Wirtschaft Kaufkraft: Wie ein Eifeler über die Statistik triumphierte

Bitburg · Jahrelang schnitt der Eifelkreis Bitburg-Prüm im bundesweiten Kaufkraftvergleich miserabel ab. Ein Bitburger Unternehmer hat dem nun ein Ende bereitet.

 Nicht selten ist die Bitburger Innenstadt so voll wie hier zum verkaufsoffenen Sonntag. Die Kaufkraft aber wurde lange schlecht bewertet.

Nicht selten ist die Bitburger Innenstadt so voll wie hier zum verkaufsoffenen Sonntag. Die Kaufkraft aber wurde lange schlecht bewertet.

Foto: TV/Lydia Vasiliou

Wer Menschen dazu bringen will, Millionen in einen neuen Standort zu investieren, der braucht Argumente. Oder besser noch: Harte Standortfaktoren. Zum Beispiel zuverlässige, wissenschaftlich fundierte Zahlen, die zeigen, dass es vor Ort genügend Käufer gibt, die genügend Geld haben.

 Stefan Kutscheid.

Stefan Kutscheid.

Foto: TV/Sonja Suennen

Doch genau diese Zahlen fehlten Stefan Kutscheid, Geschäftsführer der Bitburger Faco Immobilien GmbH, bis vor kurzem. Und das, obwohl er in einer Region tätig ist, die unmittelbar an Luxemburg, das reichste Land Europas, grenzt. Nicht nur, dass die Luxemburger gerne jenseits der Grenze einkaufen. Hinzu kommt, dass rund 30 000 Deutsche aus der Region Trier im Nachbarland gutes Geld verdienen. Nichts davon spiegelte die Kaufkraftstudie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in der Vergangenheit wider. Der Eifelkreis Bitburg-Prüm, wo Kutscheid die Bit-Galerie plant – ein Einkaufszentrum in der Bitburger Innenstadt –, landete 2015 bundesweit auf dem allerletzten Platz. Noch hinter den ärmsten Landkreisen der ostdeutschen Provinz. Zuletzt belegte der Kreis Rang 400 von 401.

„Mit der negativen Bewertung unserer Kaufkraft hatten wir in unterschiedlichsten Immobilienprojekten viele Probleme“, sagt der Unternehmer, dem deshalb mehrfach Investoren absagten. Die wirtschaftliche Kraft einer Region sei in sehr vielen Standortentscheidungen das wichtigste Kriterium:  sei es bei der Niederlassung eines Arztes, der Gründung eines Handwerksunternehmens oder bei der Eröffnung eines Geschäftes. Auch in die Risikobewertung einer Bank fließe die Kaufkraft der Region ein und habe somit Wirkung auf jegliche Investitionen, privat wie gewerblich, sagt Kutscheid.

„Wenn irgendwas nicht stimmt, kann man schon mal nachhaken“, findet der Geschäftsmann, der nicht akzeptieren wollte, dass seine Region stets so schlecht abschnitt. Also nahm Kutscheid Kontakt zu einem Spezialisten der GfK auf und diskutierte mit diesem darüber, wie man ein realistischeres Bild von der Kaufkraft in der Region Trier erhalten könnte.

Mit Erfolg. Auf Kutscheids Anregung hin hat die GfK ihre Berechnungsgrundlage verändert: Sie bezieht nun Daten der interregionalen Arbeitsmarktbeobachtungsstelle ein und berücksichtigt erstmals die Einkommen der 31 710 deutschen Grenzgänger. „Das ist eine methodische Verbesserung“, sagt Cornelia Lichtner, Sprecherin der GfK.„Bei uns sind es alleine 8000 Luxemburg-Pendler, und das sind ja nicht die, die am schlechtesten verdienen“, sagt Joachim Streit, Landrat des Eifelkreises, der sich freut, dass die Zahlen der Realität nun näherkommen: Im Eifelkreis herrsche Vollbeschäftigung, und je näher man der Grenze komme, desto mehr Menschen pendeln nach Luxemburg. Vieles habe sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Immer weniger Eifeler arbeiten in der Landwirtschaft, immer mehr in der Industrie. „Heute könnten wir noch mehr, wenn wir mehr Leute hätten“, sagt Streit.

Dank Kutscheid hat der Kreis im Kaufkraft-Ranking 74 Plätze gut gemacht und liegt nun auf Rang 326. Das sei gut für die Suche nach Investoren. „Am Leben der Menschen ändert das allerdings nichts“, sagt Streit. Die haben schließlich schon immer in einer Region gelebt, die an eines der reichsten Länder der Welt grenzt.

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