Stadtrat will Stimmung verbessern Bitburger Feuerwehrstreit: Linie überschritten, Faden gerissen

Bitburg · Der Protest von Mitgliedern der Bitburger Feuerwehr belastet auch den Stadtrat. Mit einem einstimmigen Beschluss zu mehr Transparenz soll die Situation entschärft werden.

 Hut ab: Die Bitburger Feuerwehrleute haben zum Protest am Rathaus ihre Helme niedergelegt.

Hut ab: Die Bitburger Feuerwehrleute haben zum Protest am Rathaus ihre Helme niedergelegt.

Foto: TV/Christian Altmayer

Die erste halbe Stunde der Stadtratssitzung wird begleitet von Pfiffen, sirenenartigen Geräuschen und Sprechchören. Die Forderung „Kandels muss weg“ dringt immer wieder vom Rathausvorplatz durch die geschlossenen Fenster in den Sitzungssaal. Eine halbe Stunde später verstummt das Geschehen. Die Protestaktion der Bitburger Feuerwehr ist zu Ende - die Sitzung des Stadtrats aber bei weitem noch nicht.

Es stehen viele Punkte auf der Tagesordnung. Und ein weiterer kommt an diesem Abend hinzu: ein gemeinsamer Antrag aller Fraktionen, der für mehr Transparenz sorgen soll. Einstimmig wird beschlossen, schnellstmöglich sowohl die Protokolle der beiden ersten Sitzungen als auch die Tagesordnung der für den 3. Dezember angesetzten dritten Sitzung des Feuerwehrbeirats an alle Mitglieder der Feuerwehr zu schicken. Der Beirat, der vor wenigen Monaten gegründet wurde, besteht aus Vertretern der Verwaltung, der Feuerwehr und Mitgliedern des Stadtrats. Das Gremium soll unter anderem die Kommunikation zwischen Feuerwehr und Stadt verbessern und darüber hinaus auch zur Deeskalation der derzeitigen Situation beitragen. Dass die Stimmung ist wie sie ist, hat mehrere Gründe. Größter Knackpunkt aber ist das Verhältnis zwischen Bürgermeister Joachim Kandels und dem bisherigen Wehrleiter Manfred Burbach. Nachdem sich Kandels im Sommer geweigert hatte, Burbach erneut zum Wehrleiter zu ernennen, gingen viele Mitglieder der Feuerwehr auf die Barrikaden. Und dort verharren sie. Dabei sah es zwischenzeitlich so aus, als würde sich die Situation langsam wieder normalisieren. Die Gespräche im Feuerwehrbeirat wurden zumindest seitens des Bürgermeisters, aber auch von Mitgliedern des Stadtrats als durchaus konstruktiv beschrieben. Die vergangene Woche verkündete Entscheidung des Verwaltungsgerichts Trier hat die Stimmung aber erneut angeheizt. Das Gericht wies die Klage des ehemaligen Wehrleiters zurück und erklärte damit die Entscheidung Kandels für rechtmäßig. Seitdem hagelt es vor allem in den sozialen Medien heftigste Kritik. Groß ist die Ratlosigkeit und Frustration im Stadtrat. „Ich denke, die Karre sitzt so tief im Sumpf, daran werden wir auch mit der Veröffentlichung von Protokollen nichts mehr retten“, sagt der Grünen-Fraktionssprecher Peter Berger. Den einzigen Ausweg sieht Berger darin, dass Kandels und Burbach das unter sich regeln.

Auch für Hermann-Josef Fuchs von der Freien Bürgerliste ist die Situation unerträglich. „Sie, Herr Kandels, haben einen Durchmarsch gemacht, und wir haben jetzt einen Scherbenhaufen“, kritisiert er. Am Ende werde Kandels als der Bürgermeister in die Geschichtsbücher eingehen, der die Bitburger Feuerwehr kaputt gemacht habe, so der FBL-Mann. Der Ortsvorsteher aus Matzen verweist auf die bereits vorliegenden Amtsentpflichtungs-Anträge von Feuerwehrleuten (bis Donnerstagabend waren es laut Kandels 19) und warnt vor einer großen „Austrittswelle“. Die Feuerwehr verliere viele „vernünftige und besonnene Leute“ und keineswegs nur „Jungspunde, die auf Facebook aktiv“ seien. „Da rollt was an“, sagt Fuchs. Und es gebe nur zwei, die das stoppen könnten. Er habe die Hoffnung gehabt, dass man durch die Gründung des Feuerwehrbeirats die Situation wieder in den Griff bekomme, sagt der Mötscher Ortsvorsteher Heiko Jakobs (SPD). Doch Gespräche, die er in den vergangenen Tagen mit Mitgliedern der Feuerwehr geführt habe, deuteten genau auf das Gegenteil hin. Für Jakobs ist der „dünne Faden gerissen“. Andere Mitglieder des Stadtrats hingegen sprechen von einer roten Linie, die überschritten worden sei. Sie berichten von persönlichen Anfeindungen, aber auch von Gesprächen mit Feuerwehrleuten, die sich gar nicht mehr trauten, in der Angelegenheit ihre eigene Meinung zu äußern. Weil der Druck in der Truppe so hoch sei und sie dann möglicherweise als „Kameradenschweine“ abgestempelt würden. „Was da über Facebook ausgetragen wird, steht doch kaum einer durch“, meint Agnes Hackenberger (FBL).

Derjenige, der die Wut aus den Reihen der Feuerwehr am meisten zu spüren bekommt, ist der Bürgermeister. Und der zeigt sich hart. „Natürlich war mir bewusst, dass die Entscheidung des Gerichts Konsequenzen haben wird“, sagt Kandels. „Aber wir sind doch hier nicht in einer Anarchie.“ Er jedenfalls sei nicht bereit, sich dem Protest zu beugen, betont der Bürgermeister. Dass das der falsche Weg wäre, meint auch Jürgen Weiler (CDU). „Es gibt in der Feuerwehr eine Gruppe von Leuten, die partout nicht mit uns kommunizieren möchte“, sagt Weiler. Genau wie FBL-Fraktionssprecher Manfred Böttel oder Winfried Pütz von der Liste Streit ist Weiler der Meinung, dass es auch irgendwo Grenzen geben müsse. Wenn Feuerwehrleute ihren Dienst quittierten, dann müsse man das in Kauf nehmen. So bedauerlich das auch sei. „Wir können uns doch nicht erpressen lassen“, so Böttel. Aus den Reihen der SPD kommt schließlich der Vorschlag, die Zuständigkeit für die Feuerwehr vom Bürgermeister auf einen der Beigeordneten zu übertragen. Eine solche Entscheidung läge dann allerdings nicht in der Hand des Stadtrats, sondern in der des Bürgermeisters, wie Kandels erklärt. Bei der kommenden Sitzung des Feuerwehrbeirats könne man sich mit dieser Anregung aber gerne beschäftigen, fügt er hinzu.

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