Lieber Bürokraft als Hausmütterchen

TRIER/BITBURG/DAUN. Wer Familie und Beruf vereinbaren will, der möchte oft nur Teilzeit arbeiten. In der Region Trier fehlen jedoch genügend Teilzeitarbeitsplätze im erreichbaren Umfeld.

Pausenbrot, Abschiedskuss, und schon spurtet Lena zum Schulbus.Tanja Heinz (Name geändert) packt ihre Arbeitstasche unddie kleine Nadja ins Auto. Sie bringt sie zum Kindergarten unddüst weiter nach Schweich. Dort arbeitet Tanja Heinz vormittags als Büro-Assistentin. "Ich habe Kinder und will sie auch gut versorgen", erklärt Tanja Heinz, warum sie nicht den ganzen Tag arbeiten will.

Für die Tätigkeit als Sekretärin bei einem Finanzdienstleister ist sie überqualifiziert: Tanja Heinz ist ausgebildete Bankkauffrau. Als die jüngste Tochter in den Kindergarten ging und sie wieder zurück in den Beruf wollte, war ihre Stelle in der Auslandsabteilung der Bank wegrationalisiert worden. Tanja Heinz schrieb Bewerbungen und stellte sich in Banken vor. "Doch für die Personalchefs der Banken war es unvorstellbar, eine Position, wie ich sie suchte, mit zwei Teilzeitkräften zu besetzen. Es war schwierig, ein Pendant zu mir zu finden." Tanja Heinz ist ein Beispiel dafür, wie ein großes Potenzial an gut ausgebildeten Fachkräften nicht genutzt wird, weil Arbeitgeber nicht genügend Teilzeitstellen anbieten. Die neue Mini-Job-Regelung, die seit dem 1. April gilt, macht Teilzeitstellen attraktiver. "Für Frauen ist es jetzt zum Teil schwieriger geworden, eine versicherungspflichtige Arbeit zu finden", schätzt die Beauftragte für Chancengleichheit des Arbeitsamts Trier, Manuela Belling.

Im Jahr 2002 suchten rund 2000, also knapp ein Drittel der arbeitslos gemeldeten Frauen in der Region, einen Teilzeit-Arbeitsplatz. Jedoch waren beim Arbeitsamt Trier nur 270 Teilzeitstellen gemeldet. Auch Isabel Sanabria (Name geändert) sucht eine Teilzeitstelle. Die Juristin kommt aus Kolumbien und arbeitete zwölf Jahre in einer Firma in Bogotá. Als ihr Mann 1996 eine Stelle als Ingenieur in Deutschland angeboten bekam, zog sie mit ihm nach München. Seitdem ihr Mann in Luxemburg arbeitet, wohnt die Familie in Trier. Jetzt, wo die Tochter im Kindergarten ist, will Isabel Sanabria wieder arbeiten gehen. Für Sekretariatsaufgaben hat sie sich beworben, bislang ohne Erfolg. "Ich möchte wieder im Beruf stehen und mich weiterentwickeln, jetzt wieder an mich denken. Und so auch ein Vorbild sein für mein Kind", sagt Isabel Sanabria. Zur Zeit besucht sie einen achtmonatigen Lehrgang der Deutschen Angestellten Akademie und qualifiziert sich als Assistentin der Geschäftsführung. Fast 80 Prozent der Stellenangebote sind Vollzeit, sagt Isabel Sanabria enttäuscht. Manchmal träumt sie davon, wie sie leben und arbeiten, Familie und Beruf verbinden kann: "Wir würden gerne eine kleine Ferienpension im Süden Spaniens eröffnen."

Bis dahin muss sie sich dem rauen Wind aussetzen, der jobsuchenden Müttern in Deutschland entgegen weht.

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