Gegenwind wird stärker: Kritiker gegen weitere Stahlriesen in der Südeifel

Neuerburg/Irrel · 200 Bürger haben sich im Verein Gegenwind Südeifel verbündet, um gegen die Windkraftpläne der Verbandsgemeinde anzukämpfen. Sie wollen sogar gerichtlich gegen den Bau weiterer Stahlriesen, den Bürgermeister und Ratsmitglieder weiter vorantreiben, vorgehen.

Neuerburg/Irrel. Dass die Verbandsgemeinde Südeifel das strittige Ferschweiler Plateau mittlerweile aus ihren Windkraftplänen gestrichen hat, weil es in einem Trinkwasserschutzgebiet liegt, hat die Windkraftgegner der Südeifel nicht besänftigt. Sie betrachten die Pläne der VG, weitere 1441 Hektar, insgesamt 5,8 Prozent der Fläche, für die Windkraft freizuräumen, weiterhin mit großer Sorge.

Sie fürchten, dass zu den bestehenden 43 Anlagen 300 weitere Windräder aufgebaut werden könnten. Um ihre Kräfte zu vereinen, haben sich die Windkraftkritiker in der Südeifel nun verbündet: Aus der Initiative Gegenwind Neuerburg wurde Gegenwind Südeifel. Unter ihren Fittichen vereint die Initiative nun alle Einzelkämpfer und losen Gruppierungen, die gegen die Stahlriesen in der Südeifel anrennen: Insgesamt 200 Bürger.

Gegenwind: "Die Energiewende haben wir in der Eifel schon längst vollzogen und die Eifel hat ihr Soll schon mehr als erfüllt", sagt Klaus Rechin aus Neuerburg, Schriftführer bei Gegenwind. Da Windkraft unzuverlässig sei, meint Rechin, trage sie ohnehin nicht zur Energiewende bei.
"Die Kohlekraftwerke bleiben zur Sicherheit ja trotzdem am Netz. Die Treibhausgasemissionen in Deutschland steigen trotz des Ausbaus der Windenergie weiter an." Doch dabei gehe es ja eh bloß nur noch ums Geld, meint Rechin. "Manche Ortsbürgermeister sagen sich: ,Hauptsache, ich kriege Kohle. Dann stelle ich die Dinger auch auf den Friedhof.' Die Schmerzgrenze ist vielerorts schon überschritten."

Klage: Die Gegenwindler aus der Südeifel wollen die Verbandsgemeinde bei ihrer Planung, weitere Potentialflächen für Windkraft auszuweisen, stoppen. Rückenwind bekommen sie dabei von Harry Neumann, einem bundesweit bekannten Windkraftkritiker, und dem Verein Naturschutzinitiative, einem bundesweit tätigen, gemeinnützigen Naturschutzverband. Neumann: "Wir glauben, dass wir die Pläne der VG komplett zu Fall bringen können, weil sie dilettantisch und fehlerhaft sind. Unser Verein wird das finanziell unterstützen."

So habe der Naturpark und der Artenschutz in den Änderungen zum Teilflächennutzungsplan nicht ausreichend Beachtung gefunden, sagt Neumann. Eigene Recherchen hätten ergeben, dass in der Südeifel zahlreiche windkraftsensible Vogelarten heimisch seien, die nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Besonders bemerkenswert sei das Vorkommen des Schwarzstorchs. Neumann: "Die Planung ist aber aus einer Vielzahl von Gründen angreifbar. Wir können jedoch erst Normenkontrollanträge stellen, wenn der Teilflächennutzungsplan rechtskräftig geworden ist."

Bürgermeister: Moritz Petry, Bürgermeister der VG Südeifel, bringen die Kritiker nicht aus der Ruhe: "Wir haben bei der Planung mit einem hervorragenden Büro zusammengearbeitet und lassen uns rechtlich beraten. Ich bin zuversichtlich, dass wir den Plan umsetzen werden."
Am Beispiel des Rotmilans sagt Petry zum Artenschutz: "Das ist ein Wandervogel, der nur etwa fünf Jahre an einem Standort verweilt. Da wir den Flächennutzungsplan für 20 Jahre aufstellen, wäre es unsinnig, den Standort eines Rotmilans in die Planung miteinzubeziehen, wenn er im nächsten Jahr schon weg sein kann." Deswegen sei es richtig, den Faktor des Artenschutzes erst im Einzelfall bei einer konkreten Baugenehmigung zu prüfen.

Im Juli gehen die Planungsunterlagen für weitere Windkraftstandorte erneut für vier Wochen in die Offenlage. Im Herbst soll der Rat abschließend sein Urteil darüber fällen. Petry: "Die Flächen sind nur vorgesehen. Das wird aber nicht ausgeschöpft. Wir werden sehen, wie viele dann tatsächlich aufgestellt werden."
Auch die im Koalitionsvertrag festgehaltene Absicht der neuen Landesregierung, den Abstand von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung gesetzlich auf mindestens 1000 Meter festzulegen, sieht Petry gelassen: "Wir planen nun bereits seit mehreren Jahren und bleiben bei unseren Abständen."
In der VG Südeifel sollen 750 Meter zur Wohnbebauung sowie 400 Meter zu Gewerbegebieten und Aussiedlerhöfen gelten.Extra

Der VG-Rat Südeifel muss nach der erneuten Offenlage zur Teilfortschreibung des Flächennutzungsplans im Bereich Windenergie, die im Juli sein soll, und nachdem die Eingaben dazu abgearbeitet worden sind, erneut abstimmen. Dazu die Fraktionsvorsitzenden: Niko Billen (CDU): "Unsere Aufgabe ist es, zwischen den Belangen der kritischen Bevölkerung und den Interessen der Gemeinden abzuwägen. Wir haben die Planfläche erheblich reduziert und sensible Flächen herausgenommen. Ich finde, dass wir einen akzeptablen Mittelweg gefunden haben."

Günter Scheiding (SPD): "Wir fordern, dass auch die Fläche zwischen Ferschweiler und Ernzen, in welcher der Tourismus besonders ausgeprägt ist, aus dem Plan gestrichen wird. Außerdem bedauern wir, dass die windschwachen Flächen im Süden drin bleiben, aber die windstarken Flächen im Norden unter anderem wegen der Grenze zur VG Arzfeld ausgeschlossen werden sollen."

Peter Trauden (UBV): "Wir haben von Anfang an gesagt: Windkraft dort, wo sie Sinn macht, also nach Windhöffigkeit und Wirtschaftlichkeit. Da, wo schon Anlagen stehen, können auch weitere gebaut werden. In den Wald möglichst keine. Was nun an Planung vorliegt, findet nur zum Teil unsere Zustimmung. Die Planungen für den Bereich der ehemaligen VG Neuerburg haben wir in der letzten VG-Ratssitzung abgelehnt, weil die Wirtschaftlichkeit der Anlagen offensichtlich keine Rolle mehr spielt. Vielmehr scheinen hinter den Kulissen die politischen Aspekte den Ausschlag zu geben."

Heinz Haas (FWG): "Der Rat arbeitet mit hoher Sensibilität daran, die beiden Enden zusammenzuführen, was uns unheimlich große Kopfschmerzen bereitet. Auf der einen Seite unterschreibe ich Petitionen für die Abschaltung der Atomkraftwerke, auf der anderen Seite will ich mich weiterhin elektrisch rasieren können. Deshalb stehe ich zu unserem Plan, Windkraft mit Maß und Ziel zu entwickeln."

Paul Lentes (Liste Lentes): "Ich befürworte die Pläne und bin gerade dabei, Unterschriften für die Petition zur Abschaltung der Atomkraftwerke in Cattenom und Tihange zu sammeln. Wenn wir die Atom- und Kohlekraftwerke abschalten wollen, müssen wir auf erneuerbare Energien zurückgreifen. Ein Windrad ist mir lieber als ein Atomkraftwerk."

Georg Högner (Grüne): "Windstarke Regionen wie die Eifel müssen mehr liefern, als sie verbrauchen. Denn wo soll man im Ruhrgebiet ein Windrad aufstellen? Dort produzieren die Kohlekraftwerke mehr Energie, als die dortige Bevölkerung verbraucht. Die können ja auch nicht sagen, wir wollen nur so viel Energie produzieren, wie wir selbst verbrauchen.'" cmoExtra

Erneuerbare Energien: Der Eifelkreis Bitburg-Prüm produziert bereits 106 Prozent der Energie, die seine 96 000 Einwohner verbrauchen, aus erneuerbaren Energien und ist somit längst Energie-Exporteur. Mit 456 000 Megawattstunden produzieren die 246 Windräder im Eifelkreis etwa 60 Prozent der Erneuerbaren Energie. cmo/Quelle: Kreisverwaltung Bitburg-Prüm

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort