Lust und Liebe im Dreißigjährigen Krieg

Die Liebe und das Leid des Grafen und seiner Geliebten war 1950 der Renner im Oberkailer Kulturleben. Vier Monate wurde das Spiel jeden Sonntag am Waldrand aufgeführt.

 Anita Breuer (rechts) erzählt Alexandra Kipp-Müller vom Oberkailer Heimatspiel 1950. TV-Foto: Erich Gerten

Anita Breuer (rechts) erzählt Alexandra Kipp-Müller vom Oberkailer Heimatspiel 1950. TV-Foto: Erich Gerten

Oberkail. Im Fernsehen sind sie Tag für Tag zu sehen, die Dramen um Liebe, Lust und Leidenschaft. Ähnlich war es vor 61 Jahren, als in Oberkail das Freilichtspiel vom Grafen Philipp Dietrich und seiner Geliebten aufgeführt wurde."Da ist alles drin wie in einem spannenden Roman: Liebe, Totschlag und Intrigen", sagte Alexandra Kipp-Müller, als sie das Drehbuch gelesen hat. Die Oberkailerin will zusammen mit Anita Breuer die Texte und das Drumherum als lokalgeschichtliches Büchlein veröffentlichen.

Anita Breuer hat als Darstellerin mitgewirkt. Die 80jährige kommt ins Schwärmen, wenn sie vom Sommer 1950 spricht. "Es war große Begeisterung im Dorf, die den ganzen Sommer über anhielt." Ort der Handlung ist Oberkail im 17. Jahrhundert unter Graf Philipp Dietrich, dessen heimlich angetraute Frau, die bürgerliche Friedelene, verstoßen wird und in der Ferne des Grafen Kind zur Welt bringt. Nach vielen Jahren treffen sie sich wieder, mitten im Dreißigjährigen Krieg, als die Schweden in Oberkail einfallen. Nach mancherlei Turbulenzen finden sich Graf und Geliebte wieder.

Nach den ersten Auftritten sprach sich schnell herum, wie spannend die Aufführungen auf der Freilichtbühne am Waldrand ankamen. Von weit her kamen die Menschen um das fast vier Stunden dauernde Spiel anzuschauen.

Zu einer Zeit, als es nur wenigen Autos gab, transportierten LKW ihre Fahrgäste auf offenen Ladeflächen nach Oberkail. Eine Schulklasse aus Riveris (Kreis Trier-Saarburg) fuhr zwei Stunden mit dem Zug nach Kyllburg und wanderte von dort sieben Kilometer nach Oberkail.

Dorfgeschichte(n)



"Hunderte von Menschen im Dorf machten mit", berichtet Anita Breuer. "Die Kostüme wurden selbst hergestellt und nach jedem Auftritt geflickt oder geändert." Jeden Sonntagmorgen wurden aus den Oberkailer Hausgärten Blumen zur Verschönerung des Bühnenbildes herbeigeschafft. Geplant waren nur wenige Aufführungen. Als aber die letzte stattfinden sollte, entschieden die Oberkailer: "Wir machen weiter." Dies wiederholte sich vier Monate lang Sonntag für Sonntag bis in den September hinein. Manche schauten sich das Spiel mehrmals an und waren fasziniert von den Leistungen der Oberkailer Laiendarsteller.

Die Texte hatte Karl Nachtwey, ein Lehrer, für ein ähnliches Spiel bereits 1925 verfasst. Malermeister Jakob Großmann, der auch als Regisseur fungierte, hatte sie 1950 umgeschrieben. ger

Alexandra Kipp-Müller bittet für die geplante Veröffentlichung um Unterstützung. Wer hat mitgewirkt, was gibt es zu berichten aus Erzählungen von Eltern und Großeltern? Bitte melden bei Alexandra Kipp-Müller, Telefon 06567/932205, oder Anita Breuer.

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