Kritik am 900 000-Euro-Projekt

Bitburg · Der Ortsbeirat Stahl hat mit sechs Ja- und zwei Gegenstimmen den Umbau des Dorfgemeinschaftshauses für 900 000 Euro beschlossen. Dabei ist auch ein neuer Saal für 200 Leute geplant. Marie-Luise Niewodniczanska wirbt für einen Kompromissvorschlag.

Bitburg. Kein anderer Stadtteil wächst so rasant wie Stahl. Vor 50 Jahren zählte der Ort gerade mal rund 400 Einwohner, heute sind es knapp 1000 - und es werden mehr. In den Neubaugebieten ist noch Platz. Eben wegen der vielen neuen Bürger hält Ortsvorsteher Rudolf Rüdesheim ein größeres Dorfgemeinschaftshaus für dringend notwendig. Der Saal der alten Schule, die als Treffpunkt genutzt wird, bietet nur rund 80 Leuten Platz. Hinzu kommt: Der Eingang ist nicht behindertengerecht, gleiches gilt für die Toiletten, und auch sonst gibt es einiges zu modernisieren. Ein Umbau würde nach den Plänen von Architekt Manfred Weber knapp 900 000 Euro kosten - samt Anbau eines größeren Saals mit Platz für 200 Leute.
Für die CDU im Ortsbeirat ist das eine Investition in die Zukunft. "Wenn die jüngere Generation Theater spielen will, ist die alte Schule zu klein", sagt Otto Widowsky (CDU) in der Sitzung des Ortsbeirats. Auch Heinz Brenner (CDU) argumentiert, dass das Vereinsleben zu sterben droht, weil passende Räume fehlen. Für ihn, wie auch seine Fraktionskollegen, geht es darum, dass Stahl in Zukunft nicht nur eine Schlafstätte von Bitburg ist.
Gegen ein blühendes Vereinsleben hat auch Marie-Luise Niewodniczanska, Mitglied im Bauausschuss und Architekturdozentin, nichts. Aber der Anbau mit dem großen Saal ist ihr ein Dorn im Auge: "Im Prinzip sind die Pläne sehr durchdacht. Aber kein Privatmann würde ein riesiges Wohnzimmer bauen, nur um einmal einen runden Geburtstag zu feiern." Für große Feste sollten die Stahler ein Zelt aufbauen. Sonst deckt sich Niewodniczanskas Vorschlag, für den sie auch im Ortsbeirat wirbt, mit den Plänen von Architekt Weber: neuer Eingangsbereich, neue Toiletten, neues Umfeld und Sanierung der alten Bausubstanz. Nach Niewodniczanskas Kalkulation wäre das für 300 000 Euro zu haben.
Franz-Josef Hankes (FBL) ist für diesen Kompromiss: "Ich glaube, dass die Mehrheit der Stahler keinen großen Saal will." Den geplanten Anbau stellt auch Johannes Pütz (Liste Streit) in frage. "Wir können doch jetzt die ganze Diskussion nicht noch mal von vorne anfangen", sagt Michael Schmitz (CDU). Sein Parteikollege Widowsky findet: "Bevor wir das halbherzig angehen, sollten wir es gleich richtig machen." Architekt Weber bezweifelt, dass das Einsparen des Saals die Kosten so stark reduzieren würde, wie Niewodniczanska meint.
Auch zwei Bürger, die die Sitzung verfolgen, bezweifeln den Sinn eines großen Saals. "Wer soll ihn denn nutzen?", fragt Heinz Hoss. Heiner Widowsky findet: "Man hätte mal die Bürger fragen sollen. Die Mehrheit ist gegen den großen Anbau." Der Ortsbeirat beschließt den Umbau mit sechs gegen zwei Stimmen von FBL und Liste Streit - vorausgesetzt das Land sagt eine Förderung zu. Heute berät in nichtöffentlicher Sitzung der Bauausschuss, abschließend entscheidet der Stadtrat am 26. April.
Leserecho: Was ist Ihre Meinung zum Umbau des Dorfgemeinschaftshauses in Stahl? Sind die 900 000 Euro eine gute Investition oder müsste es auch eine Nummer kleiner gehen? Mailen Sie uns in Ihre Meinung in drei, vier Sätzen an
eifel-echo@volksfreund.de (Name und Wohnort nicht vergessen).
Meinung

Jetzt gilt es!
Die Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren, sinkt überall. Ob Musik, Karneval oder Sport: Den Vereinen gehen die Mitglieder aus. Da wird Stahl auch mit einem 900 000 Euro teurem Umbau der alten Schule nichts dran ändern. Das ist gut gemeint, aber schlecht gemacht. Die Haushaltslage ist angespannt und dann eine Stadthalle für Stahl, nur weil der Stadtteil so stark wächst? Es ist höchste Zeit, dieses Luxusprojekt zurechtzustutzen: sanieren, ausbauen, behindertengerecht gestalten. Mit Haus Beda, Stadthalle und dem Haus der Jugend gibt es in Bitburg genug Räume für Theateraufführungen oder Ähnliches. Es kann doch nicht sein, dass dieses Projekt durchgezogen wird, nur weil es schon so lange in Planung ist. Das wäre ein schlechter Grund, eine Million Euro zu verschwenden. d.schommer@volksfreund.deExtra

160 000 Euro Jahr für Jahr: Nach Angaben der Stadtverwaltung belaufen sich die Unterhaltungskosten für die fünf Dorfgemeinschaftshäuser in den Stadtteilen auf zusammen rund 160 000 Euro im Jahr. Sie haben jeweils folgende Nutzfläche: Mötsch: 386 Quadratmeter; Stahl: 342; Erdorf: 310; Masholder: 295 und Matzen: 287. scho

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort