Kein Angeklagter, kein Prozess: Verhandlung wegen Zuhälterei vertagt

Bitburg/Luxemburg · Ihm wird vorgeworfen, seine Freundin, mit der er in einer Wohnung in der Eifel gelebt hat, durch Drohung zur Prostitution gezwungen zu haben. Doch der Angeklagte erscheint nicht zur Hauptverhandlung. Auch das mutmaßliche Opfer lässt ausrichten, dass es nicht als Zeugin vor dem Gericht aussagen möchte.

Gähnende Leere auf der Anklagebank. Pflichtverteidiger Michael Fingas hat vor Verhandlungsbeginn keine große Hoffnung, dass sein Mandant noch erscheinen wird: "Ich habe zuletzt vor über einem Monat mit ihm telefoniert. Da war er überhaupt nicht kooperativ und meinte, dass er nicht kommen wolle."

Auch das Opfer, die Frau, die vom Angeklagten zur Prostitution gezwungen worden sein soll und als Zeugin geladen ist, hat eine Woche vor dem Verhandlungstermin beim Amtsgericht angerufen. Richter Udo May verliest aus dem Protokoll des Telefonats: "Sie teilt mit, dass sie nicht kommen wolle und auch die Vorladung wegen eines Wohnsitzwechsels nicht erhalten habe. Von dem Termin habe sie überhaupt nur von jemand anderem erfahren. Ihren neue Adresse wolle sie auch nicht mitteilen." Daraufhin habe das Gericht bei der gemeinsamen Stelle für grenzüberschreitende Polizeizusammenarbeit um Amtshilfe gebeten, um die neue Adresse herauszufinden. Eine neue Vorladung wurde verschickt.
Oberstaatsanwalt Peter Hemmes erklärt: "Vorführen lassen können wir sie nicht." Das heißt, sie kann nicht von der Polizei zum Gericht gebracht werden. Eigentlich sieht Paragraf 51 der Strafprozessordnung (StPO) vor, dass ein vorgeladener Zeuge, der nicht kommt, "zwangsweise" vorgeführt werden kann. Ebenso unzulässig ist es, dass der Angeklagte nicht erscheint: Er hat eine Anwesenheitspflicht (Paragraf 231 StPO) und ohne ihn kann die Hauptverhandlung nicht stattfinden (Paragraf 230 StPO).

Ist er nicht ausreichend entschuldigt, kann auch er von der Polizei gebracht werden oder es wird ein Haftbefehl erlassen. Allerdings ist die zwangsweise Vorführung des Angeklagten und auch seines Opfers, der Zeugin, in diesem Fall vor dem Bitburger Amtsgericht nicht möglich, da beide Luxemburger sind beziehungsweise dort wohnen. Für sie gelten die deutschen Gesetze damit nicht. Das Bitburger Amtsgericht müsste erst Amtshilfe in Luxemburg ersuchen.

Außerdem scheint es laut Richter May fraglich, ob die Frau überhaupt noch gegen den Angeklagten aussagen wird, da eine Zeugin behauptet, dass die beiden wieder zusammenleben. Außerdem seien sie wohl laut des Facebook-Profils der Frau verlobt. Damit hätte sie ein Zeugnisverweigerungsrecht vor Gericht.

Oberstaatsanwalt Hemmes schlägt daher vor, die Frau, das mutmaßliche Opfer, in Luxemburg richterlich vernehmen zu lassen. Dabei soll rausgefunden werden, ob sie überhaupt noch ein Strafverfolgungsinteresse hat und ob sie tatsächlich mit dem Angeklagten verlobt ist. Bis dahin ist das Verfahren vertagt.
Richter Udo May fasst zusammen: "Im Ausland ist es für die deutsche Staatsgewalt schwierig." jwa

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