Mit einem Zettel fing alles an

DEMERATH. Zuerst Wohnwagen, dann ruinöse Scheune, heute Landsitz: Das Künstler-Ehepaar Eva Weissweiler und Klaus Kammerichs hat sich vor 14 Jahren in dem Eifel-dorf Demerath (Kreis Daun) niedergelassen. Der TVbesuchte die renommierte Schriftstellerin und den international tätigen Bildhauer.

Den ersten Anlauf, die Eifel zu bewohnen, unternahmen Eva Weissweiler und Klaus Kammerichs Anfang der 1990er-Jahre beim Wohnwagen-Urlaub an der Kyll. Dem Leben auf einem Campingplatz gewannen die beiden damals nicht viel ab. Wohl gibt es den Wohnwagen noch; ein halbes Jahrhundert hat der Oldtimer aus Belgien inzwischen auf dem Buckel. Wie festgewachsen steht er heute im Garten hinterm Haus in der Demerather Talstraße - grün gestrichen, von Geißblatt umrankt, von Dach und Hochsitz und Holz-Hollywoodschaukel Marke Eigenbau malerisch behütet. Kreativität zwischen Dach und Jaucherinne

Er war ihr erstes Domizil, als Eva Weissweiler und Klaus Kammerichs 1992 beschlossen, sich in dem Dorf niederzulassen und ein ruinöses landwirtschaftliches Anwesen in ein Haus mit Wohnung, Atelier und Schreibstube umzuwandeln. Die Geschichte von der Entdeckung des Gebäudes ist rasch erzählt: Die Verkaufsabsicht stand auf einem handgeschriebenen Zettel im Schaukasten einer Sparkasse, und die zukünftigen Nachbarn rieten: "Kauft es." Nach wie vor seien sie dem Schicksal dankbar, dass es sie nach Demerath geführt habe: "Wir leben hier in ungetrübt guter Nachbar- und Dorfgemeinschaft, wir lieben die Eifel, wir fühlen uns wohl hier." Wo nun beginnen? In Eva Weissweilers Schreibstube an der höchsten Stelle des Hauses, wo der Blick aus dem Fenster vom Blattwerk eines Walnussbaumes aufgefangen wird? Oder in Klaus Kammerichs Werkstatt und Atelier im Erdgeschoss, wo eine Jaucherinne im mit Ziegelsteinen gepflasterten Boden und eine Heuluke in der Wand zwischen Stall und Scheune an die frühere Nutzung erinnern? Nehmen wir statt dessen die Eckpunkte ihrer Biographien. Eva Weissweiler ist 1951 in Mönchengladbach geboren. Die promovierte Musikwissenschaftlerin und Germanistin war zunächst Redakteurin und freischaffende Autorin beim Hörfunk. Ihr erstes großes literarisches Werk erschien 1981: das Nachschlagewerk "Komponistinnen aus fünf Jahrhunderten". Inzwischen sind 17 Titel von ihr auf dem Markt. Zwei davon hat sie überwiegend in Demerath verfasst. "Internet macht's möglich", erklärt sie. 2002 erschien ihre Biographie "Tussy Marx - das Drama der Vatertochter". Für das Buch über die jüngste Tochter von Karl Marx hat Eva Weissweiler in Marx' Geburtsstadt Trier recherchiert. Im Februar 2006 erschien (gleichzeitig in deutscher und in französischer Sprache) die Familiengeschichte der Freuds (siehe Hintergrund).In weltweiten Sammlungen mit Werken vertreten

Es gibt im künstlerischen Schaffen von Eva Weissweiler und Klaus Kammerichs gemeinsame Objekte des Interesses: hier der Briefwechsel von Clara und Robert Schumann, dort das Musiker-Ehepaar als "skulpturales Doppelporträt". Es trägt die unverwechselbare Handschrift des 72-Jährigen. Hat er doch diese neue Form der Skulptur zwischen Abbild und Abstraktion als bewegte Darstellung von Raum und Zeit seit den 1970er-Jahren entwickelt. Seine Arbeiten sind in wichtigen Sammlungen in Europa, USA und Japan vertreten. Eine ist seit 1986 Wahrzeichen der Stadt Bonn: die Betonskulptur "Beethon" vor der Beethovenhalle. Begonnen hatte der berufliche und künstlerische Weg Kammerichs' mit einer Fotografenlehre. Er machte sich rasch einen Namen als Presse-, Industrie- und Werbefotograf. Er absolvierte ein Studium an der Kunstakademie in Düsseldorf und war an der dortigen Fachhochschule Professor im Fachbereich Design. "Dieser Tage hat sich eine Museumsfrau aus San Diego bei mir gemeldet. Mal sehen, ob was draus wird," sagt er. Möglich, dass demnächst wieder ein Werk das Demerather Atelier verlässt und in die große weite Welt gebracht wird.

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