Haus für Haus ein Stück Heimat

Bitburg · Kein Haus steht für sich allein. Wer baut, baut auch das Umfeld seiner Nachbarn. Haus für Haus entsteht das Gesicht einer Straße, eines Dorfes, eines ganzen Landstrichs. Mit der Initiative Baukultur Eifel fördert die Kreisverwaltung regionaltypische Architektur. Nach der Premiere 2013 wird nun zum zweiten Mal der Baukultur-Preis Eifel ausgelobt.

 Das Wohnhaus von Erika und Bernhard Schönhofen in Ernzen.

Das Wohnhaus von Erika und Bernhard Schönhofen in Ernzen.

Foto: Kreisverwaltung Bitburg-Prüm

Die Villa im mediterranen Stil, lachsrosa mit weißen Säulen vor dem Eingang. Daneben ein Holzblockhaus, das sich in den Rocky Mountains gut machen würde, irgendwie aber zusammen mit der Toskana-Villa mitten in die Eifel geraten ist. „Bauen“, sagt Herbert Mayer, „ist eine höchst individuelle Angelegenheit“. Der Beauftragte für Baukultur im Eifelkreis weiß, wovon er spricht. Als Architekt hat Mayer selbst viel gebaut. Wer sich ein Zuhause schafft, hat seine eigenen Ideen, was ihm gefällt, worauf er Wert legt – und wie er sich vielleicht auch vom Nachbarn unterscheiden möchte. Haus für Haus entsteht so das Gesicht einer Straße, das eines Dorfes. „Keiner baut für sich allein“, sagt Mayer. Genau dafür möchte die Initiative Baukultur Eifel sensibilisieren. Denn es gibt auch in der Eifel eine Baukultur, die so typisch für den Landstrich ist, wie Reetdächer an der Küste oder Fachwerk an der Mosel. Typisch für die Eifel ist das, was Architekten das Trierer Quereinhaus nennen: ein landwirtschaftliches Gebäude, das Stall und Wohnräume unter einem Dach vereint. Zwei Geschosse, geneigte Dächer ohne Überstand, meist auch ohne Gauben. Kurzum: Das typische Eifel-Haus, wie es sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelt hat, zeichnet sich durch eine funktionale Aufteilung, klare Linien, schlichte Formen aus. Kein Klimbim. Doch längst ist die Eifel nicht mehr vorrangig landwirtschaftlich geprägt. Und mit der Landwirtschaft scheint auch die für die Eifel typische Bauweise in Vergessenheit geraten zu sein. Ob Türmchen und Erker oder gleich das Haus Toskana oder aus dem Katalog: In Neubaugebieten lässt sich die Vielfältigkeit der Geschmäcker studieren – und erleben, was verloren geht, wenn regionale Baukultur keine Rolle spielt. Die Initiative Baukultur Eifel will die Bedeutung regionaltypischen Bauens bewusst machen. Bauherren und Architekten dafür sensibilisieren. „Wir wollen nachdenklich machen“, sagt Mayer. Nicht zuletzt geht es auch um das unverwechselbare Image einer Region. Das ist nicht nur etwas, womit ein Landstrich bei Touristen punkten kann, sondern auch das, was ein Gefühl von Heimat vermittelt. Es geht um regionale Identität. So gehört es zu den Zielen der Initiative, wie Landrat Joachim Streit erklärt, einerseits alte Bausubstanz zu erhalten und zu sanieren, aber andererseits auch bei Neubauten auf eine regionaltypische Architektur zu achten. Wie das aussehen kann, haben die Preisträger des ersten Baukultur-Wettbewerbs im Eifelkreis 2013 gezeigt. Es sind Beispiele dafür, wie sich regionaltypische, traditionelle Elemente in eine moderne Formensprache übersetzen lassen. Schließlich geht es ja nicht darum, eine Art Freilichtmuseum zu schaffen, sondern die Tradition der Eifel weiterzuentwickeln, damit sie lebendig bleibt. Bauherren und Architekten, die sich um den Baukulturpreis bewerben möchten, haben dazu bis zum 14. September die Möglichkeiten. Weitere Einzelheiten gibt es im Internet unter www.eifel-baukultur.de EXTRA Baukultur Eifel Die Initiative, die Landrat Joachim Streit 2011 ins Leben gerufen hat, gilt bundesweit als Modellprojekt – und hat inzwischen Nachahmer in mehreren Landkreisen gefunden. Neben dem Wettbewerb wurden auch bereits Ausstellungen organisiert, Vorträge gehalten und jede Woche Architektur-Beispiele in den Kreisnachrichten veröffentlicht. Finanziert wird der 2. Baukulturpreis von der Kreissparkasse Bitburg-Prüm, der Architektenkammer Rheinland-Pfalz sowie Architekturprofessorin Marie-Luise Niewodniczanska. Zu Bedeutung, Ziel und Sinn von Baukultur Eifel sagen Initiatoren, Akteure und Unterstützer: „Wir wollen gute Beispiele geben“, Landrat Joachim Streit. „Ich bin immer wieder beeindruckt, was Baukultur Eifel auf die Beine stellt. Dieses Projekt trägt Früchte. Inzwischen gibt es landesweit in acht Landkreisen ähnliche Initiativen“, Gerold Reker, Präsident der Landesarchitektenkammer. „Das Eifeler Projekt ist ein Wegbereiter, an dem sich viele orientieren. Bei der Förderung regionaler Baukultur geht es darum, ein Stück Heimat zurückzubringen“, Bianca Klein, Leiterin der Geschäftsstelle Baukultur im Finanzministerium. „Als Finanzdienstleister freuen uns natürlich über jedes Haus, das gebaut wird. Wir sind ein regional verankertes Institut und wollen regionaltypisches Bauen fördern“, Rainer Nickels, Vorstand der Kreissparkasse Bitburg-Prüm. „Die Anfänge der Dorfentwicklung waren vor 30 Jahre nicht ohne. Da gab es auch schon mal einen Landwirt, der mich mit der Mistgabel vom Hof gejagt hat. Es braucht Zeit und Beharrlichkeit, bis sich der Umgang mit alter Bausubstanz ändert“, Marie-Luise Niewodniczanska, Architekturprofessorin und Mitglied der Wettbewerbs-Kommission „Unser Dorf hat Zukunft“. „Uns würde es freuen, wenn wir auch beim 2. Baukulturpreis wieder so viele Bewerber mit so hochwertigen Projekten haben dürfen, wie bei der ersten Auflage. Inzwischen sehen sich viele Bauinteressierte unsere Homepage an und fragen teilweise ganz gezielt nach den Architekten, die das ein oder andere Projekt begleitet haben“, Edgar Kiewel, Dorferneuerungsbeauftragter des Eifelkreises.

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