in der Koblenzerstraße 35 (Richtung Krankenhaus) in Wittlich. Kulturell sehenswert ist in der Kreisstadt derzeit die Ausstellung "Der Glanz peruanischer Hochkulturen" in der Städtischen Galerie für moderne Kunst. Sie läuft noch bis zum 30. April im Alten Rathaus, Neustraße 2, jeweils dienstags bis freitags, 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr, samstags von 11 bis 17 Uhr, sonn- und feiertags 14 bis 17 Uhr.

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