Gesundheitspolitik Heimkehrer gesucht! - Eifelkreis sucht Mediziner

Bitburg/Prüm · Jeder zweite Arzt im Kreis geht bis 2022 in Rente. Nachfolger sind nicht in Sicht. Deshalb sucht der Eifelkreis Bitburg-Prüm jetzt gezielt nach Medizinern, die in ihre Heimat zurückkehren wollen. Mithelfen soll dabei auch die Bevölkerung.

 Es gibt zu wenige Ärzte im Eifelkreis. Die Folge: volle Praxen und lange Wartezeiten.

Es gibt zu wenige Ärzte im Eifelkreis. Die Folge: volle Praxen und lange Wartezeiten.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Das Wartezimmer ist voll. Der Uhrzeiger kriecht. Patienten stehen im Flur. Denn alle Sitzplätze sind belegt. Nebenan klingelt das Telefon. Die Arzthelferin geht ran. „Nein, wir nehmen zurzeit niemanden mehr auf. Versuchen Sie es doch in einer anderen Praxis. Ich kann auch schauen, ob nächsten Monat was frei ist.“ Wer in Bitburg oder Prüm einen Arzt sucht, kennt das. Auf dem Land, etwa in der Schneifel, sieht es noch schlimmer aus. Patienten müssen wochenlang auf Termine warten, Doktoren rund 50-70 Kranke am Tag behandeln. Schon jetzt ist der Mangel an Medizinern im Kreis gravierend. Derzeit sind acht Stellen nicht besetzt. In den kommenden Jahren werden weitere Praxen schließen.

Bis 2022 gehen laut Prognosen mehr als die Hälfte der Mediziner in der Region in den Ruhestand. In absoluten Zahlen sind das 25 Haus- und 38 Fachärzte, die ihren Kittel an den Haken hängen.  Nachfolger finden sie nicht. Denn den Nachwuchs zieht es größtenteils in die Städte (siehe Info).

„Das Problem ist seit 20 Jahren bekannt“, sagt Landrat Joachim Streit. Ebenso lange wird nach einer Lösung gesucht. Jetzt gibt es im Kreis einen neuen Ansatz. Die Eifeler wollen aber nicht etwa Asiaten oder Osteuropäer anwerben – sondern Eifeler.

Im Dezember hat die Verwaltung alle 234 Ortsbürgermeister im Kreis angeschrieben. Die Dorfchefs sollen sich in ihren Gemeinden umhören, ob jemand einen Arzt oder Medizinstudenten kennt, der aus der Region weggezogen ist. „Wir hoffen auf die Mama, die ihren verlorenen Sohn in die Eifel zurückholen will“, sagt Streit. So kommt im besten Fall eine lange Liste mit Adressen und Namen zusammen. Die Exil-Eifeler werden dann von der Kreisverwaltung zu einer Exkursion eingeladen.

Bei dem Wochenend-Ausflug sollen sie ihre alte Heimat noch einmal neu kennenlernen. „Wer Eifel hört, denkt an verschlafene Dörfer, sagt Streit, in den vergangenen Jahren habe sich hier aber einiges getan. Heute gebe es in der einst rückständigen Region nicht nur schnelles Internet und bau-kulturell wertvolle Häuser, sondern auch jede Menge Jobs für Mediziner.

Und da kommt jetzt die Genossenschaft des Bitburger Hausarztes Michael Jager ins Spiel. Die Organisation wurde 2016 gegründet, um die gesundheitliche Versorgung der Region sicherzustellen (der TV berichtete). Die Idee: Ein Zusammenschluss von Ärzten will Mediziner in ihren Praxen anstellen.

Noch gibt es für die Genossenschaft kein grünes Licht von der Kassenärztlichen Vereinigung. Aber die Verhandlungen laufen. Am 21. Februar tagt der Zulassungsausschuss. Dann entscheidet sich, ob die Genossenschaft ab Frühjahr ihre Arbeit aufnehmen kann. Vorstand Jager ist „verhalten optimistisch“, dass dann die letzte bürokratische Hürde  genommen wird. Die Genossenschaft könnte dann so manchem Doktor eine attraktive Job-Perspektive bieten. Wer derzeit als Landarzt tätig sein will, muss in der Regel eine Praxis übernehmen oder eröffnen. Die Selbstständigkeit und das damit verbundene Risiko schrecke aber viele – vor allem junge Mediziner – ab, sagt Jager. Auch  Schichtdienste, Überstunden und ständige Erreichbarkeit machten den Beruf unattraktiv. Ärzte als Angestellte gibt es auf dem Land kaum. Das will die Genossenschaft ändern. Sofern die Nachfrage bestehe, könnten auch Teilzeitstellen geschaffen werden. Acht-Stunden-Tage sollen ebenso möglich sein wie Halbtagsjobs.

Alle freien Stellen  in Vollzeit zu besetzen, sei unmöglich, sagt Landrat Streit.  Ohne flexible Zeitmodelle und Öffnungszeiten der Praxen gehe es in Zukunft nicht. Flexibel zeigt sich die Verwaltung auch bei der Suche nach Medizinern. So spiele etwa das Alter keine Rolle, sagt Streit: „Wir suchen nicht nur junge Ärzte.“

Dass sich allein durch den Aufruf genügend Doktoren finden, um den Mangel auszugleichen, glaubt Streit nicht: „Wir wollen aber nichts unversucht lassen.“ Von den 234 Ortsbürgermeistern hätten sich etwa einen Monat nach der Anfrage 15 zurückgemeldet. Streit hofft, dass in den kommenden Wochen noch ein paar E-Mails in seinem Postfach landen.

Auf  die Dorfchefs allein will sich der Landrat aber nicht verlassen. Er hofft auch auf die „Schwarmintelligenz“ der Bevölkerung.

 Es gibt zu wenige Ärzte im Eifelkreis.

Es gibt zu wenige Ärzte im Eifelkreis.

Foto: dpa/Bernd Weissbrod

Wer einen Eifeler Arzt kennt, der nicht mehr in der Heimat wohnt, kann sich unter Telefon 06561/155112 oder E-Mail kreisentwicklung@bitburg-pruem.de melden.

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