Klimawandel treibt Menschen im Nimstal um

Bitburg-Stahl · Die großen Hochwasserereignisse der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass mit extremen Naturphänomenen immer häufiger zu rechnen ist. Und das gilt nicht nur für die großen Gewässer, sondern auch für kleine Flüsse wie beispielsweise die Nims. Einer der Nims-Orte ist der Bitburger Stadtteil Stahl, wo man nun den Hochwasserschutz gezielt angehen möchte.

Klimawandel treibt Menschen im Nimstal um
Foto: Uwe Hentschel (uhe) ("TV-Upload Hentschel"

Bitburg-Stahl. Ralf Schernikau kennt das Problem: "Weil Hochwasser nur selten und nicht regelmäßig auftritt, sinkt das Gefahrenbewusstsein bald wieder ab", erklärt er. Aus den Augen, aus dem Sinn, könnte man sagen. Wobei das wahrscheinlich auch nur für diejenigen zutrifft, die ein Hochwasser gesehen haben. Wer es jedoch selbst miterlebt hat, der wird es nicht so schnell vergessen. Zumal die Schäden weitaus länger bleiben als das Hochwasser. Wenn man erst einmal den Keller bis zur Decke voll mit brauner Brühe hatte, dann weiß man, dass es Monate, ja sogar Jahre dauern kann, bis die Wände wieder trocken sind.
Schernikau ist Referent für Hochwasserschutz beim rheinland-pfälzischen Umweltministerium. Kürzlich sprach er vor dem Ortsbeirat in Stahl über den Sinn eines Hochwasserschutzkonzepts. Wie konkret die Gefahr von Überschwemmungen ist, hat Schernikau anhand des Nims-Pegels bei Alsdorf demonstriert.
Bau in Überschwemmungsgebiet


Nach den dort gesammelten Informationen wurden allein in den Jahren 1993 bis 2003 die Messwerte für ein sogenanntes zehn-jährliches Hochwasser vier Mal überschritten. Das heißt: Ein Ereignis, zu dem es rein statistisch alle zehn Jahre kommt, ist dort innerhalb von zehn Jahren gleich vier Mal eingetreten.
Laut Hochwassergefahrenkarte des Landes wären bei einem zehn-jährlichen Hochwasser in Stahl rund 80 Menschen betroffen. Bei einem Extremhochwasser müssten sogar 120 Einwohner mit Überschwemmungen auf dem eigenen Grundstück rechnen. Solche Extremhochwasser kommen zwar statistisch gesehen höchstens alle 100 Jahre vor. Doch zum einen macht der Klimawandel mit seinen extremen Wetterereignissen der Statistik immer öfter einen Strich durch die Rechnung, zum anderen sind auch schon 80 Betroffene ein Grund zum Handeln. Und genau das will Stahl jetzt tun.
Wie Ortsvorsteher Willi Heyen erklärt, sei geplant, ein Hochwasserschutzkonzept in Auftrag zu geben. "Wir brauchen ein Konzept, um zu sehen, wo im öffentlichen wie auch im privaten Bereich die Gefahrenpotenziale liegen", sagt Heyen und ergänzt, dass die Kosten für ein solches Konzept zu 90 Prozent vom Land übernommen würden.
Relikte des Militärstützpunktes


Was die Untersuchung kosten wird, weiß man noch nicht. Was man allerdings weiß, ist, wo ein Teil des Wassers herkommt, das für das Hochwasser verantwortlich ist. Westlich von Stahl liegt nämlich der höher gelegene Bedhard. Und wie Heyen erklärt, sind die vielen versiegelten Flächen des ehemaligen US-Stützpunktes in diesem Wald zum großen Teil dafür verantwortlich, dass bei Starkregen das Wasser von dort talwärts in Richtung Nims fließt.
Ganzheitlicher Ansatz nötig


Ein Stück weit sind also die Amerikaner für die Situation in Stahl verantwortlich. Ein Stück weit aber auch die Stahler selbst, wie aus dem Referat des Hochwasserschutzbeauftragten hervorgeht. "Für den Menschen wird Hochwasser erst dadurch zur Katastrophe mit hohen Schäden, weil er ohne Rücksicht auf das Risiko in die überschwemmungsbedrohten Flächen hineingebaut hat", meint Schernikau.
Und da das Hochwasser nicht verhindert und auch kaum abgemindert werden könne und zudem auch kein absoluter Hochwasserschutz durch Mauern und Deiche möglich sei, helfe auch nur eines: ein ganzheitlicher Ansatz.Extra

Laut Wasserhaushaltsgesetz ist in Deutschland "jede Person, die durch Hochwasser betroffen sein kann, im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren verpflichtet, selbst geeignete Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor nachteiligen Hochwasserfolgen und zur Schadensminderung zu treffen". Erst wenn Maßnahmen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich werden, besteht gemäß Gesetz ein "überwiegendes öffentliches Interesse" am Hochwasserschutz. Dieses liegt beispielsweise dann vor, wenn durch Überschwemmungen die Gesundheit der Bevölkerung bedroht ist. Hochwasserschutz ist damit eine Gemeinschaftsaufgabe, für die sowohl die Betroffenen als auch Kommunen und der Staat zuständig sind. uhe

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