Letzte Chance für den Oberkailer Dorfladen

Oberkail · Die Vorfreude bei den Oberkailern ist groß. Ab April soll es endlich wieder einen Lebensmittelladen im Ort geben. Vor knapp 60 Einwohnern hat Thomas Plattner sein Konzept für das neue Geschäft vorgestellt. Am Ende hing die Zustimmung der Einwohner nur an einem Punkt.

 Knapp 60 Einwohner wollen mehr über den neuen Lebensmittelladen in Oberkail erfahren. TV-Foto: ChristINA Libeaux

Knapp 60 Einwohner wollen mehr über den neuen Lebensmittelladen in Oberkail erfahren. TV-Foto: ChristINA Libeaux

Foto: (e_eifel )

Oberkail. Das Ende der ladenlosen Tage ist in Oberkail in Sicht. Am 1. April will Fleischermeister Thomas Plattner den Lebensmittelladen wiedereröffnen. Ein ähnliches Geschäft gehört ihm bereits in Badem. Rund 60 der 600 Einwohner sind zur Vorstellung der Pläne gekommen und haben ihre "Lauscher geputzt", so eine der Anwesenden.
Plattners Idee für Oberkail ist einfach: Ein Vollsortiment soll es sein. Er müsse auf jeden Fall verhindern, dass die Oberkailer wegen eines kleinen Artikels woanders einkaufen, erklärt er. Auch mit der Post sei er in Verhandlung. Wenn schon, dann "voll drauf" betont Plattner und erhält dafür spontanen Applaus.
Der letzte Lebensmittelladen in Oberkail schloss im Juli 2015. Seitdem müssen die Einwohner für die Dinge des täglichen Gebrauchs in den umliegenden Orten einkaufen. "Ich fahre nach Badem oder Kyllburg", erzählt Ursula Becker. Wer könne, fahre auch nach Wittlich oder Bitburg. Das Problem: Viele der älteren Bewohner können nicht mehr. Sie sind seit Sommer auf die "rollenden Märkte" angewiesen, Verkaufsmobile von Heiko oder Bäckerei-Autos. Nun versucht es also Plattner in Oberkail. Was ihn von seinen Vorgängern abhebt? Er führt bereits ein ähnliches Geschäft in Badem. Er könne die Ware, die er beim Großhändler kauft, auf zwei Geschäfte aufteilen, erklärt er. Wo andere Geschäftsleute möglicherweise einen halben Karton Ware wegschmeißen mussten, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen war, könne er jeweils einen halben Karton in Badem und in Oberkail verkaufen. So kann er die Mindestbestellmengen der Großhändler einhalten und dennoch alles verkaufen.
Die logistische Herausforderung hinter seinem Vorhaben sei enorm. Denn die Einkaufsmengen für Oberkail seien so gering - das mache kein Großhändler mit. Also müsse er das komplette Sortiment nach Badem liefern lassen. Von dort werde es auf den Hauptladen und die Filiale in Oberkail verteilt. Die Mittagspause solle das Personal nutzen, um die Regale mit Produkten aus Badem aufzufüllen. Die wichtigste Frage für die Anwesenden ist aber die Frage nach dem Bäcker. Nur einen können sie sich vorstellen. Der Bäcker Flesch aus Landscheid soll es sein und kein anderer. Erst als Plattner bestätigt, dass dieser auch bei ihm an erster Stelle steht, kehrt wieder Ruhe im Saal ein.
Im Grunde sind sich alle einig: Es ist gut, dass wieder ein Laden kommt. "Es ist die letzte Chance für Oberkail", fasst Maria Follmann den Abend zusammen. Letzte Chance - das wird auch bei den abschließenden Worten von Ortsbürgermeisterin Petra Fischer an die Einwohner klar: "Bitte nehmt das Angebot ab dem 1. April an!" cliMeinung

Oberkail ist die Ausnahme
Der kleine Tante-Emma-Laden ist für Geschäftsleute kaum noch rentabel. Erst recht nicht, wenn die Hälfte der Dorfeinwohner lieber woanders einkauft. Das musste auch der Vorgänger von Thomas Plattner in Oberkail erleben und daraus die Konsequenzen ziehen. Hinterher allerdings ist das Gejammere in den Dörfern groß. So wie Oberkail in den letzten Monaten geht es allerdings einem Großteil der Eifelgemeinden, die teilweise schon seit Jahren ohne Geschäft auskommen müssen. Dass Oberkail nun eine neue Chance bekommt, ist eine Ausnahme, die die die Einwohner für sich nutzen sollten. Es könnte, wie einige schon zutreffend gesagt haben, die letzte sein. c.libeaux@volksfreund.deExtra

Laut einer Studie der Industrie- und Handelskammer sowie der Handwerkskammer Trier haben gibt es in rund zwei Dritteln der 544 befragten Gemeinden in der Region Trier keine ausreichende Nahversorgung mehr. In der Studie, die vor etwa einem Jahr veröffentlicht wurde, waren das Oberzentrum Trier sowie die Mittelzentren Bitburg, Prüm, Daun und Schweich ausgenommen. Nur in jedem zehnten Ort der Region ist die Nachversorgung "zufriedenstellend", das heißt, es gibt mehrere Geschäfte wie Bäcker, Metzger, Drogeriemarkt, Tankestelle oder Supermarkt. Immerhin einen Laden gab es zum Befragungszeitpunkt in 185 Gemeinden. Am schlimmsten ist die Situation demnach im Eifelkreis Bitburg-Prüm, wo es nur in jedem vierten Ort eine Art Einzelhandelsgeschäft gebe. Die Abwanderung von Kunden zu Discountern sowie den Fachkräftemangel und die damit verbundenen fehlenden Betriebsnachfolger nannte Matthias Schwalbach, Leiter Wirtschaftsförderung bei der HWK damals als Gründe für das Ladensterben. cli

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